Herr Reuther, Sie haben beim Narrengericht eine Rolle inne, auf die bestimmt viele neidisch sind: Als Kläger dürfen Sie mächtigen Politikern den Spiegel vorhalten. Was macht für Sie persönlich den Reiz dieser Rolle aus?

Im Grunde war es reiner Zufall, dass ich zu der Rolle gekommen bin. Eigentlich wollte ich zusammen mit Thomas Warndorf aufhören. Aber Jürgen Koterzyna hat mich dann überredet, noch ein paar Jahre dranzuhängen und diese Aufgabe zu übernehmen. Da habe ich mir gesagt, also gut, das habe ich noch nie gemacht. Narrenrichter war ich schon, Ordensmeister war ich schon, Narrenwirt auch, dann könnte ich zum Abschluss meiner Narrengerichts-Kariere noch den Kläger machen.

Warum haben Sie sich nun entschieden, aus dem Narrengericht auszusteigen?

Ich war 2019 schon mal damit befasst, das Narrengericht zu verlassen. Jetzt ist es ein bisschen später geworden, aber ich bin jetzt mittlerweile 60 Jahre alt und früher haben wir immer gesagt, wenn man über 60 ist, sollte man Platz machen für die Jüngeren. Es ist also der richtige Zeitpunkt. Immerhin bin ich jetzt auch schon seit über 20 Jahren dabei.

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Zum Abschluss haben Sie mit Gesundheitsminister Karl Lauterbach nochmal einen Beklagten mit hohem Bekanntheitsgrad vor sich. Wie bereiten Sie sich auf ihn vor?

Auch nicht anders als auf jeden anderen Beklagten vor ihm. Ich mache meine Recherchearbeit, überwiegend über das Internet und mithilfe von ein paar anderen Quellen, an die ich dran komme. Früher war ich auch schon mal zum Gespräch in Berlin, beispielsweise bei Annegret Kramp-Karrenbauer. Damals hat unser Bundestagsabgeordneter Andreas Jung das Treffen möglich gemacht. Mittlerweile sind die Minister aber alle so vollgepackt mit Terminen, dass sowas kaum noch möglich ist. Abgesehen davon, dass es ja auch für uns zusätzlichen Stress bedeutet.

Sie hatten mit Lauterbach also noch keinen Kontakt vorab?

Nein. Sein Fürsprech Michael Nadig steht aber natürlich in Austausch mit ihm, oder zumindest mit seinem Büro. Für ihn ist es da vielleicht noch möglich, die ein oder anderen Internas herauszukitzeln, auch aus dem privaten Umfeld, die sonst vielleicht keiner weiß.

Sie waren auch selbst als Landtagsabgeordneter in der Politik tätig. Hilft Ihnen die Erfahrung aus dieser Zeit auch in Ihrer Rolle als Kläger?

Nicht unbedingt, würde ich sagen. Das Einzige, wo es vielleicht ein bisschen geholfen hat, ist beim Netzwerken. Ich denke, dass es mir bei dem ein oder anderen Politiker ein bisschen die Sicht geöffnet hat. Bei Karl Lauterbach allerdings ist mir jegliche sinnvolle Sicht verwehrt, das ist ja klar. So lange kann man gar nicht in der Politik sein, dass man den versteht (lacht). Aber ich kann mir vorstellen, dass er ganz witzig sein kann und wenn man ihn ein bisschen reizt, kann ich mir auch vorstellen, dass er richtig austeilt. Und das ist ja grade der Witz bei dieser Sache. Ich bin also darauf eingestellt, dass ich mich sehr warm anziehen muss und er mir ordentlich Backpfeifen verteilt.

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Das klingt, als könnte Lauterbach nochmal ein Höhepunkt zum Karriereabschluss als Kläger werden – zumal er ja zu den bekannteren Politikern im Land gehört.

In der öffentlichen Wahrnehmung ist das sicher so. Ich kann mich zum Beispiel nicht erinnern, wann wir das letzte Mal so schnell ausverkauft waren wie jetzt bei Lauterbach. Er wurde uns übrigens in der Vergangenheit auch schon öfter angetragen. Da hieß es dann immer ‚Wollt ihr nicht mal den Lauterbach?‘ Ich fand das eigentlich schon fast zu naheliegend, aber jetzt haben wir ihn doch noch zum Schluss und das ist mir auch recht, nachdem der Weinkeller wieder gefüllt werden muss. Ich gehe davon aus, dass der Narrenrichter dafür sorgen wird, dass der sein Fett wegkriegt.

Wer war bisher Ihr Lieblingsbeklagter in Ihrer Rolle als Kläger?

Das ist wirklich schwer zu sagen (überlegt). Eigentlich hatte ich keinen Lieblingsbeklagten. Alle waren anders und auf ihre Art und Weise angenehm. Annegret Kramp-Karrenbauer fand ich super. Es war schade, dass das im Nachgang so aus dem Ruder gelaufen ist. Sie war echt witzig und cool im Auftreten. Aber auch Kubicki im vergangenen Jahr hat mir gut gefallen.

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Sie hatten bereits erwähnt, dass Sie in der Vergangenheit die Rolle des Narrenrichters innehatten. Ist ihnen der Perspektivwechsel zum Kläger schwer gefallen?

Nein, überhaupt nicht. Man hat ja vorher auch immer schon eng kooperiert mit Kläger und Fürsprech. Von daher kennt man beide Seiten. Gerade mit Thomas Warndorf hat das auch immer wunderbar funktioniert, deshalb war es ein leichtes, ihn zu beerben.

Bleibt zum Schluss die große Frage, ob Sie uns schon verraten können, wer Sie beerbt und im nächsten Jahr als Kläger beim Narrengericht auftritt?

Das kann ich noch nicht sagen, denn wir wissen es selbst noch nicht. Der Narrenrichter ist am Prüfen. Er wird jetzt einige Gespräche führen. Das will er aber erst nach der Fasnacht machen. Jetzt wird er erst mal schauen, wer überhaupt zur Verfügung steht, auch von der Eignung her. Darüber wollen wir uns auch noch austauschen, aber das steht noch aus. Es gibt also momentan noch keinen Namen. Aber ich bin mir sicher, dass wir den ein oder anderen im Gremium haben, der das ganz gerne machen würde. Vielleicht wissen wir im März oder April mehr, wenn unsere Generalversammlung ansteht.