Musik und Menschenmassen mitten auf der Autobahn und Fahnen an den Leitplanken – so sah es am 4. Juni 1982 bei der Autobahnabfahrt Stockach-Ost aus. Bürger, Vertreter der umliegender Gemeinden, Landesverkehrsminister Rudolf Eberle und Bundesverkehrsminister Volker Hauff feierten die Eröffnung der Anschlussstelle und des 14 Kilometer langen Teilstücks der A 98 zwischen Singen und Stockach. Die Autobahn endete damals an diese Stelle. Planung und Baubeginn gingen bis in die 70er-Jahre zurück und der Weiterbau nach Überlingen war im weiteren Verlauf der 80er-Jahre ein großes Thema.
Jens Thomann war beim Fest an der Trommel
Jens Thomann, der damals 14 Jahre alt war, gehörte zu den Musikern der Jugendkapelle der Stadtmusik Stockach, die zu dem Anlass spielten. Sein Vater war der Dirigent und später Stadtkapellmeister. „Wir haben mitten auf der Fahrbahn das Schlagzeug aufgebaut. Das ging, weil die Autobahn noch nicht freigegeben war“, erinnert er sich.

Alle teilnehmenden Kinder seien fasziniert gewesen. Insgesamt hätten 40 bis 50 Musiker beim Eröffnungsfest gespielt, erzählt Thomann, der an der Trommel war. Vor der Freigabe der Autobahn seien dort auch viele mit dem Fahrrad gefahren. „Wir waren dort oft unterwegs.“

An der Autobahnabfahrt fand das symbolische Durchschneiden eines Bandes statt, wie Fotos aus dem Redaktionsarchiv zeigen. Nach diesem Festakt ging es zum Parkplatz-Nellenburg-Süd. Thomann erinnert sich an ein Fest dort: „Wir sind mit dem Bus gegen die Fahrtrichtung hingefahren.“ In einem SÜDKURIER-Artikel vom 5. Juni 1982 steht: „Von schrillem Pfeifen, lautem Beifall und zahlreichen Zwischenrufen begleitet, nahmen die Bürgermeister der umliegenden Gemeinden im vollbesetzten Festzelt auf dem Rastplatz Nellenburg-Süd zur Straßenpolitik Stellung.“
Zwei Bürgermeister reden Klartext
Der damalige Bürgermeister Franz Ziwey erhielt dort Applaus für seine Ausführungen und die Kritik, dass die Autobahn nicht direkt in Richtung Überlingen weitergebaut wurde. Werner Debis, zu jener Zeit Bürgermeister von Bodman-Ludwigshafen, sprach vom Autobahnende als einer „unglaublichen Fehlleistung im Straßenbau“, so der Artikel.

Die Verlagerung des Verkehrs auf Ludwigshafen bringe katastrophale Folgewirkungen mit sich. Den Einwohnern und Verkehrsteilnehmern werde Unbegreifliches zugemutet. Er appellierte an die anwesenden Minister, dass die B 31 und B 34 schnellstmöglich aus Ludwigshafen herausgenommen werden.
Am 8. Juni 1982 berichtete der SÜDKURIER zur Verkehrssituation: „Erstmals mit der Autobahn vor der Haustür verlebte Stockach ein bemerkenswert ruhiges Wochenende. Vor allem die Anwohner der Radolfzeller und der Ludwigshafener Straße konnten einigermaßen aufatmen. Der Durchgangsverkehr war zwar nicht verschwunden, wohl aber die an Sonntagabenden üblichen stundenlangen Staus.“

Weiterbau und zweite Anschlussstelle
Die 80er-Jahre waren von der Debatte um den Weiterbau geprägt. Der Bau der B 31-neu lief in den 90er-Jahren. Und was die A 98 angeht: Zunächst hatte Stockach mit der Abfahrt Ost eine Autobahnanschlussstelle. Im Jahr 1984 kam mit West eine zweite dazu. „Für mich war klar, dass wir West brauchen“, sagt Ziwey heute rückblickend.
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