Ein Angeklagter, der alkoholisiert vor Gericht erscheint oder Wendemanöver mitten auf der Autobahn – manchmal sind es durchaus kuriose Fälle, mit denen sich Amts- und Landgerichte auseinander setzen müssen. Das beweisen mehrere Prozesse aus dem Jahr 2021, bei denen die Angeklagten aus dem Raum Stockach stammten. Dass dort auch erschreckende Taten verhandelt werden, zeigte das Tötungsdelikt in Hohenfels, bei dem ein Mann starb und zwei Kinder schwer verletzt wurden.

Die Eingangstür zum Verhandlungssaal im Amtsgericht Stockach.
Die Eingangstür zum Verhandlungssaal im Amtsgericht Stockach. | Bild: Löffler, Ramona

Mann steht betrunken vor Gericht

Dass Straftaten unter Alkoholeinfluss geschehen, ist nicht ungewöhnlich und kommt immer wieder einmal vor. Dass ein Angeklagter allerdings betrunken vor Gericht erscheint, ist nicht alltäglich. Im Frühjahr 2021 benahm sich ein alkoholisierter Mann im Stockacher Amtsgericht jedoch so daneben, dass Richterin Julia Elsner sogar die Verhandlung verschieben musste. Der damals 61-Jährige musste sich verantworten, weil er einen anderen Mann beleidigt haben soll. Das stritt er zunächst ab, räumte später die Beleidigung dann doch ein. Allerdings sagte er, der Geschädigte habe ihn bestohlen, Nacktfotos seiner Frau abfotografiert und herumgezeigt sowie andere Personen auf ihn gehetzt.

Während der Verhandlung unterbrach er sowohl die Staatsanwaltschaft als auch die Richterin mit „bla bla bla“-Einrufen, einen Freund herrschte er an, er solle „sein Maul halten“, obwohl dieser nie sprach. Nachdem er verkündet hatte, Einspruch erheben zu wollen, nutzte er eine kurze Unterbrechung, um vor dem Gerichtsgebäude ein Bier zu trinken. Julia Elsner reichte es schließlich, sie schloss die Verhandlung.

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Ein Übersetzungsfehler führt zu gefährlicher Situation

Ein damals 62-Jähriger musste sich im April vor dem Amtsgericht Stockach verantworten, weil er mit seinem Auto mitten auf der Autobahn 98 bei Stockach-West gewendet und gegen die Fahrtrichtung entlang der Mittelleitplanke unterwegs gewesen war. Ein Zusammenstoß mit einem anderen Verkehrsteilnehmer habe nur verhindert werden können, weil dieser schnell reagiert hatte und sich zwischen zwei Lastwagen einfädeln konnte.

Der Angeklagte, der kein Deutsch spricht, war laut eigener Aussage mit seiner Schwester und einem Arbeitskollegen unterwegs gewesen. Wie sich nach deren Berichten herausstellte, hatte wohl ein Übersetzungsfehler zu dem riskanten Manöver geführt: So habe der deutsche Beifahrer gesagt, man sei in die falsche Richtung unterwegs. Die Schwester des Angeklagten habe übersetzt, der 62-Jährige müsse wenden – und dieser nahm sie beim Wort.

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Richterin Julia Elsner ließ Milde walten und verurteilte den 62-Jährigen zu einer Geldstrafe in Höhe von 90 Euro, seinen Führerschein durfte er behalten. Ausschlaggebend war, dass sie in der Tat lediglich eine Ordnungswidrigkeit erkannte. Dass der Angeklagte grob verkehrswidrig und rücksichtslos gewendet hatte, konnte nicht bestätigt werden.

Ein Bild vom Prozessauftakt im Landgericht Konstanz, wo das Gericht aufgrund des Tötungsdelikts in Hohenfels verhandelt hat: Hier nimmt ...
Ein Bild vom Prozessauftakt im Landgericht Konstanz, wo das Gericht aufgrund des Tötungsdelikts in Hohenfels verhandelt hat: Hier nimmt in der Mitte gerade der vorsitzende Richter Arno Hornstein im Schwurgerichtssaal Platz. | Bild: Hanser, Oliver

Ein Toter und zwei Schwerverletzte in Hohenfels

Was Anfang dieses Jahres geschah und im Herbst vor dem Landgericht Konstanz verhandelt wurde, wird so schnell wohl keiner vergessen: Ein Mann tötete in Hohenfels seinen ehemaligen Arbeitgeber mit einem Beil und verletzte dessen beide Söhne schwer – sogar so stark, dass der jüngere noch heute mit gesundheitlichen Folgen zu kämpfen hat. Laut der Anklage war der Täter in das Wohnhaus des Getöteten eingedrungen.

Dort attackierte er die beiden Kinder und deren Vater. Während der Verhandlung sprach der Angeklagte nicht viel, einem Gutachter hatte er laut diesem zuvor jedoch erzählt, er sei zu dem Getöteten gefahren, um nach Arbeit zu fragen. Dann sei er selbst attackiert worden, auf der Suche nach einer Verteidigung sei er auf das Beil gestoßen. Zeugenaussagen und Überwachungskamera-Aufnahmen zeichneten jedoch ein anderes Bild.

Schlussendlich wurde der Mann Ende Oktober zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Totschlags und versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung in zwei Fällen verurteilt. Zudem sollte er Schmerzensgeld an die Söhne und deren Mutter zahlen. Die zuvor vermutete Habgier als Motiv schloss der vorsitzende Richter als Motiv aus. Dennoch blieben viele Fragen offen. Ein Sachverständiger fand bei dem Mann Hinweise auf eine kombinierte, antisoziale, paranoide und schizoide Persönlichkeitsstörung.

Doch der Fall war hier noch nicht zu Ende: Innerhalb der siebentägigen Frist legte die Pflichtverteidigerin des Angeklagten Revision ein. Daraufhin hatte sie einen Monat Zeit, diese zu begründen. Danach sollte der Bundesgerichtshof in Karlsruhe sich damit auseinandersetzen. Dazu kam es aber nicht, denn rund sechs Wochen nach seiner Verurteilung wurde der Mann tot in seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt Freiburg gefunden. Wie Staatsanwaltschaft damals mitteilte, lagen Hinweise auf einen Suizid vor. Eine Obduktion wurde angeordnet. Laut dem Landgericht Konstanz wurde das Verfahren gegen den Mann daraufhin eingestellt.

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