Europaweit ist der Biber gefährdet und steht unter Naturschutz. Die Biber, die in der Dietsche, nahe der Autobahnauffahrt Stockach-Ost, leben, werden zwar auch geschützt, ihre Dämme hingegen nicht. Erst vor wenigen Wochen musste der Stockacher Stadtjäger Kurt Kirchmann drei Biberdämme zurückbauen, die die Tiere am Mühlbach gebaut hatten. Und das während einer besonders sensiblen Zeit für die Biberfamilie: In der Biberburg steht Nachwuchs ins Haus.
Ist diese Belastung so kurz vor der Geburt der Biberjungen notwendig gewesen? Denn mit den Dämmen staut der Biber das Wasser vor dem Eingang in den Bau, um diesen zu schützen. Kurz nach dem Rückbau der Biberdämme war der Eingang im Mühlbach sichtbar, für die Biberfamilie ist das eine mögliche Gefahr.

Notwendig sei die Maßnahme aber gewesen, betont das Landratsamt Konstanz. Sie fand mit Absprache der Unteren Naturschutzbehörde statt, wie Marlene Pellhammer, Sprecherin des Landratsamtes, mitteilt. Denn es gilt an dieser Stelle nicht nur die Bedürfnisse der Biber zu berücksichtigen, sondern auch die der Umgebung.
Im August 2024 hatten die Biber das gesamte Areal unter Wasser gestellt, der Abfluss des Mühlenbach unter der Autobahn 98 ist nicht mehr abgeflossen. Und ein Strommast drohte, in dem nun sumpfigen Gebiet umzufallen. Die Folge wäre ein Stromausfall in Konstanz gewesen. Ein Risiko, das weder Behörden noch Netze BW eingehen wollen.
Engmaschige Kontrolle durch den Stadtjäger
Die Folge ist eine strenge Kontrolle der Bautätigkeit des Bibers, um solche Situationen zu verhindern. Stadtjäger Kurt Kirchmann schaut mittlerweile zweimal in der Woche nach dem Rechten. Auch beim Rückbau der Biberdämme sei er nur so weit gegangen, bis er die Eingänge zum Bau entdeckt hat. „Jetzt wissen wir, wo die Eingänge sind, jetzt müssen wir die Dämme nicht mehr ganz zurücknehmen“, erklärte er.
Der Biber sei an dieser Stelle sehr fleißig und werde den Wasserstand vor seinem Eingang wieder selbst regulieren. „Der wird die Tür schnell wieder zu machen“, so Kirchmann. Überhaupt sei der Biber aus seiner Sicht sehr resilient: „Der Biber macht sich jeden Tag ans Werk, der kennt keine Feiertage.“
Auch die Sprecherin des Landratsamtes sieht durch den Rückbau der Dämme keine Gefährdung für die Tiere, auch nicht für die Jungtiere. „Zum Zeitpunkt der Maßnahme waren noch keine Jungtiere in den Bauten, diese werden erst ab April geboren. Von April bis August finden Maßnahmen zur Absenkung von Biberdämmen nur in Ausnahmefällen statt“, so die Pressesprecherin.
Kirchmann betont aber, wie wichtig es sei, den Abfluss unter der Autobahn zu ermöglichen. „So ein Desaster wie im letzten Sommer brauchen wir nicht noch einmal“, sagt er. Die Situation durch ein Entfernen des Bibers zu entspannen, sei aber auch nicht möglich. „Eine Umsiedlung von Bibern ist nicht möglich, da die Reviere, die konfliktfrei vom Biber genutzt werden können, bereits belegt sind“, erklärt Marlene Pellhammer vom Landratsamt. In der Dietsche müssen Mensch, Strommast und Biber eben zusammenleben.
Es sind schon technische Installationen wie Gitterkästen angebracht worden, weitere werden geprüft. Die Stadt Stockach und die Gemeinde Bodman-Ludwigshafen hätten bereits Schutzgitter am Durchlass unter der A98 angebracht, welche Biberbauten in der Röhre unter der A98 und dadurch verursachte Überschwemmungen vermeiden sollen. Dennoch müsse der Durchlass in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden, um Verklausungen durch angeschwemmte Materialien frühzeitig zu verhindern.