Nun also doch: Auf der Gemarkung von Tengen soll nach Verenafohren bei Wiechs am Randen ein zweiter Windpark entstehen. Das Singener Unternehmen Solarcomplex will laut Geschäftsführer Bene Müller in Kürze den Bauantrag beim Landratsamt Konstanz einreichen und somit ein Verfahren im Rahmen des Bundesemissionsschutzgesetzes in Gang setzen. Am Ende soll die Baugenehmigung stehen.
Auf diese hoffen auch die Gesellschafter der Hegauwind-Gruppe als künftige Betreiber des Windparks. Ihr gehören überwiegend regionale Stadt- und Gemeindewerke sowie andere Energieversorger an.
Im vergangenen Jahr zog Solarcomplex den Bauantrag zurück, nachdem das Landratsamt Konstanz festgestellt hatte, dass bei den ursprünglich geplanten Standorten der Windkraftanlagen ein Milan-Horst mehr zu verzeichnen war, als dies genehmigungsfähig gewesen wäre. „Wir haben nun die Standorte um einige hundert Meter versetzt. Nach der jetzigen Kartierung dürfte es kein Problem mehr mit Milanen geben“, gibt sich Bene Müller zuversichtlich.

Gibt es überhaupt genug Wind?
Die Windkraft-Pläne haben aber auch Gegner, wie die Bürgerinitiative Hegaublick. Die sahen sich bestätigt, als Solarcomplex den Bauantrag zurückgezogen hatte. Der Bau des Windparks wäre ein starker Eingriff in die sensible Naturlandschaft, lautet ein Argument. „Wir lassen uns mal überraschen, wie es weitergeht“, erklärt Siegfried Münzer, der die Bürgerinitiative Hegaublick ins Leben gerufen hat. Er zweifelt stark an, dass Windkraft am Randen die nötige Effizienz und Wirtschaftlichkeit erziele.

„Es gibt bessere Regionen, um Windkraft zu erzeugen, wie die Höhenzüge im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb. Im Hegau sind die Windstärken zu gering“, so Münzer. Er verweist auch auf stark gestiegene Baukosten und Zinsen.
Die Energiewende habe die Politik versäumt. „Statt auf Gas zu setzen, hätten die erneuerbaren Energien unterstützt werden sollen. Aber so, wie es auch Sinn macht. Und in unserer Region sind Solaranlage am effektivsten“, betont Münzer.
Windpark-Bau mit 20 Millionen Euro kalkuliert
Bene Müller macht eine ganz andere Rechnung auf. „Selbst, wenn die Baupreise und die Zinsen steigen, so stehen dem die emporgeschnellten Stromkosten gegenüber“, erklärt er. So seien auch wesentlich höhere Einnahmen aus dem von den Windkraftanlagen produziertem Strom zu erwarten. „Den Ukraine-Krieg und seine Folgen konnte niemand voraussehen. Wir gehen aber davon aus, dass sich die Energie-Preise in den nächsten Jahren auf einem weiterhin hohen Niveau bewegen werden“, sagt Müller. Der Bau des Windparks Brand sei mit 20 Millionen Euro kalkuliert.
Beantragt werden laut Müller drei moderne Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe von 164 Metern und einer Leistung von jeweils 5,7 Megawatt. Der prognostizierte Stromertrag betrage zusammen etwa 30 Millionen Kilowattstunden pro Jahr. Dies entspreche dem privaten Strombedarf von rund 10.000 Haushalten. Mit der Projektierung und Antragstellung habe die Hegauwind-Gruppe wie bereits beim Standort Verenafohren Solarcomplex beauftragt, so Müller.
Bau soll frühestens 2023 beginnen
Der Standort Brand befindet sich auf einem großen kommunalen Grundstück der Stadt Tengen, für welches im Mai 2020 ein Pachtvertrag abgeschlossen worden war. Zuvor gab es einen Dialogprozess in Tengen und den Stadtteilen mit Bürgerentscheid über die Frage, ob die Stadt Tengen das Grundstück zum Zwecke eines Windparks verpachten soll. Dieser endete mit einer Zustimmung von rund zwei Dritteln.
Der Windpark Brand werde zur Bewältigung der aktuellen Energiekrise keinen Beitrag mehr leisten, denn der Bau könne frühestens 2023 beginnen und 2024 den Vollzug finden, betont Bene Müller. „Aber auch dann werden wir über einen weiteren Beitrag zur Umstellung auf erneuerbare Energien noch heilfroh sein“, blickt er voraus. „30 Millionen Kilowattstunden pro Jahr, das ist schon was“, sagt Müller.
Den Bürgermeister freut es
„Die letzten Monate haben uns noch einmal dramatisch vor Augen geführt, dass wir beim Ausbau Erneuerbarer Energien deutlich schneller werden müssen. Das gilt besonders für den Landkreis Konstanz, der zu den Schlusslichtern in Baden-Württemberg zählt“, erklärt Tengens Bürgermeister Marian Schreier in einer Pressemitteilung.

Er freue sich sehr, dass bald der Genehmigungsantrag für einen zweiten Windpark auf Gemarkung der Stadt Tengen gestellt werde. „Damit kommen wir der Umsetzung des Bürgervotums aus dem März 2020 einen Schritt näher“, betont er.