Drei Haltestellen für 650 Einwohner gibt es in Hoppetenzell, doch wer auf den Bus angewiesen ist, muss mitunter viel Geduld mitbringen. Der Stockacher Ortsteil wird nicht von den gelben Bussen des Regionalverkehrs im Landkreis Konstanz angefahren. Lediglich die Busse der Regionalverkehr Alb-Bodensee GmbH (RAB) halten auf ihrem Weg zwischen Meßkirch und Stockach ein paar Mal am Tag. Und da es sich hierbei um einen eigenwirtschaftlichen Verkehr der RAB handle, ist das Unternehmen für die Fahrplangestaltung selbst verantwortlich, erklärt Jens Bittermann, Büroleiter des Landrats auf Nachfrage.
„Wir sind ein weißer Flecken auf der ÖPNV-Landkarte“, klagte Ortsvorsteher Jürgen Wegmann vor Kurzem im Stockacher Gemeinderat. Eine mögliche Reaktivierung der Ablachtalbahn, an deren Strecke Hoppetenzell liegt, sieht Wegmann trotzdem kritisch. Die hohe Summe an Fördermitteln, die das Projekt von Seiten des Landes erhält, ärgern ihn sogar, wie er beim Ortsbesuch erklärt.
„Wie kann es sein, dass man so ein Projekt mit bis zu 95 Prozent der Kosten bezuschusst, aber es gleichzeitig nicht mal schafft, dass am Rande der Strecke ein vernünftiger ÖPNV zustande kommt?“, fragt Wegmann. Für ihn steht fest: Bevor weitere Investitionen in das Projekt getätigt werden, müsste es ein ganzheitliches Konzept für den ÖPNV geben, das auch die Bedürfnisse der Menschen in den kleinen Ortschaften abdeckt.
Derzeit fahren die Busse in Hoppetenzell morgens bis 10 Uhr stündlich, von 10 bis 17 Uhr kommt nur noch alle zwei Stunden ein Bus und von 17 bis 19 Uhr kommt der Bus wieder im Stundentakt. Samstags fahren nur drei Kleinbusse und die seien dann nicht selten überfüllt und müssten Fahrgäste zurücklassen, berichtet Wegmann.
Lange Wartezeiten für Schüler
„Wenn unsere Grundschüler morgens mit dem Bus nach Zizenhausen zur Schule fahren, dann sind sie 40 Minuten vor Schulbeginn schon dort. Zum Glück gibt es mittlerweile ein Betreuungsangebot, um diese Zeit zu überbrücken“, sagt Wegmann. Auch die Schüler, die weiterfahren nach Stockach, kommen Wegmann zufolge schon eine halbe Stunde vor Schulbeginn an.
Der Heimweg sei oft mit noch längeren Wartezeiten verbunden. „Und dann wundert man sich über die vielen Elterntaxis„, sagt Wegmann. Im vergangenen Winter sei es zudem öfter vorgekommen, dass der Bus ohne Ankündigung komplett ausgefallen sei, was für zusätzlichen Frust gesorgt habe.
Dass die Reaktivierung der Ablachtalbahn hier insgesamt zu einer Verbesserung der Situation beitragen würde, hält Wegmann für fraglich. „Viele Bahnhöfe an der Strecke liegen außerhalb der Ortschaften. In Mühlingen müssten die Schüler beispielsweise rund einen Kilometer zu Fuß gehen“, erklärt er. Ob diese Wege in der Realität in Kauf genommen werden, müsse sich dann erst noch zeigen.
„Ich bin nicht gegen die Bahn“
Ein Punkt ist dem Ortsvorsteher aber besonders wichtig: „Ich bin nicht gegen die Bahn. Ich finde nur, dass es ein sinnvolles Gesamtkonzept braucht, das auch die Menschen auf den Dörfern bedient.“ Dafür bräuchte es eine breite Zusammenarbeit mit allen zuständigen Gremien aus der Region, findet er, und eine Umfrage unter den Schulen und Unternehmen, die im Einzugsbereich der Bahn liegen.
Verkehrsministerium will ganzheitliches Konzept
Auf Nachfrage des SÜDKURIER erklärt Edgar Neumann, Pressesprecher des Landes-Verkehrsministeriums, mit Blick auf die Reaktivierung der Ablachtalbahn, dass es der Anspruch des Ministeriums sei, „dass ein solches, für die Region prägendes, Schieneninfrastrukturvorhaben nicht nur singulär betrachtet wird, sondern auch eine Anpassung der ÖPVN-Strukturen in der Region auslöst“.
Speziell solle dabei die Ausrichtung auf die Schiene mit guten Übergängen zwischen Bus und Zug beachtet werden. Neumann verweist jedoch darauf, dass der ÖPNV in erster Linie Sache der Kommunen sei.
Das tut sich im Rathaus
Stockachs Bürgermeisterin Susen Katter war schon im Wahlkampf mit dem Versprechen angetreten, sich für einen besseren ÖPNV einzusetzen. Auf Nachfrage berichtet sie, dass sie sich hierzu unter anderem mit dem Landratsamt in Verbindung gesetzt habe. „Der Landkreis hat dafür gesorgt, dass das Seehäsle im Halbstundentakt tagsüber fährt. Dies schätze ich sehr und das war ein großer Schritt, um das ÖPNV-Angebot zu verbessern“, sagt sie.
Im zweiten Schritt müsse der Weg zur und von der Schiene verbessert werden. „Dies betrifft nicht nur Hoppetenzell, so fährt zum Beispiel kein Bus vom Bahnhof Stockach ins Industriegebiet Hardt, obwohl dort unter anderem der Sitz des größten Arbeitgebers Stockachs ist“, so Katter.
Bürgerbus als mögliche Lösung
Ein Bürgerbus nach dem Vorbild von Rielasingen-Worblingen könne eine gute Lösung sein. „Gerade in finanzieller und zeitlicher Hinsicht, für Stockach mit all seinen Ortsteilen“, sagt Katter. Bürgerbusse würden derzeit vom Land gefördert, eine Umsetzung würde allerdings mindestens zwei Jahre dauern, erklärt sie.
Insgesamt sei das Thema ÖPNV sehr komplex. „Ich kann mir vorstellen, dass sich der Landkreis Konstanz langfristig mit anderen Verbünden zu einem Verbundtarif zusammenschließt, um die Herausforderungen zu bewältigen und einen attraktiven ÖPNV zu gestalten“, sagt die Bürgermeisterin.
Landratsamt nimmt Vorschläge entgegen
Derzeit sei der neue Nahverkehrsplan des Landkreises in der finalen Phase. Durch diesen soll es weitere Verbesserungen im ÖPNV geben, erklärt Jens Bittermann. „Zusätzlich wurde durch das Landratsamt Konstanz letztes Jahr eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt, bei der die Gemeinden und die Einwohnerinnen und Einwohner des Landkreises ihre Verbesserungsvorschläge zum ÖPNV einbringen konnten“, so Bittermann. Vorschläge daraus seien bereits zum Fahrplanwechsel 2023/2024 beim Regionalbus Konstanz umgesetzt worden.