Es ist ein Kompromiss, mit dem eigentlich keine der beteiligten Parteien so richtig zufrieden ist: Der Stockacher Gemeinderat hat entschieden, dass die Elternbeiträge für die Kindergärten in der Stadt in den kommenden drei Jahren um jeweils fünf Prozent steigen sollen. Vorausgegangen war eine lebhafte und in Teilen auch emotional geführte Diskussion.

Ausgangspunkt war ein Vorschlag der Stadtverwaltung, wonach die Elternbeiträge für die Stockacher Kindergärten im kommenden Jahr um 8,5 Prozent steigen sollten. Die Stadtverwaltung hielt sich damit an eine Empfehlung der Trägerverbände.

Das könnte Sie auch interessieren

Gesamtelternbeirat protestiert

Schon im Vorfeld zur Sitzung regte sich jedoch Widerstand: In einer Stellungnahme verwies der Gesamtelternbeirat Kita (GEB-K) darauf, dass laut einer extra angefertigten Umfrage die Elternbeiträge schon jetzt für knapp 20 Prozent der Familien belastend und für rund fünf Prozent der Eltern kaum noch tragbar seien.

Ein Vorschlag der Eltern war, die Beitragshöhe am Gehalt der Eltern festzumachen oder Vergünstigungen anzubieten, wenn die Eltern an eigens organisierten Vorträgen teilnehmen etwa zu Themen wie gesunder Ernährung, gewaltfreier Kommunikation oder Medienerziehung. Zudem regte der GEB-K an, die Festlegung der Elternbeiträge für drei Jahre im Voraus zu treffen, damit die Eltern größere Planungssicherheit haben.

Mehr Planungssicherheit gefordert

Die Stadtverwaltung legte gleich zu Beginn der Sitzung dar, warum sie die Erhöhung der Beiträge um 8,5 Prozent für notwendig erachtet. Kämmerer Sebastian Scholze verwies dabei insbesondere auf Finanzloch von rund 5 Millionen Euro, das im aktuellen städtischen Haushalt besteht.

Scholze rechnete vor, dass der Gesamtaufwand für die Kindergärten in der Stadt sich auf rund 6,6 Millionen Euro beläuft. Die Elternbeiträge tragen mit 982.000 Euro zur Finanzierung der Kindergärten bei. Das entspreche einem Deckungsbeitrag von 14,81 Prozent. Der Rest werde aus Steuermitteln der Stadt und des Landes finanziert.

Defizit im Haushalt bereitet Sorgen

Bürgermeister Rainer Stolz appellierte an den Gemeinderat, die finanzielle Lage der Stadt in die Entscheidung einzubeziehen und sich an die Empfehlung einer Erhöhung von 8,5 Prozent zu halten. Gleichzeitig betonte er: „Ich als Bürgermeister kann keinem Ergebnis zustimmen, das die Lage des Defizits von 5 Millionen Euro dramatisch verschlechtert.“

Einzelne Details wurden in der Sitzung heiß und bisweilen emotional diskutiert: Etwa die Frage, inwiefern Eltern die Entscheidung, Kinder zu bekommen, freiwillig treffen und dann die entsprechenden Gebühren für die Kinderbetreuung in Kauf nehmen müssten. Doch im Großen und Ganzen zeigten die Fraktionen Einigkeit im Hinblick auf einen Kompromiss, der auf einem Vorschlag des Waldorfkindergartens beruhte.

Die Mitglieder des Gesamtelternbeirats der Kitas in Stockach. Hintere Reihe von links: Eva Haas, Ramona Stocker, Sabine Hermann und ...
Die Mitglieder des Gesamtelternbeirats der Kitas in Stockach. Hintere Reihe von links: Eva Haas, Ramona Stocker, Sabine Hermann und Kim-Vanessa Danger. Vordere Reihe von links: Alexandra Schwab-Strauß und Lisa Neubauer. | Bild: Constanze Wyneken

Laut Christoph Stetter, dem Vorsitzende der CDU-Fraktion im Gemeinderat, habe man in der Fraktion lange diskutiert. „Wir sehen die Verbandsempfehlung und die Position der Stadtverwaltung, aber wir wollen auch familienfreundlich sein“, betonte er und verwies darauf, dass viele Familien ohnehin schon vor hohen finanziellen Belastungen stünden.

Fünf Prozent pro Jahr als Kompromiss

Vor diesem Hintergrund regte die CDU-Fraktion an, die Beiträge für die nächsten drei Jahre jeweils um fünf Prozent zu erhöhen und bei den beiden Gruppen mit den höchsten Gebühren, verlängerte Öffnungszeiten und Ganztagsbetreuung, nachzujustieren, damit diese nicht untragbar für Familien werden.

Das könnte Sie auch interessieren

Auch Wolf-Dieter Karle, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler betonte, dass das Thema die Fraktion sehr umgetrieben habe. „Fünf Prozent reicht niemals im Hinblick auf die städtischen Finanzen. Aber es soll auch ein Zeichen für die Eltern sein, dass uns jedes einzelne Kind ganz viel wert ist“, erklärte Karle. „Trotzdem habe ich Bauchweh dabei, weil wir damit dann auch wissen, dass wir in den nächsten Jahren ganz viel nicht machen können, sei es mit Blick auf einen Kindergartenneubau oder neue Ausstattung“, sagte Karle. Er regte an, über die Gründung eines Fördervereins nachzudenken.

Ehrenamtliche Zusatzbetreuung als Option?

Alice Engelhardt (Grüne) betonte, dass sie den ursprünglichen Vorschlag des Waldorfkindergartens gut fand, der für die nächsten drei Jahre eine Erhöhung um je 4,8 Prozent vorgesehen hatte. „Fünf Prozent sind nicht sehr viel mehr, da können wir uns anschließen“, betonte sie.

„Auch wir sind für einen Kompromiss“, schloss sich Claudia Weber-Bastong von der SPD-Fraktion an. Mit Blick auf den Wunsch der Eltern nach mehr Verlässlichkeit schlug sie vor, über ein ähnliches Konzept wie in Radolfzell nachzudenken, wo Eltern ehrenamtlich die Betreuung übernehmen, wenn es eng wird.

Das könnte Sie auch interessieren

Jürgen Kragler (CDU) sprach sich für eine Erhöhung um nur je vier Prozent für die nächsten drei Jahre aus. Für die Stadt mache der eine Prozentpunkt nicht viel Unterschied, wohl aber für die betroffenen Eltern. „Hier schröpfen wir die Falschen“, betonte er und bekam für diesen Vorschlag Unterstützung von Anja Schmidt (FWV). „Es ist traurig, dass wir immer nur aufs Geld schauen müssen und das Menschliche am Ende darunter leidet“, betonte Schmidt.

Am Ende gibt es eine schnelle Einigung

Julia Zülke von der FDP regte indes an, den Beschluss nochmals zu verschieben, um die diskutierten Aspekte nochmals in den Fraktionen beraten zu können. Bürgermeister Stolz wiegelte ab. „Wir werden sowieso nie eine Lösung finden, die alle Seiten rundum zufriedenstellt.“ Am Ende einigte sich das Gremium mehrheitlich darauf, die Gebühren ab dem nächsten Kindergartenjahr und in den zwei folgenden Jahren um je fünf Prozent anzuheben und Preisanpassungen in der Ganztagsbetreuung vorzunehmen.

Das könnte Sie auch interessieren

Das sagt der GEB-Kita dazu

Für die GEB-K-Vorsitzende Lisa Neubauer ist das nur ein Teilerfolg. „Die Meinung in der Elternschaft ist gespalten. Einige sehen es als Erfolg, andere sind nicht zufrieden“, sagt sie im Gespräch mit dem SÜDKURIER. Dass die Stadtverwaltung mit dem Haushaltsdefizit von 5 Millionen Euro argumentiert, kann sie nicht verstehen. „Das klang so, als wären die Elternbeiträge eine wichtige Stellschraube, um aus diesem Minus herauszukommen oder es maßgeblich zu mindern, und das ist definitiv nicht der Fall“, sagt sie. Mit wie viel höheren Einnahmen die Stadtverwaltung durch die Kompromiss-Lösung rechnet, ist bislang nicht bekannt.

Allerdings habe es gut getan, die Diskussion mitzuerleben und zu sehen, dass sich der Gemeinderat schwer tat mit der Erhöhung. Enttäuscht zeigte sie sich jedoch darüber, dass auf einige Vorschläge des GEB-K gar nicht eingegangen worden ist, beispielsweise das Präventionsprojekt.

Das könnte Sie auch interessieren