Beim Blick auf Fotos von vor zwei Jahren ist der Unterschied mehr als nur deutlich: Die alte Brauerei Espasingen, vor Jahrhunderten ein Schloss, ist vom hässlichen Entlein fast schon zum schönen Schwan geworden. Die Fassade wird mit neuem Putz von Tag zu Tag ansehnlicher, das Dach ist fast fertig – nur der Schlosshof wird noch dauern.

Auch innen kommen die Arbeiten in den 25 neu angelegten Wohnungen gut voran. Man hoffe, dass vor dem Winter überall der Putz dran sei, so Andreas Schmid, Geschäftsführer von der Immobilienfirma Gnädinger und Mayer. Horst Schikorr von der HSG Wirtschaftskanzlei GmbH, der gemeinsam mit seinem Sohn Alexander für die Vermarktung zuständig ist, ergänzt: „Ende 2025 wird alles vollständig fertig sein.“

Was hat sich schon getan?

Beim Baustellenbesuch zeigen Horst Schikorr, Alexander Schikorr und Andreas Schmid, was sich inzwischen getan hat. Die beiden Flügel und der Mittelbau sind mit eigenen Eingängen eigenständige Einheiten. Überall vereinen sich Historie und Moderne, was an vielen Dingen zu sehen ist: Da wären die Holzbalken, die vor allem im Dachgeschoss prominent sind, oder Metallstützen, die noch ein Zeichen der früheren industriellen Nutzung als Brauerei sind. Das Gebäude ist sogar ein Industriedenkmal. Und an den Fronten zur Straße hin bleiben die Original-Fenster erhalten, bekommen aber innen ein zweites, neues Fenster vorgesetzt, erklärt Schmid beim Rundgang. „Die baulichen Maßnahmen sind mit dem Denkmalamt abgestimmt.“

Andreas Schmid (Gnädinger und Mayer) zeigt eines der Treppenhäuser.
Andreas Schmid (Gnädinger und Mayer) zeigt eines der Treppenhäuser. | Bild: Löffler, Ramona

Balkone sind nur hinten erlaubt

Die Abstimmung gilt auch für die Balkone. Zur Straße hin wird es keine geben, aber nach hinten hinaus in Richtung eines zukünftigen Baugebiets entlang der Stockacher Aach sind Balkone erlaubt. An der Rückseite ist ohnehin mehr vom Industriecharakter alten Brauerei zu sehen. Wie sich dieses über die vergangenen Jahre vom halben Verfall hin zum Wohngebäude wandelt, werde in einer bauhistorischen Dokumentation festgehalten, erklärt Schmid. Diese gehe an das Denkmalamt, das die gesamte Baumaßnahme begleite und mit dem es viel abzusprechen gebe.

Im Innenhof ist ein Teil der Wände inzwischen verputzt.
Im Innenhof ist ein Teil der Wände inzwischen verputzt. | Bild: Löffler, Ramona

Als Beispiel dafür nennt er den Außenputz. „Der noch vorhandene Putz bleibt überwiegend erhalten und wird in derselben Struktur ergänzt“, so Schmid. Dafür sorge eine Spezialfirma. Auch für die Farbe, die auf den Putz komme, gebe es eine genaue Absprache und am Eingang bei der großen Kastanie sind Farbmuster für die Abstimmung mit dem Denkmalamt zu sehen. Das historische Wappen über der dortigen Tür und ein weiteres an der Straßenfront wurden bereits restauriert und sind nun mit Folien geschützt.

Was es mit „versteckten“ Räumen auf sich hat

Einerseits passend zum Schloss-Charakter, andererseits aus praktischen Gründen gibt es sogar so etwas wie geheime Räume. Mit anderen Worten: Bereiche für die Technik, die in den oder zwischen den Stockwerken versteckt sind. Falls also jemand mal Geräusche hören sollte – nein, das ist kein Schlossgespenst.

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Alexander Schikorr berichtet, dass schon alle Wohnungen verkauft seien: „21 Suiten wurden bereits notariell beurkundet, die letzten vier stehen noch im Oktober an.“ Die Käufer kämen teilweise aus der Region, teilweise aus Großstädten und anderen Bundesländern, zum Beispiel Stuttgart und München. Und Espasingen selbst? Nein, das nicht. „Unter den Käufern sind viele Kapitalanleger, die vermieten. Das kann sich aber auch ändern, wenn sie die Wohnungen vielleicht als Altersruhesitz nutzen wollen.“

Der Blick in eine der Dachwohnungen, in der das historische Gebälk zur Geltung kommt.
Der Blick in eine der Dachwohnungen, in der das historische Gebälk zur Geltung kommt. | Bild: Löffler, Ramona

Er hebt den Schloss-Charme hervor, der wieder sichtbar werden soll. Der Innenhof soll mit einer Mauer, die einen Rundbogendurchgang erhält, wieder zu einem richtigen Schlosshof werden. Die Außenanlagen seien allerdings ganz zum Schluss dran, also vermutlich erst im Frühjahr 2026.

Hallo! Eine Schwalbe schaut aus ihrem Nest unter dem Dach. Rund um den Gebäudekomplett herum sind zahlreiche Nester der geschützten Vögel.
Hallo! Eine Schwalbe schaut aus ihrem Nest unter dem Dach. Rund um den Gebäudekomplett herum sind zahlreiche Nester der geschützten Vögel. | Bild: Löffler, Ramona

Zahl der Schwalbennester ist gewachsen

Auf der Baustelle arbeiten nicht nur viele Handwerker, sondern dort leben auch einige Tiere. Rund um das Gebäude befinden sich Schwalbennester unter den Dachrinnen. Schwalben stehen unter Naturschutz und mussten bei der Sanierung berücksichtigt werden. Schmid hat zu den Vögeln eine sehr gute Nachricht: „Wir haben sogar mehr Schwalbennester als vor Beginn. Dafür haben wir Lob bekommen.“

Die ehemalige Brauerei im Jahr 2020 vor dem Beginn des Umbaus. (Archivbild)
Die ehemalige Brauerei im Jahr 2020 vor dem Beginn des Umbaus. (Archivbild) | Bild: Löffler, Ramona

Bei den Störchen war es etwas anders und sogar kurios: Obwohl es im Januar 2023 eine aufwendige Umsiedlungsaktion für das Storchennest auf dem alten Kamin gab, muss das in ähnlicher Form nochmal betrieben werden. Damals wurde das alte, tonnenschwere Nest entfernt und ein Ersatz kam auf eine benachbarte Scheune. Damit die Störche nicht wieder auf dem Kamin bauen, wurden dort Gebilde montiert, die Störche abschrecken sollen. Das hat zwar funktioniert, doch im Rahmen von Arbeiten am Kamin kam diese Abwehr weg und die Störche nutzten die Gelegenheit. So war diesen Sommer wieder ein ordentliches Grundgerüst für ein neues Nest auf dem Kamin.

Hinter der Gerüsten tut sich viel. Vorne links sieht man, dass inzwischen das Verputzen läuft.
Hinter der Gerüsten tut sich viel. Vorne links sieht man, dass inzwischen das Verputzen läuft. | Bild: Löffler, Ramona

Die Störche müssen wieder umziehen

Trotzdem werden die künftigen Bewohner keine Störche als Nachbarn auf dem Dach haben. Auf SÜDKURIER-Nachfrage erklärt Schmid, eine Rückkehr der Störche sei nicht geplant gewesen. Der Kamin werde künftig wieder als Kamin gebraucht, sodass dort kein Nest sein dürfe. Daher müsse das Nest in Absprache mit den entsprechenden Behörden ein zweites Mal entfernt werden. Das Ersatznest sei nach wie vor auf der Scheune. Wann die Aktion stattfinden wird, steht noch nicht fest.

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