Es war der 9. März, als sich Gudrun und Roland Schindler aus Stetten a.k.M. zum x-ten Mal aufmachten zu einer Reise in das afrikanische Gambia. Bis zum 30. März wollte das Ehepaar dort wieder vielen Diabetikern Beistand leisten, über die Klinik mit Insulin versorgen und sie und ihre Familien im Umgang mit der Krankheit schulen. Doch in Zeiten des Coronavirus überschlugen sich vor Ort die Ereignisse. Inzwischen ist das Ehepaar Schindler wieder in der Heimat gelandet.
Nach Gambia mit zwei Koffern Insulin für über 10 000 Euro
Mit zwei Koffern voller Insulin im Wert von über 10 000 Euro landete das Ehepaar ab Stuttgart über Brüssel am 9. März planmäßig in Gambias Hauptstadt Banjul. Begleitet wurden die beiden Stettener vom Arzt Dr. Christian Schwarzenberg, der in Hechingen eine Schwerpunktpraxis für Diabetes betreibt, und dessen Ehefrau Cornelia.
Keine besonderen Checks an den Flughäfen, trotz Corona
Von Reisebeschränkungen oder besonderen Checks an den Flughäfen in Stuttgart oder Brüssel sei da noch nichts zu spüren gewesen. Roland Schindler erzählt: „Dagegen wurde bei der Einreise in Gambia bereits vorsichtshalber bei allen Fieber gemessen.“ Seine Frau ergänzt: „Und das, obwohl es in Gambia zu dem Zeitpunkt noch keinen einzigen Corona-Infizierten gegeben hat.“

In der ersten Woche Messungen und Schulungen für Erkrankte
In der ersten Woche konnten die Reisenden ihr Hilfsprogramm planmäßig umsetzen, Messungen und Schulungen bei Erkrankten und in der Klinik von Dr. Gaye vornehmen und auch befreundete Familien besuchen. „Doch ab dem 17. März überschlugen sich die Ereignisse“, erzählt Roland Schindler. Da sei der erste Corona-Infizierte in Gambia bestätigt worden. Nach offiziellen Angaben habe eine Gambierin den Virus über England und Marokko ins Land gebracht. „Wir haben uns dann sofort Zurückhaltung auferlegt“, sagt Roland Schindler.

Nach dem ersten Corona-Fall in Gambia arbeitete Roland Schindler noch weiter
Während er selbst – „natürlich unter strengsten Vorsichtsmaßnahmen“ – in den Folgetagen in der Klinik noch Messungen und Schulungen für viele Diabetiker vorgenommen habe, hätten sich seine Frau und ihre Reisebegleiter im Internet permanent auf dem Laufenden gehalten. „So sind wir auch auf das Rückholprogramm der Bundesregierung aufmerksam geworden“, erzählt Gudrun Schindler.

Fluggesellschaft stellte Betrieb ein, Hotel wurde immer leerer
Sofort habe man sich dort registriert, jedoch längere Zeit nichts gehört. „Richtig nervös sind wir aber erst geworden, als unsere Fluggesellschaft Brussels Airlines am 19. März den Flugbetrieb einstellte und sich das Hotel immer mehr leerte.“ Das Hotel habe angekündigt, den Betrieb zum 23. März einzustellen: „Man bot uns an, in ein Appartement zu ziehen, allerdings mit Selbstversorgung.“
Kontakt zur Deutschen Botschaft in Banjul
Über ein Büro der Deutschen Botschaft in Banjul habe man schließlich erfahren, dass die Gruppe offiziell registriert sei, was einerseits beruhigend, andererseits wegen des ungewissen Zeitpunkts auch belastend gewesen sei: „Keiner wusste ja, wann‘s losgeht“, zuckt Roland Schindler mit den Schultern. Zumal mehrere angekündigte Flüge wieder abgesagt worden seien.

Am Sonntagmittag kam die Nachricht: Am Montag geht es heim
Sie hätten vor Ort nichts mehr zu tun gehabt, außer im Internet die Lage zu checken und einen Spaziergang zu machen: „Es hinterlässt ein mulmiges Gefühl, wenn man am Strand entlang geht und keine Menschenseele mehr trifft.“ Schließlich sei am Sonntagmittag, 22. März gegen 14 Uhr via E-Mail die Nachricht gekommen, dass es am Montag endlich in die Heimat gehe. „Wir sollten uns morgens um 3 Uhr am Flughafen einfinden.“ Sie mussten ein im Anhang übersandtes Formular mitbringen, das auszudrucken und auszufüllen war und als Passagierschein diente: „Gott sei Dank kannten wir jemand, der einen funktionierenden Drucker hat.“
Gruppe traf bereits vor Mitternacht am Flughafen ein
Weil man frühzeitig dort sein wollte, trat die Gruppe bereits Sonntagnacht um 23 Uhr die gut halbstündige Fahrt zum Flughafen an. Dort sei man auf ungefähr 30 Leute getroffen, die schon vor dem Gebäude warteten: „In den nächsten Stunden trafen dann schätzungsweise 800 bis 900 Personen ein, davon etliche nicht aus Deutschland.“ Dicht an dicht gedrängt hätten sie auf den Einlass gewartet. Dieser sei anhand von Listen streng kontrolliert worden.
Keine Desinfektionsmittel im Flieger, keine Kontrolle am Flughafen Frankfurt
„Am Montag gegen 9.30 Uhr konnten wir dann endlich die zweite Condor-Maschine besteigen, die nach Frankfurt flog.“ Die Reisenden waren erstaunt, dass es im Flieger „null Desinfektionsmittel“ und dergleichen gegeben habe. Auch bei der Landung in Frankfurt und im Abfertigungsgebäude habe es keinerlei Kontrollen gegeben: „Da muss man sich nicht wundern, wenn sich das Virus weiter ausbreitet.“ Das Ehepaar Schindler ist „unheimlich froh und dankbar, dass wir wieder daheim sind“.
Wenige Stunden nach der Abreise aus Gambia ergeht ein Ausreiseverbot
Denn nur wenige Stunden nach ihrer Abreise sei in Gambia ein Ein- und Ausreiseverbot verhängt worden. Im Moment hat sich das Ehepaar freiwillige Quarantäne verordnet: „Es schmerzt natürlich, dass wir unsere Lieben noch nicht umarmen können.“ Der Schutz gehe jedoch eindeutig vor. Sorgen machen sich die Schindlers um ihre zahlreichen Schützlinge in Gambia, um die sie sich seit vielen Jahren mit viel Engagement kümmern. „Beim dortigen Gesundheitswesen steht zu befürchten, dass wir einige von ihnen bei unserem nächsten Besuch nicht mehr antreffen werden“, sagt Gudrun Schindler mit Tränen in den Augen.
Der Verein
Das Diabetesprojekt The Gambia wurde 2007 gegründet und hat 207 Mitglieder. Der Beitrag beträgt 25 Euro. Über den Verein kann eine Patenschaft für einen Diabetiker übernommen werden.
- Kontakt: Vorsitzender des Vereins ist Roland Schindler, Storzinger Straße 28, 72510 Stetten a.k.M., Telefon 0 75 73/95 81 13, E-Mail schindler@diabetes-projekt-gambia.de
- Spendenkonto bei der Volksbank Albstadt: IBAN DE07 6539 0120 0067 1170 07