SPD-Bundestagskandidat Robin Mesarosch bezeichnet den Schritt als gefährlich
„Es entstehen große Lücken in unserer medizinischen Versorgung“, erklärt der 30-Jährige Robin Mesarosch. So fehlten bereits jetzt Ärztinnen und Ärzte sowie Rettungswägen. Ohne Krankenhäuser in Bad Saulgau und Pfullendorf würden die hiesigen Arztpraxen noch mehr überlastet, dabei bekämen schon heute einige Leute keine Termine mehr. Die wenigen Rettungswägen in der Region müssten zukünftig weite Strecken zurücklegen und wären bei mehreren gleichzeitigen Notfällen überfordert.
Eigentliches Problem wird nur verlagert, kritisiert SPD
„Unsere Gesundheitssystem ist schon lange überlastet“, führt Mesarosch aus: „Es funktioniert nur, weil Pflegekräfte, Hebammen, die Ärzteschaft und viele andere seit Jahren politische Fehlentscheidungen ausbaden und sich für uns kaputt machen.“ Unter der Überlastung litten nicht nur die Beschäftigten in der Gesundheitsbranche, sondern die ganze Gesellschaft. „Natürlich werden die Behandlungen und Heilungschancen schlechter, wenn die Pflege immer weniger Zeit für die Patienten hat und überarbeitet ist“, sagt der SPD-Kandidat. Aus drei Klinikstandorten einen zu machen, helfe zwar kurzfristig, mehr Pflegekräfte an einem Ort zu konzentrieren, aber das eigentliche Problem würde nur verlagert. „Die SRH-Kliniken sind ein schlechter Arbeitgeber für Pflegekräfte“, so Mesarosch: „Die Klinikleitung muss sich verändern oder ihr wird es auch an einem Standort nicht gelingen, das Personal zu halten und neues dazuzugewinnen.“
Geplante Schließung ist rein betriebswirtschaftlich motiviert
Die Entscheidung, zwei Standorte zu schließen, ist für den SPD-Bundestagskandidaten rein betriebswirtschaftlich motiviert. „Die Kliniken in Bad Saulgau und Pfullendorf rechnen sich für die SRH nicht mehr und genau hier liegt das Problem. Krankenhäuser sollten sich nicht rechnen müssen.“ Was der Kandidat der SRH-Leitung deutlich vorwirft: Unehrlichkeit und eine schlechte Kommunikationspolitik.
„Der Kreistag hat sich für die SRH entschieden, weil sie alle drei Standorte erhalten wollte“, so Mesarosch: „In Bad Saulgau haben wir in den letzten Wochen noch für unsere Geburtenstation gekämpft, die bereits geschlossen worden war. In beiden Fällen hat uns die SRH-Leitung getäuscht und teils falsche Hoffnungen geweckt. Das war unehrlich und unanständig.“
FDP-Kreisverband ist bestürzt
In einer Pressemitteilung zeigt ich Florian Lessner, Kreisgeschäftsführer der FDP, bestürzt und mit großer Sorge über die Schließungsabsichten der
Krankenhausstandorte Pfullendorf und Bad Saulgau. Der leider absehbare Vorschlag der SRH, was mit dem Plankrankenhaus und seinen drei Standorten geschehen soll, sei betrüblich. Wirtschaftlich gesehen ist dies nach Ansicht der FDP durchaus nachzuvollziehen und auch konsequent. Die Abschlussberichte der letzten Jahre, die auf der Seite des Bundesanzeigers zu finden sind, verwiesen schon länger auf die Defizite der beiden kleinen Standorte. Dem Unternehmensgrundsatz treu oder gar den Versprechungen die bei dem Einstieg der Stiftung in die Kliniken 2014 gemacht wurden, bleibe SRH dabei leider nicht.
Kreistag hat SRH als Investor geholt
Denn obgleich klar sei, dass ein Erhalt aller drei Standorte mit dem teilweisen Vorhalten doppelter Strukturen nicht immer sinnvoll sei, so wäre sicher mit ein wenig „Mut“ ein anderes tragfähiges Konzept zu realisieren. Aber allein SRH die Schuld an der Misere zu geben wäre wohl übertrieben. Denn die Entscheidung einen Investor in die, bis damals noch kommunal getragenen Kliniken zu holen, habe schließlich der Kreistag getroffen.
SRH hatte versprochen, alle drei Standorte zu erhalten
„Dem Grundsatz des Krankenhausfinanzierungsgesetzes, dass Krankenhäuser unter anderem durch öffentliche Förderung der Investitionskosten wirtschaftlich werden, entzog sich der Landkreis durch die Hinzunahme der SRH als Investor“, heißt es in der FDP-Mitteilung. Die Entscheidung sei damals auf die SRH gefallen, da sie proklamierte, alle drei Standorte zu erhalten und nun müsse die Frage erlaubt sein, ob die Heidelberger Stiftung wirklich noch der richtige Träger ist, um die Gesundheitsversorgung vor Ort zu erhalten.
Kreistagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen meldet sich zu Wort
Bei der SÜDKURIER-Wahlarena im Meßkirch hatte der grüne Bundestagskandidat Johannes Kretschmann bei einer Fragerunde sich der Stimme enthalten, als die Frage gestellt wurde, ob kleinere Krankenhausstandorte erhalten werden sollten. Nun meldet sich die grüne Kreistagsfraktion zur aktuellen Situation zu Wort. Man sei von der Verlegung der Geburtenstation Bad Saulgau nach Sigmaringen überrascht worden, weisen die Grünen daraufhin, dass die jetzige Situation eine Folge kurzsichtiger, problematischer bundespolitischer Entscheidungen der vergangenen beiden Jahrzehnte sei, die das Aus vieler kleinerer Krankenhäuser in die Wege geleitet habe.
Kritik an der aktuellen Krankenhausfinanzierung
Bei der aktuellen Krankenhausfinanzierung, deren gesetzliche Rahmenbedingungen sich in den letzten Jahren zunehmend verschärft haben, wird nach Überzeugung der Grünen der nach wie vor bestehende Mangel an Berücksichtigung der pflegerischen Tätigkeiten und der nicht-technischen Zuwendung zum Patienten deutlich. Es sei allerdings nicht zu leugnen, dass die medizinische Versorgung zunehmend komplexer werde und die Ansprüche der Bevölkerung hinsichtlich einer optimalen Versorgung sich immer weniger an regionalen Gegebenheiten orientierten.
Gesundheits- und Pflegezentren für den ländlichen Raum
So sollen insbesondere notwendige ländliche Krankenhäuser und stationäre Abteilungen wie etwa Kindermedizin oder Notfallversorgung gesichert werden. Gerade in ländlichen und sozial benachteiligten Regionen sollen moderne Gesundheits- und Pflegezentren entstehen, in denen unterschiedliche Gesundheitsberufe zusammenarbeiten. Es seien ernsthafte Anstrengungen zu unternehmen, in Pfullendorf und Bad Saulgau Konzepte und Einrichtungen einer modernen, wohnortnahen, sektorenübergreifenden medizinischen Versorgung zu installieren, die der weiter zunehmenden Ambulantisierung Rechnung tragen.
Landkreis soll Mittel bereitstellen
Das Curacon-Gutachten bescheinigt den Kliniken im Landkreis Sigmaringen eine stabile Bedarfsposition, die es im Sinne der Bürger zu erhalten gilt. Um dies auch in Zukunft zu gewährleisten, dürfe es kein Tabu sein, Mittel des Landkreises in die Zukunftsfähigkeit der medizinischen Versorgung zu investieren. Auch in anderen Feldern sei der Landkreis bereit,
freiwillige Beiträge zu leisten, zum Beispiel bei der Planung B 311/313 neu oder der Elektrifizierung der Zollernbahn. Die Fraktion der Grünen im Kreistag unterstützt die Forderung nach einem zweiten Gutachten durch eine unabhängige Institution, um die Ergebnisse des von Curacon vorgestellten Konzeptes zu prüfen und zu ergänzen. „Mit Blick auf die durch die aktuellen Entwicklungen zu Recht verunsicherten Mitarbeitern der Kreiskliniken fordern wir Klarheit und Transparenz und setzen uns für eine rasche, zukunftsfähige Entscheidung ein.“
Veranstaltung wird live im Internet übertrage
Bei einer Informationsveranstaltung am Freitag, 24. September, 19 Uhr, in der Göge-Halle in Hohentengen, werden die SRH-Verantwortlichen sowie Vertreter der Gesellschafter das Konzept und die aktuelle Situation vorstellen. Die Veranstaltung kann auch auch online unter http://www.kliniken-sigmaringen.de als Live-Stream mitverfolgt werden.