Die Carsharing-Pläne für Stockach könnten schon bald konkreter werden. Nachdem es um das Thema in den vergangenen Monaten ruhig geworden ist, hat sich der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung dazu entschlossen, sich an einer kreisweiten Ausschreibung für den Aufbau eines Carsharing-Systems im ländlichen Raum zu beteiligen. Mit dabei sind schon andere Gemeinden wie etwa Bodman-Ludwigshafen und Mühlingen. Orsingen-Nenzingen hat sich hingegen gegen eine Teilnahme an dem Verfahren ausgesprochen.
Mit dem neuen Vorstoß könnte endlich auch in der Stockacher Kernstadt ein Carsharing-System entstehen. Die Stadtwerke Stockach hatten schon Anfang 2022 einen Vorstoß gestartet und wären eigenen Angaben zufolge mit dem Anbieter Deer bereits in Kürze startbereit gewesen. Dann hätten sie allerdings einer privaten Initiative, die sich parallel dazu aus den Reihen des Runden Tischs Mobilität gebildet hat, den Vortritt lassen wollen. Bisher ohne Erfolg.
Nach wie vor gibt es kein Carsharing-Auto in Stockach, obwohl der Gemeinderat der privaten Initiative, aus der mittlerweile der Verein Klimakompetent Mobil erwachsen ist, bereits einen Standort in der Aachenstraße als Stellplatz zugesagt hatte.
Verein sieht Kernstadt als schwieriges Terrain
Allerdings sei die Etablierung eines Carsharing-Systems in der Kernstadt sehr schwierig, wie Bernd Rüffer, Vorsitzender des Vereins Klimakompetent Mobil, im Gespräch mit dem SÜDKURIER erklärt. Mit dem Anbieter Naturenergie Sharing, ehemals Stadtmobil Carsharing Südbaden, gelang es bislang nur, ein Angebot in Wahlwies aufzubauen. Die Auslastung des dort stationierten Autos liege bislang bei 20 Prozent. „Um wirtschaftlich zu arbeiten, bräuchte es aber eine Auslastung von mindestens 30 Prozent. Deshalb ist die Anfangsphase bei solchen Projekten immer schwierig“, sagt Rüffer.
Die Teilnahme der Stadt an der kreisweiten Ausschreibung sieht er vor diesem Hintergrund als Schritt in die richtige Richtung an. Für Bürgermeisterin Susen Katter kann dies ein Teil der Mobilitätswende sein, wie sie in der Gemeinderatssitzung betonte. „In Ballungsräumen gibt es im Hinblick auf Carsharing schon eine gute Versorgung. Im ländlichen Raum ist das Angebot schwächer. Durch die kreisweite Ausschreibung können nun aber weniger attraktive Standorte gemeinsam ausgeschrieben werden“, so Katter. Dadurch werde es für Anbieter attraktiver, auch Standorte im ländlichen Raum aufzubauen.
Autos sollen überall in Laufweite verfügbar sein
Der Gemeinderat sieht das Verfahren mehrheitlich positiv, wie in der Sitzung deutlich wurde. Die Stadt soll dabei zunächst Plätze für mögliche Carsharing-Standorte ausweisen, die dann in einer Sammelausschreibung für alle teilnehmenden Kommunen gebündelt und vergeben werden. „Der Landkreis übernimmt die Organisation und Umsetzung des gesamten Verfahrens und unterstützt bei der Suche nach geeigneten Carsharing-Stellplätzen in der Stadt oder der Gemeinde“, heißt es dazu in den Sitzungsunterlagen des Gemeinderats.
Am Ende des Verfahrens schließen die einzelnen Kommunen dann jeweils Verträge mit den Anbietern. Im Rennen sind die vier größten Anbieter, die bereits in der Region aktiv sind: Naturenergie-Sharing, Deer, Car-Ship und Seefahrer.
Kritik an der Auswahl der Anbieter
In der Auswahl der Anbieter sieht Bernd Rüffer indes ein Problem, er hält insbesondere das Free-Floating-Verfahren, das Deer als einziger der vier Anbieter umsetzt, für den ländlichen Raum als ungeeignet. Dabei kann man ein Carsharing Auto an einem Standort anmieten und es am Ende der Nutzungszeit an einem anderen Standort stehen lassen. Bei den anderen Anbietern muss das Auto am Ende der Nutzungszeit zurück an den Ausgangsort gebracht werden.

Rüffer sieht dieses Verfahren als problematisch an, nicht zuletzt weil der Anbieter dann gegebenenfalls aktiv Leerfahrten mit den Autos organisieren muss, um sicherzustellen, dass an den jeweiligen Stationen bei Bedarf auch ein Auto vorhanden ist. Andere, wie etwa der Mühlinger Bürgermeister Thorsten Scigliano, bevorzugen hingegen genau dieses Konzept.

Als mögliche Standorte für Carsharing-Autos in Stockach schlägt die Stadtverwaltung die Salmannsweilerstraße neben dem Alten Forstamt, den Bahnhof, die Adenauerstraße beim Rathaus, Galgenäcker bei den Mehrfamilienhäusern der Baugenossenschaft Stockach sowie den Schloßplatz in Zizenhausen vor. „Die ersten vier Standorte würden einen Großteil der Kernstadt und Hindelwangen abdecken, wenn man davon ausgeht, dass die Menschen im Radius von 400 Metern bereit sind zu laufen“, so Katter.
Zwei Gegenstimmen im Gemeinderat
Lob gab es für den Vorstoß von Stadtrat Tobias Feindler (Grüne). Er wies allerdings darauf hin, dass es aus seiner Sicht Sinn ergebe, zunächst nicht mit allen fünf Standorten ins Rennen zu gehen. „Es ist trotzdem gut, dass es Vorschläge für fünf Standorte gibt. So könnte das Angebot zukünftig erweitert werden“, betonte er.
Stadtrat Jürgen Kragler (CDU) stellte die Frage nach dem Bedarf. „Ich denke, es braucht Zeit, bis es sich etabliert hat“, erklärte Bürgermeisterin Susen Katter und verwies darauf, dass Carsharing im nördlichen Teil von Baden-Württemberg schon stärker verbreitet sei als im Süden und dort auch gut angenommen werde. „Gerade in der Kernstadt sehe ich durchaus Potenzial“, so Katter. Auf Nachfrage von Stadtrat Thomas Bayer (CDU) erklärte sie zudem, dass angedacht sei, dass die Autos auch von städtischen Mitarbeitern als Dienstfahrzeuge genutzt werden könnten.
Der Gemeinderat entschied sich am Ende mit zwei Gegenstimmen dafür, sich an der kreisweiten Ausschreibung zu beteiligen. Nun liegt der Ball wieder beim Landkreis, die Ausschreibung voranzutreiben.