Verweigert der Landkreis Konstanz dem Stockacher Krankenhaus zu Unrecht finanzielle Unterstützung für Investitionen am Gebäude? Mit dieser Frage beschäftigt sich derzeit das Verwaltungsgericht in Freiburg. Am Montag kamen die beiden streitenden Parteien erstmals vor der 6. Kammer des Gerichts zusammen, um Argumente auszutauschen.

Landkreis verweigert Fördermittel

Stein des Anstoßes ist ein Antrag vom 2. Dezember 2019. Damals hat das Stockacher Krankenhaus beim Landkreis Konstanz Fördermittel für den Bau des neuen Bettentrakts, die Sanierung der Patientenzimmer im Altbestand, die Verlegung der Intensivstation und den Bau des ambulanten Operationssaals beantragt. Doch aus Konstanz kam dazu eine Absage.

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Aus Sicht von Krankenhaus-Geschäftsführer Michael Hanke, Bürgermeister Rainer Stolz und deren Rechtsanwalt Michael Quaas ist diese Ablehnung nicht rechtens, denn der Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz (GLKN), an dem der Kreis selbst zu 52 Prozent als Gesellschafter beteiligt ist, erhält finanzielle Mittel vom Landkreis.

In der Vergangenheit war das noch anders

Auch beim Stockacher Krankenhaus, das nicht zum GLKN gehört, sei dies in der Vergangenheit der Fall gewesen. Etwa bei Mitteln aus dem IT-Masterplan des Landkreises, die 2017 ausgezahlt wurden. Damals erhielten sowohl der GLKN als auch das Krankenhaus Stockach Geld vom Landkreis, um ihre digitale Infrastruktur auf einen gleichwertigen Stand zu bringen und miteinander kompatibel zu machen. Dass nur zwei Jahre später Zuschussmittel aus dem Masterplan Bau verweigert wurden, hält Rechtsanwalt Quaas daher für ein unzulässiges „Abweichen von gängiger Verwaltungspraxis“.

„Seit 2010 findet eine Verwaltungspraxis der Subventionierung durch den Landkreis statt“, so Quaas. Dabei gehe es darum, die Krankenhäuser im Landkreis Konstanz mit Steuermitteln aus der Kreisumlage zu unterstützen, da die Gelder vom Land nicht ausreichen. „Der Landkreis sieht also die Notwendigkeit, die Krankenhäuser zu unterstützen, bereits vor der Gründung des GLKN“, betont Quaas. Die Gründung war 2012.

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Handelt der Landkreis verfassungswidrig?

Zudem gehe es bei den Mitteln nicht in erster Linie um die Förderung der jeweiligen Krankenhäuser als solches, sondern um die Sicherstellung einer adäquaten Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung des Landkreises. „Es geht hier um Steuermittel auf Basis der Kreisumlage, die für die Gesundheitsförderung der Bevölkerung eingesetzt werden“, so Quaas.

In diesem Gebäude an der Habsburgerstraße in Freiburg ist das Verwaltungsgericht untergebracht, vor dem derzeit die Klage des Stockacher ...
In diesem Gebäude an der Habsburgerstraße in Freiburg ist das Verwaltungsgericht untergebracht, vor dem derzeit die Klage des Stockacher Krankenhauses gegen den Landkreis Konstanz verhandelt wird. | Bild: Dominique Hahn

Der Rechtsanwalt des Stockacher Krankenhauses verwies in seinen Ausführungen zudem auf ein neues Gutachten für die Stadt Berlin. Dort sei es bisher gängige Praxis, dass die Vivantes-Kliniken, die in öffentlicher Hand seien, Fördermittel erhalten, während andere Kliniken nicht gefördert würden. Das Gutachten zeige, dass diese Praxis verfassungswidrig sei, da sie gegen Artikel 3 des Grundgesetzes verstoße. In diesem ist die Selbstbindung der Verwaltung festgeschrieben. Diese verpflichtet Verwaltungen dazu, alle Fälle nach den gleichen Maßstäben zu behandeln.

Rechtsanwalt des Landkreises kontert

Stefan Meßmer vertritt als Rechtsanwalt den Landkreis Konstanz und musste ohne einen Vertreter des Landratsamts auf der Anklagebank Platz nehmen. Er wies darauf hin, dass der Landkreis Gesellschafter des GLKN werden musste, da die Fusion der Kliniken im Jahr 2012 sonst nicht vom Kartellamt genehmigt worden wäre. „Und als Gesellschafter muss der Landkreis nun mal die Schatulle öffnen. Ob er will oder nicht“, so Meßmer.

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Ein Förderanspruch für alle Krankenhäuser im Kreis sei daraus nicht abzuleiten, so sein Standpunkt. Auch aus der Tatsache, dass das Stockacher Krankenhaus bei der Förderung aus Mitteln des IT-Masterplans bedacht wurde, lasse sich aus seiner Sicht kein Anspruch auf weitere Fördermittel ableiten.

Meßmers Argumentation: Dem Landkreis Konstanz bleibt nichts anderes übrig, als Investitionen des GLKN finanziell zu unterstützen, da er in seiner Rolle als Gesellschafter ohnehin auf den Kosten sitzen bleiben würde. Selbst dann, wenn der GLKN diese am Kapitalmarkt erwirtschaften müsste.

Blick in den Gerichtssaal: Auf dieser Bank nahm die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts in Freiburg Platz, um sich die Argumente der ...
Blick in den Gerichtssaal: Auf dieser Bank nahm die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts in Freiburg Platz, um sich die Argumente der beiden streitenden Parteien anzuhören. | Bild: Dominique Hahn

Ein Fall für das Kartellamt?

„Wenn Sie das Kartellamt erwähnen, werde ich aber hellhörig“, konterte Michael Quaas. Er sehe in dieser Argumentation eine unzulässige Vermengung zwischen der Rolle des Landkreises als Gesellschafter und als Kommune. „Der Kreistag ist nicht die Gesellschafterversammlung des GLKN und entscheidet auch nicht über die Mittel der Gesellschaft, sondern er setzt öffentliche Mittel, also Steuergelder ein“, so Quaas.

Diese öffentlichen Mittel müssten seiner Meinung nach auch einem öffentlichen Zweck dienen, nämlich einer adäquaten medizinischen Versorgung der Bevölkerung des Landkreises. Und dazu zähle auch das Stockacher Plankrankenhaus. „Alles andere wäre ein Missbrauch der Marktmacht des Landkreises mit Steuergeldern“, betont Quaas.

„Das ist der Bevölkerung nicht zu vermitteln“

Auch Bürgermeister Stolz äußerte sich vor Gericht. „Die Stadt Stockach trägt etwa acht Prozent der Kreisumlage. Diese zahlen wir für die gesamte Förderung aller Krankenhäuser im Kreis, aber wir selber bekommen nichts davon, obwohl unser Krankenhaus aus Sicht des Landes notwendig für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung im Landkreis ist“, betonte er und fügte hinzu: „Das ist der Bevölkerung nicht zu vermitteln“.

Bis zum Urteil dauert es noch

Der zuständige Richter zeigte sich trotz allem kritisch im Hinblick auf die Ausführungen der Stockacher Seite. So machte er deutlich, dass er durchaus einen Unterschied zwischen einer Förderung für die Angleichung der IT-Strukturen und einer Förderung für Baukosten sehe. „Man kann die Sache auch so sehen, dass Stockach sich bewusst dafür entschieden hat, sein Krankenhaus alleine zu halten, und nun darum auch mit den Folgen leben muss“, betonte er.

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Ein Urteil steht damit allerdings noch nicht fest. Die Kammer berät nun über die ausgetauschten Argumente und ihre Einschätzung der Rechtslage. Das Urteil wird den beiden Parteien schriftlich zugestellt, sobald es feststeht. „Das ist voraussichtlich eine Frage weniger Wochen“, erklärt Klaus Döll, Pressesprecher des Gerichts auf Nachfrage. Der SÜDKURIER wird dann erneut berichten.