Was hat die große Politik mit dem eher kleinen Stockach zu tun? Vielleicht mehr als man im ersten Moment denken mag, denn im April dieses Jahres gründeten Chwalibog Bouman (23) und Simon Mai (25) hier unter dem Namen Creategy eine Spezialagentur für politische Kommunikation. Sie waren unter anderem für den parteiinternen Wahlkampf von Norbert Röttgen um den CDU-Vorsitz verantwortlich.
Am 16. Dezember holte Röttgen beim Rennen um den Parteivorsitz zwar nur den zweiten Platz, allerdings lassen sich die beiden Jungunternehmer davon nicht unterkriegen. „Die Favoritenrolle war eigentlich schon von Anfang an bei Friedrich Merz“, sagt Bouman zur schwierigen Ausgangslage für ihren Kandidaten. Nachdem die CDU in den Jahren der großen Koalition permanent auf Konsenssuche gewesen sei, habe nun wohl der Wunsch nach einem Kandidaten mit mehr Ecken und Kanten überwogen und das habe Friedrich Merz eher erfüllt, lautet Boumans Einschätzung.
Trotzdem zeigen sich die beiden stolz auf das Erreichte. Norbert Röttgen habe der Partei ein Angebot für einen Aufbruch und eine inhaltliche Erneuerung gemacht, dass zu einer neuen Lust auf die Zukunft in den Reihen der Christdemokraten geführt habe, sind sich die beiden Gründer sicher.
Wie Creategy und Röttgen zusammen kamen
Doch wie kam es überhaupt zur Zusammenarbeit zwischen Röttgen und dem Startup aus Stockach? „Wir haben schon bei der diesjährigen Bundestagswahl insgesamt sieben Kandidaten aus den Reihen der CDU betreut, die trotz schwieriger Ausgangslage am Ende ein Mandat erringen konnten“, erinnert sich Bouman. Das habe dazu geführt, dass Mitglieder aus dem Team Röttgen auf die beiden aufmerksam geworden seien. Relativ schnell sei man sich über die Zusammenarbeit einig geworden.
„Die Zusammenarbeit mit Herrn Röttgen war sehr angenehm und lief unkompliziert. Wir haben viel über SMS und Telefon kommuniziert und es war eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe“, berichtet Simon Mai. Er wohnt seit seinem zweiten Lebensjahr in Stockach, hat Medienkommunikation studiert und ist gerade noch in den letzten Zügen des Master-Studiengangs. Für Politik habe er sich schon früh begeistert, er ist auch Vorsitzender der Jungen Union in Stockach.
„Wir leben für Wahlkämpfe“
So sei er schon an vielen Wahlkämpfen beteiligt gewesen, was zu einer echten Begeisterung für dieses Thema geführt habe. „Wir leben für Wahlkämpfe“, sagt er mit einem breiten Lächeln, während Boumann zustimmend nickt. Boumann stammt aus Schleswig-Holstein, sei schon immer foto- und medienaffin gewesen und über diese Schiene von Leuten aus seinem Umfeld als Wahlkampfhelfer angeworben worden. So sei auch bei ihm die Begeisterung für Politik entstanden, die schließlich zu einem abgeschlossenen Politikwissenschaftsstudium führte.
Kennengelernt haben sich Bouman und Mai als sie beide im Rahmen eines Praktikums im Wahlkampfteam von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gearbeitet haben. Für den gemeinsamen Sprung in die Selbstständigkeit habe Bouman dann sogar einen unbefristeten Vollzeitjob gekündigt. „Ich bin froh, dass wir diesen Schritt gewagt haben, auch wenn man am Anfang natürlich immer auch Zweifel hat“, sagt er rückblickend.
Sitz bleibt in Stockach, aber Büro in Berlin geplant
Inzwischen haben die beiden auch große Pläne, zu ihrem Team gehören bereits jetzt zwei Werkstudenten, im kommenden Jahr wollen Sie ein Büro in Berlin eröffnen. Bouman wird die Agentur dann in der Hauptstadt vertreten, Mai und der Unternehmenssitz bleiben aber in Stockach. „Wir haben auch schon einige Kunden für 2022, denn gewählt wird eigentlich immer“, so Bouman. Nächstes Jahr stehen Landtagswahlen im Saarland, Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen an. Auch da wollen die Wahlkampf-Macher aus Stockach wieder mitmischen.
„Wahlkämpfe sind sehr spannend. Ich glaube, es gibt wenige Jobs, in denen man so schnell Einblicke in die jeweiligen lokalen Welten bekommt“, erklärt Bouman. Mai stimmt zu und fügt an: „Es bedeutet zwar viel Arbeit in kurzer Zeit und es dürfen keine Fehler passieren, aber gerade das macht auch den Reiz aus.“
„Jeder Wahlkampf ist etwas besonderes“
Aber war der Wahlkampf für Norbert Röttgen nun etwas besonderes? „Jeder Wahlkampf ist etwas besonderes“, so Bouman. Auf jeden Fall habe es sehr Spaß gemacht, mit Röttgen und seinem Team zusammenzuarbeiten. Wichtig sei gewesen, dass man einen direkten Draht zum Kandidaten habe und das sei der Fall gewesen bei Röttgen.
Den oft gehörten Vorwurf, dass die Politiker in Berlin ein Stückweit die Bodenhaftung verloren haben, können Bouman und Mai nicht bestätigen. „Die Politiker, die wir kennengelernt haben, sind alle sehr gut vernetzt in ihren Heimatregionen, sei es durch Familien oder Vereine“, sagt Mai. Dieser Eindruck könne allenfalls dadurch entstehen, dass Politiker immer auch die Aufgabe haben, viele Meinungen zu vereinen und Kompromisse zu finden, so seine Einschätzung. Bouman betont dazu: „Je mehr ich mich damit beschäftige, desto dankbarer bin ich für unser politisches System in Deutschland.“ Schließlich zeige der Blick in andere Länder, dass politische Stabilität keine Selbstverständlichkeit sei.
Obwohl beide einen CDU-Hintergrund haben, wie sie sagen, wollen sie sich nicht darauf beschränken, mit ihrer Agentur für die Christdemokraten tätig zu sein. „Wir sehen uns in der Bürgerlichen Mitte und arbeiten gerne mit allen Parteien aus diesem Spektrum zusammen. Wir würden aber auf keinen Fall für die AfD oder die Linke arbeiten“, betont Mai.