Erst eher sanfte Fragen, dann heftige Diskussionen: Die rund 30 Zuhörer beim Abend des Grünen Ortsverbands Raum Stockach mit den Stockacher Bürgermeisterkandidaten Susen Katter und Michael Mende hakten genau nach und hatten sehr klare Meinungen zu den Themen. Die Grünen hatten die Blöcke Digitalisierung, Bildung, Oberstadt und Verkehr gesetzt. Sie hatten nur Katter und Mende eingeladen, die anderen Kandidaten nicht.
Kritik und Wünsche zu Verkehrssituationen zogen sich durch drei der Themenbereiche. Jeweils ein Grünenvertreter umriss zu Beginn des Blocks die Haltung der Grünen dazu:
Digitalisierung: Meinungen zum Internetausbau
Den Grünen ist der Breitbandausbau und die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) für Verwaltungsleistungen über die Internetseiten der Gemeinden wichtig, erklärte Eva Edelmann-Ohler. Sie wollte wissen, wie die Kandidaten sich das Vorgehen dabei vorstellen. Michael Mende sagte, der Ausbau müsse vorangebracht werden und führte unter anderem an, dass schnelles Internet wichtig sei, um für Firmen attraktiv zu sein. Ihm sei beim OZG für die Einwohner wichtig, dass die Datensicherheit stimme und beim OZG jeder im Internet mitkomme, also auch die Älteren.

Die 39-jährige Susen Katter sprach vom Breitband als Daseinsvorsorge, die unumgänglich sei. Sie habe bereits mit dem Geschäftsführer der Stadtwerke darüber gesprochen. Sie konnte auch aus dem Stehgreif Zuschussmöglichkeiten erklären und welche Schritte für den Ausbau notwendig wären. Zum OZG sagte sie, dass die Stadt gerade eine IT-Stelle ausgeschrieben habe, um dies voranzubringen. Ein Wahlwieser Bürger warf ein, ob die Stadt überhaupt Geld für den Internetausbau habe. Susen Katter erläuterte, der Haushalt für das kommende Jahr stehe noch nicht fest.
Bildung: Ideen für Kinderbetreuungsplätze
Grünen-Rätin Doris Rath erklärte, den Grünen sei wichtig, dass es genug Kinderbetreuungsplätze in Stockach gebe. Die Frage sei, wie man die Warteliste kurz halten sowie Fachkräfte finden und halten könne. Sie wollte auch wissen, wie die Kandidaten zum Erhalt der Grundschulen in den Ortsteilen sowie die Schulwege stehen.
Susen Katter schilderte, sie sei von der Situation in Radolfzell mit ihren fünfjährigen Zwillingen gebrandmarkt. Sie sei auch schon mit dem Stockacher Hauptamtsleiter Hubert Walk im Austausch gewesen. „Man muss Geld in die Hand nehmen und es ist wichtig, dass Fachkräfte nicht verheizt werden“, sagte sie. Eine ihrer Ideen für Kindergartenplätze: Ein Modell wie in Hoppetenzell mit Waldkindergarten-Tagen. Dann könnte man die leeren Räume in dieser Zeit für weitere Gruppen, falls eine Genehmigung dafür möglich wäre.
Der 49-jährige Michael Mende, der drei Söhne hat, regte den Aufbau von Firmenkindergärten an oder von der Stadt geförderte Elternvereine, die selbst Betreuungen organisieren.
Die Schulen seien ihr wichtig, so Katter: „Kurze Beine, kurze Wege.“ Daher sollten überall die Grundschulen in den Ortsteilen bleiben. Michael Mende ergänzte, je mehr Schüler in den kleinen Orten seien, desto weniger kämen nach Stockach – was auch weniger Verkehr bedeute. Er könnte sich einen Schulbus vorstellen, der für die Stadt arbeite und Schüler transportiere. Auch das Thema Schülerlotsen kam bei beiden Kandidaten auf.
Eine Wahlwieserin wünschte sich Tempo 30 am Adler-Buckel in Wahlwies, da es dort für Kinder gefährlich sei. Katter erklärte daraufhin, dass ein Bürgermeister bei einer Kreisstraße nicht zuständig sei, sich aber beim Landratsamt einsetzen könne. Ein anderer Zuhörer stellte die Frage, ob die Schulwege wirklich so unsicher seien. Dies löste eine Debatte unter mehreren Anwesenden und die Kritik an unterschiedlichen Zuständigkeiten bei Straßen von Kreis, Land und Bund aus.
Oberstadt: Zu wenig Grün und viel Kritik
„Wir haben da eigentlich ein Schmuckstück“, sagte Peter Alexander von den Grünen. Aber es würden zu viele Geschäfte zumachen, Feste würden aber in der Oberstadt gut funktionieren. Seine Frage war, wie Leute angelockt werden könnten.
Michael Mende sagte, er habe schon einige Gespräche geführt und dabei gehört, dass es stellenweise zu dreckig sei. Die Oberstadt brauche mehr Grünflächen. Der Stadtgarten solle „rüberschwappen“.
Susen Katter sieht fehlende Aufenthaltsqualität in der Oberstadt. Sie sei sogar beim ersten besuch in Stockach verwundert gewesen, dass die Altstadt keine Fußgängerzone wie in anderen Städte sein. Sie wünscht sich ebenfalls mehr Grün und Schatten, da es in Städten immer wärmer werde. „Es braucht ein Gesamtkonzept“, sagte sie und verwies darauf, dass die Stadtverwaltung bereits daran arbeite.

Ein Zuhörer, der früher selbst ein Geschäft betrieben hat, brachte ein, dass der Stadt ein großes Textilgeschäfts als Anzugspunkt fehle. Der Einwohner wies auch darauf hin: „Stockach ist eine Schlaf- und Wohnstadt, kein Handelszentrum.“ Daraufhin entspann eine große Debatte um Geschäfte, was die Kunden wollen, dass Stockach keine attraktive Einkaufsstadt sei, warum die Stockacher Kernstadt für manche Ketten zu klein ist und warum das Parkhaus eigentlich nicht von der Pfarrstraße aus befahrbar ist.
Siegfried Endres vom Verein Handel, Handwerk und Gewerbe (HHG) konnte zu Letzteren sagen, dass es an den Eigentumsverhältnissen der Fläche scheitere. Auf den Wunsch nach einer für die Stadtbelebung zuständige Person sagte Susen Katter, dass bereits einiges von Seiten der Stadt laufe, ging aber nicht in Details.
Verkehr: Mobilityon Demand oder Bürgerbusse?
Peter Alexander sprach im letzten der vier Themenbereiche die geplanten Ortsumfahrungen West und Ost sowie die Möglichkeit von Tempo 30 nachts an. Susen Katter erklärte, die Tunnelvariante für eine Westumfahrung der B313 werde geprüft. Um den Autoverkehr zu reduzieren, könne sie sich soetwas wie Mobility on Demand oder Bürgerbusse vorstellen. Mende knüpfte an, dass Bürgerbusse für Rentner kostenlos sein könnten.
Eine Frau aus Hindelwangen schilderte ihre Befürchtungen, wenn eine Umfahrung an der Nellenburg wäre und sie Lärm von dort und der B14 ertragen müsste. Sie fände eine Tunnellösung besser. Udo Engelhardt von den Grünen zeigte sich pessimistisch – er glaube, in zehn oder 20 Jahren werde es immer noch keine Lösung geben und der Verkehr werde zunehmen.
Auf Engelhardts Frage nach Ideen zur Verkehrsreduzierung, nannte Mende Fahrräder und Katter listete erneut auf die zuvor genannten Ideen auf. In der Debatte gab es für Radwege um Stockach herum Lob, aber für die Strecken innerorts Kritik. Peter Alexander wies darauf hin, dass immerhin das Seehäsle ab Dezember im Halbstundentakt fahren werde.