Gerade auf dem Land wäre Carsharing wichtig, sagt Bernd Rüffler, Vorsitzender des Vereins Klimakompetent mobil. Deshalb gibt es seit knapp 15 Monaten in Wahlwies ein E-Carsharing-Angebot. Der Verein Klimakompetent mobil hatte dafür den Kontakt zwischen dem Anbieter Stadtmobil Südbaden AG, die seit 30 Jahren mit 400 Fahrzeugen in 50 Gemeinde aktiv ist, und der Stadt Stockach hergestellt. Doch beim Rückblick auf das erste Jahr zeigen sich auch Probleme: „Wir haben uns so sehr ans eigene Auto gewöhnt, dass wir uns nichts anderes vorstellen können.“ Wie das Angebot in Zukunft aussehen soll.
Rüffer erinnert sich noch genau an den Anfang: „Als wir etwa 15 Interessenten zusammenhatten, haben wir angefangen. Vielleicht war das etwas früh, aber wir wollten ein Zeichen setzen.“ Allerdings sei es schwierig, Carsharing im ländlichen Raum zu etablieren. Ohne Hilfe des Landes gehe es nicht, aber das Land überlege derzeit, ob es eine Anfangsunterstützung geben wird. Rüffer betont: „In ersten zwei Jahren ist so ein Angebot selten wirtschaftlich kostendeckend.“
„Nachfrage befriedigt uns noch überhaupt nicht“
Als Standort für das E-Fahrzeug hat das Pestalozzi Kinder- und Jugenddorf Wahlwies einen seiner Parkplätze am Dorfladen gegen eine geringe Mietgebühr zur Verfügung gestellt. Nach der Einweihung Ende Mai 2023 wurden Fahrzeug und Ladesäule im Juli installiert. Anfangs gab es einige Schwierigkeiten. Mal fiel der Bordcomputer aus, mal bereitete die Ladesäule Probleme. „Richtig gut los ging es im Oktober, doch die Nachfrage befriedigt uns noch überhaupt nicht“, räumt er ein.
Erfahrungsgemäß sei die Auslastung im Sommer besser als im Herbst und Winter, aber im Schnitt betrage diese bisher nur zehn Prozent. „Um wirtschaftlich zu sein, müssen wir auf mindestens 30 Prozent Auslastung kommen“, so Rüffer. 29 Personen aus ganz Stockach nutzten das Fahrzeug bisher, die meisten von ihnen wohnen in Wahlwies.
So funktioniert das Angebot
Ob das, obwohl das Angebot theoretisch viele ansprechen müsste. Denn jeder Führerscheinbesitzer ab 18 Jahren darf mit dem E-Auto fahren. Dafür muss man sich zunächst für 30 Euro bei Stadtmobil Südbaden anmelden. Die gewünschten Ausleihzeiten kann man online über eine App buchen. Man erhält man dann eine Karte, mit der sich das Auto öffnen lässt.
Das Auto darf nur zu Beginn mit der Karte entsperrt und ganz zum Schluss wieder abgeschlossen werden. Während der Ausleihe nutzt man dafür den Autoschlüssel. Jeder Kunde kann deutschlandweit Fahrzeuge des Anbieters nutzen.

Für die Kosten gibt es zwei verschiedene Tarife. Die erste Stunde muss immer voll gezahlt werden, danach wird viertelstundenweise abgerechnet. Seltenfahrer zahlen monatlich nichts, dafür aber 2,25 Euro pro Stunde und 29 Cent pro Kilometer. Vielfahrer über 70 Euro Monatsumsatz sollten den Tarif Klassik wählen mit 6 Euro pro Monat Grundgebühr, aber nur 2 Euro pro Stunde und 25 Cent pro Kilometer.
Kommt ein weiterer Standort?
Über die Zukunft das Angebots gab es inzwischen Gespräche mit Bürgermeisterin Susen Katter, die sich grundsätzlich zwei Carsharing-Fahrzeuge in Stockach vorstellen kann. „Vielleicht als eine Art Dienstfahrzeug für Mitarbeiter – dadurch wäre eine Anschlussfinanzierung möglich“, erklärt sie auf SÜDKURIER-Nachfrage. Es gebe aus ihrer Sicht verschiedene Möglichkeiten: Entweder müsse die Stadt quasi als Konkurrent zu Privatkunden auch Nutzungszeiten buchen – oder sie könne in einem relativ kleinen festgelegten Zeitraum über ein Auto verfügen.
„Auch die Stadt hat Stoßzeiten oder Zeiten, in denen das Fahrzeug nur stehen würde – auch wochentags“, macht sie klar. Ein Fahrzeug könne hilfreich für die Mitarbeiter des Kulturamts und Museums sein, um den Weg zwischen Altem Forstamt und Rathaus zurückzulegen oder auch mal weitere Strecken zu fahren. Daher wäre ein Standort in der Oberstadt an einem zentralen Ort sinnvoll. Wo ein zweiter Standplatz entstehen könnte, sei aber noch offen.
Wie geht es weiter?
Der jetzige Anbieter in Wahlwies arbeitet mit dem stationsbasierten System: Das Auto wird dorthin zurückgebracht, wo es geholt wurde. Ein anderer Anbieter nutzt die Möglichkeit des „Free Floating“, bei dem ein Fahrzeug an einem Standpunkt abgeholt und an einem anderen Ort abgegeben werden kann.
Susen Katter möchte das Thema Carsharing laut eigener Aussage noch in diesem Jahr mit dem Gemeinderat diskutieren und dabei beide Optionen mit ihren Vor- und Nachteilen vorstellen. Sie merkte an, dass die zweite Variante im ländlichen Raum organisatorisch eher schwierig umzusetzen sei.
Bernd Rüffer hofft auf die zwei weiteren Fahrzeuge. „Wenn die Stadt Stockach mitmacht, haben wir eine Grundauslastung durch sogenannte Ankernutzer, nämlich die Mitarbeitenden“, erklärt er. Für ihn wäre es eine ideale Kombination, wenn städtische Mitarbeiter die Fahrzeuge unter der Woche tagsüber nutzten und sie abends und übers Wochenende für private für Carsharing-Nutzer zur Verfügung stünden.
Er bleibt optimistisch: „Wir brauchen Geduld und müssen mehr Werbung machen, dann wird das schon.“