Der ÖPNV im Raum Stockach soll besser werden. Das ist eine Forderung, die quasi durch die Bank zu hören war im Wahlkampf für die Kommunalwahl in diesem Jahr. Nun hatten die neu- und wiedergewählten Mitglieder des Stockacher Gemeinderats die Chance, sich einzubringen, denn der Landkreis Konstanz arbeitet derzeit an einem neuen Nahverkehrsplan – und die Stadt Stockach ist gefragt, ihre Anmerkungen zu dem knapp 200 Seiten umfassenden Werk einzubringen.
In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurden die Wünsche diskutiert, die Stockach für eine Verbesserung des ÖPNV in der Region einreichen soll. Im Vorfeld hatte die Stadtverwaltung die Fraktionen des Gemeinderats dazu aufgerufen, eigene Wünsche und Anregungen zum Nahverkehrsplan einzureichen, damit diese in der Sitzung diskutiert werden können.
Stadtverwaltung hat Anregungen gesammelt
Zwei Fraktionen, die CDU und die SPD, hatten im Vorfeld der Sitzung bereits die Möglichkeit genutzt, bei der Stadtverwaltung bis zur gesetzten Frist Vorschläge für eine Stellungnahme einzureichen, die dann im Rahmen der Sitzung diskutiert werden konnten. Auch die Ortschaftsräte von Winterspüren und Hoppetenzell hatten im Vorfeld ihre Wünsche eingereicht. Alice Engelhardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen, meldete sich zu Beginn der Diskussion zu Wort, um die Anregungen ihrer Fraktion ebenfalls noch einzubringen.
Für eine kontroverse Diskussion sorgte ihre Forderung, dass sich Landkreis und Stadt im Rahmen des Nahverkehrsplans an einer Betreibergesellschaft für die Ablachtalbahn beteiligen sollten. Bürgermeisterin Susen Katter verwies darauf, dass es aus ihrer Sicht aktuell keine Entscheidung hierzu brauche, da momentan noch die Kosten-Nutzen-Analyse für das Projekt laufe. „Allein diese wird darüber entscheiden, ob die Bahn überhaupt kommt oder nicht. Ich verschließe mich dem Thema nicht, aber es ist der falsche Zeitpunkt“, so Katter. Ähnlich äußerten sich Jürgen Kragler (CDU) und Martin Bosch (CDU).
Direktverbindung nach Singen
In den meisten anderen Punkten gab es indes Einigkeit im Gremium. So verständigte man sich unter anderem darauf, dass die Stadt in ihren Anmerkungen zum Nahverkehrsplan fordern soll, dass eine Schnellbuslinie von Stockach nach Singen über die A 98 nicht unter der Kategorie „weiterer Bedarf“ gelistet, sondern in den mittelfristigen Bedarf aufgenommen werden soll.
„Aktuell braucht man mit dem Bus etwa eine Stunde von Singen nach Stockach oder umgekehrt. Mit einer Schnellbuslinie könnte diese Zeit deutlich verbessert werden“, so Susen Katter. Zudem soll die Stadt weitere Taktverbesserungen beim Seehäsle anregen – insbesondere in der Zeit nach 21 Uhr und am Wochenende. Auch nach 24 Uhr soll die Verbindung bedient werden, so die Forderung.
Bessere Verbindungen in die Gewerbegebiete
Was den Schienenverkehr angeht, bekräftigt die Stadt den Wunsch, in Espasingen einen Haltepunkt für die Bodenseegürtelbahn einzurichten. „Wir brauchen aber auch eine bessere Verbindung vom Bahnhof in die Gewerbegebiete“, so Katter. Allen voran nannte sie hier Blumhof und Hardt. Doch auch das Gewerbegebiet Himmelreich soll besser erschlossen und mit einer zusätzlichen Haltestelle ausgestattet werden, so der Wunsch der Stadt.
Die Stadt begrüße zudem die Mobilitätsgarantie, die im Nahverkehrsplan genannt ist und die auch für alle Teilorte der Stadt Stockach flächendeckend ausgebaut werden solle, heißt es in den Unterlagen zur Sitzung. Beispielhaft genannt werden dort die Ortsteile Zizenhausen und Hoppetenzell, die derzeit ausschließlich durch die eigenwirtschaftliche Linie 7391 der RAB erschlossen werden und diesen Standard nicht erfüllen.
Insgesamt fand die Stellungnahme der Stadtverwaltung zum Nahverkehrsplan breite Zustimmung im Gemeinderat. „Das ist eine sehr gute Stellungnahme, insbesondere im Hinblick auf die Ortsteile“, betonte Alexander Buhl (FWV). Er merkte allerdings an, dass die Barrierefreiheit bei den Seehäsle-Zügen noch immer nicht gegeben sei.
Zweifel an den genannten Schülerzahlen
Auch Claudia Weber-Bastong, Fraktionsvorsitzende der SPD, zeigte sich insgesamt zufrieden mit der Stellungnahme, merkte allerdings an, dass deutlich mehr Schüler aus anderen Landkreisen nach Stockach einpendeln, als die 20, die im Entwurf für den Nahverkehrsplan genannt werden. „Diese Zahl dürfte sich in Wirklichkeit im deutlich dreistelligen Bereich bewegen“, betonte sie.
Der Gemeinderat sprach sich einstimmig für die Einreichung der Stellungnahme beim Landkreis aus. Wie es damit weitergeht und was davon am Ende tatsächlich umgesetzt wird, ist indes noch nicht sicher. In den Sitzungsunterlagen des Gemeinderats heißt es dazu, dass sich die vielen wünschenswerten Ziele in einem Kostenvolumen bewegen, das voraussichtlich zur Folge haben werde, dass eine Priorisierung vorgenommen werden müsse.
„Vor allem, wenn man die weiteren kostenintensiven Aufgaben des Landkreises betrachtet, wird deutlich, dass die finanziellen Ressourcen endlich sind. Es besteht deshalb die Gefahr, dass durch diesen Plan Erwartungshaltungen entstehen, die am Ende nicht erfüllbar sind“, so der Vermerk in den Sitzungsunterlagen.