Nun stehen sie fest, die Zahlen, die das gemeinschaftliche Leben und die großen und kleinen Projekte in der Stadt in den kommenden elf Monaten entscheidend prägen werden: Der Gemeinderat verabschiedete in seiner jüngsten Sitzung im Bürgersaal der Adler Post den Haushaltsplan für das Jahr 2022. Die Planung der städtischen Finanzen war in diesem Jahr aus mehreren Gründen etwas Besonderes.
- Erster und letzter Haushalt: Für Bernhard Keßler, den Leiter der Stockacher Finanzverwaltung, ist der Haushalt 2022 der letzte, für den er bei der Stadt die Verantwortung trägt, bevor er sich in den Ruhestand verabschiedet. Sein Nachfolger Sebastian Scholze steht aber schon in den Startlöchern und war an der Aufstellung des aktuellen Zahlenwerks beteiligt.
- Der Fehlbetrag: Der Haushalt für 2022 weist im Ergebnishaushalt ein Minus in Höhe von rund 3,7 Millionen Euro aus. Und das sei schon die günstigere Variante, bei der man noch an einigen Stellschrauben nachjustiert habe. „Die Zahl, die unter dem ersten Entwurf stand, möchte ich gar nicht nennen“, so Bürgermeister Rainer Stolz in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats. Da die vergangenen zwei bis drei Haushaltsjahre allerdings sehr gut gewesen seien, könne der diesjährige Fehlbetrag ausgeglichen werden. „Daher brauchen wir keine Kreditaufnahme“, betonte Stolz. Bernhard Keßler erklärte ebenfalls, dass der Haushalt aus seiner Sicht trotz des deutlichen Minus genehmigungsfähig sei. Im vergangenen Jahr seien ihm zufolge gewisse Einsparungen möglich gewesen. „Außerdem hatten wir eine Top-Situation bei den Erträgen“, so Keßler. Deshalb habe man Rücklagen in Höhe von 8,75 Millionen Euro bilden können. „Das ist das positive Ergebnis, von dem wir jetzt zehren können“, machte Keßler deutlich.
- Die Steuern: „Für 2022 haben wir die Hebesätze unverändert gelassen. Es gibt also keine Steuererhöhungen“, machte Bürgermeister Stolz gleich zu Anfang der Beratungen deutlich. Konkret meint er damit die Hebesätze für die Grundsteuer A für die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe und B für Grundstücke, die genauso wie für die Gewerbesteuer auf dem gleichen Niveau wie 2021 bleiben. Die Einnahmen der Stadt aus dem Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer werden 2022 indes etwas zurückgehen. Grundlage für diese Einschätzung sei die jüngste Steuerschätzung des Bundes, so Stolz.
- Die Erträge: Die ordentlichen Erträge belaufen sich auf 52.063.900 Euro. Das ist mehr als in den beiden Vorjahren. Laut Sebastian Scholze liege das unter anderem an dem positiven Ergebnis aus der Forstbewirtschaftung. Zudem sei ab 2022 wieder mit Gewinnausschüttungen der Stadtwerke zu rechnen. Auch Bußgelder fallen unter diesen Punkt, die Stadt rechnet hier mit Einnahmen von rund 800.000 Euro, was sich in einer Größenordnung wie im vergangenen Jahr bewegen würde.
- Die Aufwendungen: Den ordentlichen Erträgen stehen allerdings ordentliche Aufwendungen in Höhe von 55.781.000 Euro gegenüber. Das ist deutlich mehr als in den vergangenen beiden Jahren. Laut Bürgermeister Stolz geht das nicht zuletzt auf die deutlich gestiegenen Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen zurück. Darunter fallen etwa die kostenintensiven Sanierungen der naturwissenschaftlichen Räume am Gymnasium und die Fassadensanierung der Halle in Zizenhausen. Auch die Personalaufwendungen der Stadt steigen kontinuierlich. „Das liegt daran, dass wir mehr Personal brauchen, um einen besseren Service bieten zu können, etwa in den Kindergärten, aber auch in anderen Bereichen“, erklärte Stolz.
- Das sagen die Fraktionen: Zur Tradition gehören auch die Stellungnahmen der Fraktionen zum jeweiligen Haushalt. Ein Punkt, den alle Redner aufgriffen, war der Dank an den scheidenden Kämmerer Bernhard Keßler für seine gute Arbeit in den vergangenen Jahren. „Die Stadt Stockach hat die Pandemie bislang finanziell gut gemeistert und steht auf zwei gesunden Beinen“, betonte Christoph Stetter (CDU) und verwies darauf, dass man 2021 statt eines prognostizierten Verlusts von rund 3,3 Millionen Euro nun voraussichtlich mit einem Überschuss in gleicher Höhe rechnen könne. Er wünsche sich aber, dass zukünftige Haushaltspläne früher beschlossen werden.
Wolf-Dieter Karle (FWV) freut sich, dass der Investitionsplan zwischen der Stadt und den Ortsteilen ausgewogen ist: „Dieser Haushalt ist wirklich ein gelungenes Werk, trotz aller Unkenrufe, weil wir mit den Vorjahren auffangen können, was wir dieses Jahr unverschuldet aufbringen müssen.“ Im Hinblick auf die positive finanzielle Entwicklung beim Krankenhaus hofft Karle, dass dadurch auch der städtische Haushalt in den kommenden Jahren weniger stark belastet wird. Auch er unterstützte Stetters Wunsch, den Haushalt zukünftig früher im Jahr beraten zu können.
Im Gegensatz dazu äußerte Karl-Hermann Rist (Grüne) Verständnis dafür, dass die Zusammenstellung des Zahlenwerks so viel Zeit in Anspruch nimmt. „Ich bin stolz darauf, dass wir so gut aufgestellt sind und ohne Kreditaufnahmen etwas für die Zukunft bewegen können“, betonte Rist. Mit Blick auf die aktuelle Situation sagte Joachim Kramer (SPD): „Ich hoffe, dass wir auch in Zukunft wieder genug Rückstellungen schaffen können, um einen Ausgleich für schlechtere Jahre zu haben.“ Grundsätzlich sei er im Hinblick darauf aber optimistisch. Die FDP-Fraktion verzichtete auf eine Haushaltsrede.
- Der Beschluss: Am Ende erteilten die anwesenden Gemeinderatsmitglieder einstimmig ihre Zustimmung zu der vorgelegten Haushaltssatzung mit Haushaltsplan.