Dass es am Bahnübergang in der Berlingerstraße bisher noch nicht zu einem schweren Unfall gekommen ist, ist ein großes Glück. Zu diesem Schluss muss man kommen, wenn man die Schilderungen des Hindelwanger Ortsvorstehers Wolf-Dieter Karle (FWV)hört. Drei bis vier Beinahe-Unfälle, die sich an dem unbeschrankten Übergang in jüngerer Zeit ereignet hätten, seien ihm bekannt.
Doch das ist nicht das einzige Ärgernis, das mit dem Bahnübergang einhergeht. Denn an unbeschrankten Bahnübergänge gilt die Regelung, dass Züge, bevor sie diese in Langsamfahrt überqueren dürfen, zwei Pfeifsignale abgeben müssen, um den Autoverkehr zu warnen. Dadurch entsteht gerade an Sonn- und Feiertagen, an denen momentan sechs Personenzüge der Biberbahn auf der Strecke zwischen Stockach und Mengenverkehren, mitunter ein Pfeifkonzert, das den Anwohnern an den Nerven zehrt.
Eine Lösung ist in Sicht
Doch nun soll es eine Lösung geben, denn wie in der jüngsten Gemeinderatssitzung bekannt wurde, plant die Ablachtalbahn, den Bahnübergang an der Tuttlinger Straße, der momentan ebenfalls über keine technische Sicherung verfügt, mit einer Schrankenanlage auszustatten. „In diesem Zuge hat die Ablachtalbahn angeboten, den Bahnübergang Berlingerstraße ebenfalls zu beschranken“, erklärte Ordnungsamtsleiter Carsten Tilsner im Gemeinderat.
Würde man die beiden Bahnübergänge gleichzeitig ausbauen, ließen sich verschiedene Synergieeffekte nutzen. So könnte beispielsweise die Steuerung der beiden Anlagen gekoppelt werden. Dadurch seien erhebliche Einsparungen bei Planungs- und Baukosten möglich, so Tilsner.
Die Sache hat einen Haken
Der Haken an der Sache: Da der Bahnübergang Berlingerstraße für die Ablachtalbahn eigentlich weiter unten auf der Prioritätenliste steht, soll die Stadt die Hälfte der Baukosten übernehmen. „Laut dem Eisenbahnkreuzungsgesetz sind wir als Straßenbaulastträger allerdings sowieso verpflichtet, ein Drittel der Kosten zu tragen“, so Tilsner.
Aus Sicht der Stadtverwaltung sei es vor diesem Hintergrund attraktiv, das Angebot anzunehmen. Die Kosten in einem zukünftigen separaten Verfahren für die Berlingerstraße würden deutlich über den aktuell geschätzten 70.000 Euro liegen, heißt es in den Sitzungsunterlagen des Gemeinderats. Die Stadt müsste sich demnach mit 35.000 Euro an den Baukosten beteiligen. „Damit könnten wir kurzfristig umsetzbar den Bau einer Bahnschranke am Bahnübergang Berlingerstraße erreichen. Das würde die Verkehrssicherheit erhöhen und das lästige Pfeifen des Zugs beenden“, so Tilsner.
Vor dem Hintergrund der umstrittenen Reaktivierung der Ablachtalbahn biete die Annahme dieses Angebots auch die Möglichkeit, die Verlässlichkeit der Planungen und Kostenschätzungen für das Projekt zu überprüfen, merkte Bürgermeisterin Susen Katter an.
Mehrere kritische Stimmen im Gemeinderat
Obwohl sich der Gemeinderat einig schien, die Sicherheit an den beiden Bahnübergängen erhöhen zu wollen, gab es auch kritische Stimmen. „Dass wir die Sicherheit erhöhen und das Pfeifen abstellen müssen, ist unstrittig. Aber wir schaffen damit auch immer mehr Fakten, obwohl es bei dieser Bahn noch eine Reihe von offenen Fragen gibt und man noch nicht weiß, wohin das Projekt geht“, merkte Christoph Stetter (CDU) an.
Michael Junginger (CDU), der Ortsvorsteher von Zizenhausen stellte die Frage in den Raum, wo man anfängt und wo man aufhört. „Bei uns ist der Bahnübergang momentan auch gestört und die Züge müssen pfeifen. Das ist brutal laut“, erklärte er. Carsten Tilsner erklärte in diesem Zusammenhang, dass der Bahnübergang an der Berlingerstraße wegen der Synergieeffekte den Vorzug bekomme. Das sei nicht bei allen Bahnübergängen an der Strecke so möglich.
Wolf-Dieter Karle plädierte dafür, die Gelegenheit zu nutzen. „Es geht um die Sicherheit und wir haben jetzt die Möglichkeit, Synergieeffekte zu nutzen. Wenn wir das nicht tun, müssen wir in Zukunft vielleicht deutlich mehr bezahlen“, so Karle. Er verwies darauf, dass die Biberbahn, die im Sommer an Sonn- und Feiertagen verkehrt, nicht das Problem sei, sondern eher eine mögliche ganzjährige Reaktivierung sowie die Güterzüge, die die Strecke nutzen.
Vom ÖPNV abgehängt
Ein großes Frustthema ist das ganze für Jürgen Wegmann, den Ortsvorsteher von Hoppetenzell. „Ich bin wirklich enttäuscht“, erklärte er. Der Ortschaftsrat habe schon mehrfach darauf hingewiesen, dass Hoppetenzell ein weißer Fleck auf der ÖPNV-Landkarte des Landkreises Konstanz ist. Anstatt die Anbindung des Ortsteils an den ÖPNV zu ermöglichen, werde Geld für eine Bahn investiert, die momentan oft leer fahre, so Wegmann.
Am Ende entschied sich der Gemeinderat bei zwei Enthaltungen dafür, das Angebot der Ablachtalbahn anzunehmen und die Hälfte der Kosten für den Bau von Schranken am Bahnübergang in der Berlingerstraße zu übernehmen. Laut den Sitzungsunterlagen des Gemeinderats will die Bahn die Schranken dann noch in diesem Jahr bauen.