Wegen der Corona-Pandemie mussten die Narren zwei Mal auf die große Narrengerichts-Verhandlung in der Jahnhalle verzichten. Am Schmotzigen Dunschtig, 16. Februar, findet nun endlich wieder eine solche statt. Wer der Beklagte ist, wird sich allerdings erst bei der Dreikönigssitzung am Freitag, 6. Januar, zeigen.
Da das Kollegium des Hohen Grobgünstigen Narrengerichts zu Stocken ausschließlich aus Männern besteht, stellt sich die Frage, wen Frauen denn gerne mal als Beklagten sehen würden. Vier in Stockach bekannte Frauen verraten ihre Wunschkandidaten.
Corinna Bruggaier wünscht Robert Habeck
Corinna Bruggaier, seit November 2021 Kulturamtsleiterin in Stockach, sagt: „Ich habe sehr nach einer Frau gesucht, dennoch ist es ein Mann geworden: Robert Habeck.“ Interessant an ihm empfinde sie, dass er als Vize-Kanzler einerseits ja durchaus erfolgreich die Krise meistere, andererseits aber weiterhin so tue, als gehöre er gar nicht wirklich zur Obrigkeit.
Dieses Kokettieren mit dem Image als regierungsferner Intellektueller könne man gut thematisieren. „Ich glaube, dass man mit ihm sehr gute Gespräche führen kann, weil er spannende Gedanken hat“, so Corinna Bruggaier. „Wie er sich vor dem Narrengericht zu diesem Thema verteidigen würde, würde ich gern mal erleben.“
Als Regierungsmitglied in dieser schwierigen Zeit, könne er nicht viel darüber nachdenken, wie er sich verhalte, er habe viel zu viele Themen anzugehen und müsse einfach machen. Sie ergänzt noch: „Mich würde außerdem sehr interessieren, wie er als Hochnorddeutscher mit der badischen Fasnacht und Mentalität zurechtkäme.“
Lea Ossola will mit Markus Söder einen Frauen-Befürworter
Lea Ossola ist Berufsschullehrerin in Donaueschingen und seit März 2022 Leiterin der Alt-Stockacherinnen. Zu der Gliederung kam sie schon mit zwei Jahren. Heute sind 78 Aktive zwischen 18 und 85 Jahren sowie 25 Kinder und Jugendliche dabei.
Auch Lea Ossola hat sich überlegt, welche Person sie gerne nominieren würde und sich letzten Endes für einen Landespolitiker entschieden. „Ich würde gerne den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder vorladen“, verrät sie.
Einerseits hätten ihr seine närrischen Aufmachungen bei der TV-Sendung „Fastnacht in Franken“ gefallen, in der er bis zu seinem Amtsantritt als Zeichentrickfigur Homer Simpson, als grünes Hollywood-Monster Shrek oder als Marilyn Monroe aufgetreten war.

Sie sagt: „Er kommt für mich sehr sympathisch rüber und er setzt sich für Frauen ein. Er wollte beispielsweise 2019 die Frauenquote in der CSU, ist allerdings damit gescheitert.“ Anklagepunkte finde man ja immer. „Schon allein, dass er Bayer ist“, erklärt sie augenzwinkernd.
Jeanette Schindler will Annalena Baerbock kennenlernen
Jeanette Schindler war sechs Jahre Beisitzerin und neun Jahre stellvertretende Vorsitzende der Marketenderinnen. Als Wunschbeklagte nennt sie Außenministerin Annalena Baerbock und erklärt: „Ein Drittel ist persönliche Neugier. Sie ist ein Mensch, der mich interessiert. Man lernt Politiker hier aus einem völlig anderen Blickwinkel kennen. Ich habe schon oft meine Meinung geändert.“
Für die restlichen zwei Drittel müsse man wissen, worum es beim Narrengericht gehe. Viele Leute meinten, man könne die Politiker hier mal richtig rund machen. „Darum geht es überhaupt nicht. Der oder die Beklagte soll zu unserer Fasnacht passen.“
Es mache Stockach aus, dass die Politiker, die herkämen, sich wohlfühlten. Die Verhandlung sei ein Narrenspiel, fährt sie fort. „Es ist sehr professionell aufgebaut, aber auch abhängig vom Beklagten. Wir reden danach immer darüber, wie die einzelnen drauf waren, wie der Politiker sich eingebracht hat.“

Es sei toll, wenn man jemand erwische, der schlagfertig und redegewandt sei und vom ursprünglichen Protokoll abweiche. „Jemand, der es schafft, den Herren auf witzige Art und Weise Paroli zu bieten. Das kann mir bei Annalena Baerbock vorstellen.“
Ursina Vaterlaus möchte Alice Schwarzer lachen sehen
Ursina Vaterlaus, Partnerin von Bürgermeister Rainer Stolz, kommt gleich zur Sache: Als Wunsch-Beklagte sei ihr spontan Alice Schwarzer eingefallen. „Diese Idee kam mir, weil das eine sehr streitbare Frau ist. Sie liebt den Disput und lebt vom Disput. Sie blüht auf, wenn es etwas zu streiten gibt.“
Schwarzer habe extrem viel für Frauen getan, ob man mit ihr einverstanden sei oder nicht, sagt Vaterlaus. Alice Schwarzer polarisiere bis zum Geht-nicht-mehr und habe Humor. „Ich halte sie für eine witzige und sehr interessante Kandidatin.“
Als Beklagten brauche man ja jemanden, der diese Rolle genieße und keine Angst davor habe. Daher könne sie sich auch gut Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, vorstellen.
„Sie hat drei Kinder sowie eine fantastische Karriere vorzuweisen und schließlich ist ‚Verteidigung‘ ihr Hauptgeschäft, nicht wahr? Sie wäre für mich eine Kandidatin, die nicht auf den Mund gefallen ist und die ich gerne einmal lachen sehen würde.“