Den Namen Bad Neuenahr-Ahrweiler in Rheinland-Pfalz kennt inzwischen ganz Deutschland. In dieser Stadt wie auch in mehreren anderen Orten hat die Hochwasser-Katastrophe Mitte Juli enorme Schäden angerichtet.

Auch aus der Bodenseeregion reisten freiwillige Helfer in das rund 470 Kilometer entfernte Gebiet, um Schäden zu beseitigen und die Menschen dort zu unterstützen. Maximilian Renner aus Wahlwies ist einer von ihnen. Er erzählt, was er in zwei Wochen vor Ort erlebt hat. Und er hat einen Plan: Am kommenden Wochenende startet er eine Spendenaktion für zwei Familien, die er während seines Einsatzes kennengelernt hat.

Kontakt über die sozialen Medien

Dass der 23-Jährige in Ahrweiler war, hängt mit seinem Kumpel Florian Mauch (28), zusammen. Dieser war in den sozialen Medien angeschrieben worden, weil er viele Bilder mit Einsätzen eines Krans gepostet hatte. Der Absender, der 42-jährige Thomas Knieps aus Ahrweiler, hatte händeringend nach Helfern mit entsprechenden Geräten gesucht.

Florian Mauch habe sofort beschlossen, zu helfen und sei zu Maximilian Renner gekommen, um die Greifschaufel richten zu lassen und an den Schaufellader anzupassen. „Florian fuhr dann mit LKW und Tieflader, auf denen er einen Bagger und den Schaufellader transportierte, hoch und auch ich hatte das Bedürfnis, zu helfen“, erzählt Renner. Er folgte eine Woche später mit dem Auto.

Einsatz gemeinsam mit der Bundeswehr

Am Freitag hatte er seinen vorläufigen Meisterbrief als Land- und Baumaschinen Mechatroniker-Meister erhalten. „Am Sonntag habe ich mein Zeug gepackt, am Montagmorgen bin ich hochgefahren.“ Maximilian Renner übernahm die Rolle von Michael, Florian Mauchs jüngerem Bruder, der ein Wochenende lang mitgeholfen hatte. Er sagt: „Gegen 16 Uhr war ich dort. Wir haben gleich zusammen mit der Bundeswehr Bachläufe von Sperrmüll, Ästen, Baumstämmen, Fässern und Gastanks befreit. Darin befand sich alles, was man sich vorstellen kann, sogar ganze Autos.“

Der getrocknete Schlamm auf der Straße lässt erkennen, wie hoch der Fluss gestiegen ist. Schutt, Geäst und Baumstämme wurden von den ...
Der getrocknete Schlamm auf der Straße lässt erkennen, wie hoch der Fluss gestiegen ist. Schutt, Geäst und Baumstämme wurden von den Wassermassen mitgerissen. | Bild: Maximilian Renner

Sie waren in Niederheckenbach in einer alten Schule untergebracht, die als Landschulheim dient. Landfrauen hätten für sie gewaschen, die Betten bezogen und Essen gerichtet. Dieses sei vom Roten Kreuz in Wärmeboxen geliefert worden. „Unsere Unterkunft lag Richtung Ahrbrück, über Serpentinen ging es zehn Kilometer lang in die Höhe, dort war kein Problem zu sehen. Morgens ist man frisch in die Katastrophe reingefahren. Das hat einen in den ersten Tagen gepackt, danach hat man bloß noch funktioniert“, beschreibt der 23-Jährige seine Eindrücke.

Helfer mit Eimern und Schaufeln

Täglich arbeiteten sie von 7 bis 20 Uhr. Renner sagt: „Jeder hat irgendwo angefangen, Thomas hat immer rumgefragt, wo Hilfe nötig ist.“ Sie seien immer woanders eingesetzt worden und hatten am Wochenende mit Felix Munding und Raphael Dorsche zwei weitere Freunde aus Wahlwies zur Unterstützung vor Ort.

Auch den örtlichen Friedhof hat die Schlammlawine nicht verschont. Nach dem Rückgang des Wassers wird der ganze Schaden sichtbar.
Auch den örtlichen Friedhof hat die Schlammlawine nicht verschont. Nach dem Rückgang des Wassers wird der ganze Schaden sichtbar. | Bild: Maximilian Renner

„Wir hatten mehrere Bohrhammer zum Spitzen von Fassaden dabei. Oft mussten Bodenbelag, Fliesen und sogar der Estrich raus. Der Schlamm war auf dem Beton, einfach überall. Wir haben Häuser zusammengeklopft, die noch keine fünf Jahre alt waren. Ein Großteil der Häuser musste entkernt werden.“ Über Facebook habe es Aufrufe gegeben, in welcher Straße was zu tun sei. Viele Helfer seien dann mit Eimern und Schaufeln gekommen. Frauen mit Bollerwagen seien durch die Stadt gezogen, um die Helfer mit Kaffee und Häppchen zu versorgen. Foodtrucks und die Bundeswehr boten Getränke an.

Bedrückt und zerrissen

Die Menschen in Ahrweiler seien anfangs sehr bedrückt und zerrissen gewesen, berichtet Maximilian Renner. „Im Laufe der zweiten Woche haben sie sich etwas entspannt, weil sie gemerkt haben, es ist jemand da, uns wird geholfen.“ Viele hätten Tränen in den Augen gehabt und es nicht fassen können, dass jemand extra vom Bodensee kommt, um zu helfen. Wie andere auch hat Renner Bilder vom Einsatz in den sozialen Medien veröffentlicht. Das habe Kollegen dazu bewegt, ebenfalls einen Lastwagen zu packen und hochzufahren.

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Zwei Schicksale haben den jungen Mann besonders beeindruckt: Eine Mutter sei mit ihrer erwachsenen Tochter und deren Freundin kurz vor dem Hochwasser in ein frisch gerichtetes Haus in der Altstadt eingezogen. „Jetzt ist alles kaputt. Das Wasser stand fast bis in den zweiten Stock hoch. Keller und Erdgeschoss sind nicht mehr bewohnbar, da wurde alles rausgerissen und rausgeschwemmt.“

An den Wänden dieses Flurs ist zu sehen, wie hoch das Wasser stand.
An den Wänden dieses Flurs ist zu sehen, wie hoch das Wasser stand. | Bild: Maximilian Renner

Auch einen jungen Mann vier Häuser weiter habe es schwer erwischt. Die Betroffenen hätten zunächst ohne Strom Wasser und Licht im Obergeschoss gehaust, andere Flutopfer seien bei Familienangehörigen oder in Auffanglagern untergekommen.

Grillfest für die Helfer

Nach der Arbeit hätten Helfer und Opfer sich abends getroffen, Wein getrunken und versucht, die Situation eine Zeit lang auszublenden. Sogar ein Grillfest „für die zwei Jungs vom Bodensee“ hätten die Geschädigten ausgerichtet, erzählt Renner. Die Zeit sei schnell vergangen. „Ich wäre noch mal eine Woche geblieben, aber mit dem Geschäft ging es nicht, die Arbeit daheim konnte nicht warten.“ Im Mai vergangenen Jahres hat Maximilian Renner sich selbstständig gemacht.

Jetzt will er sich vom Bodensee aus weiter für die Flutopfer einsetzen. „Ich möchte Geld für die besagten Personen sammeln. Viele Leute wollen nicht an Organisationen spenden, sondern lieber gezielt. Es beruhigt sie zu wissen, dass das Geld gut ankommt. Weil sich einige aus unserem Umfeld dafür interessieren, habe ich mir etwas überlegt“, verrät er. Gemeinsam mit Philip Mayer (23) wird er mit einer CNC-Brennschneideanlage kleine Wellen aus Stahl herstellen. Die Firma Benz Werbetechnik aus Orsingen spendet jeweils eine Stahlplatte für das Vorhaben. Jeder Spender erhält eine dieser 320 „Flutwellen“. Das Geld überweist Maximilian Renner dann an die zwei Hausstände in Ahrweiler.