Das Traditionsgasthaus „Zur Traube“ gehört seit Jahrhunderten zum festen Dorfbild von Kreenheinstetten. Erbaut 1598, ist es das Geburtshaus des berühmten Hofpredigers Abraham a Santa Clara, der dem Kaiserhof in Wien angehörte und steht unter Denkmalschutz.
Evelyn und Mathias Utz haben die Gaststätte zu Jahresbeginn übernommen und haben weitreichende Pläne. Der 41-Jährige ist im Hauptberuf Lehrer, seine Frau Evelyn (40 Jahre) Erzieherin in Elternzeit für die drei Kinder (elf, vier und zwei Jahre). Das Gebäude ist das Elternhaus von Mathias Utz, das ist ein Grund dafür, warum der Familie die Umsetzung des Gastronomiekonzeptes so am Herzen liegt, erzählen sie.
Für dieses Konzept wurde Evelyn und Mathias Utz eine hohe Fördersumme aus dem Leader-Programm, einem Förderinstrument der Europäischen Union für Projekte, die den ländlichen Raum stärken, in Aussicht gestellt.

Um diesen Zuschuss in Anspruch nehmen zu können, muss die Baufreigabe bis Ende Juni erfolgen, berichtet Mathias Utz dem SÜDKURIER. Sie selbst wollen 750 000 Euro investieren. Im rechten Gebäudeteil befindet sich die historische Gaststätte (Abrahamstube). Hier plant das Paar den Umbau des Thekenbereiches und einen Neubau der Gastronomieküche mit kurzen Wegen zu Theke und Gastraum.
Deckenhöhe beträgt im alten Teil nur 2,16 Meter
Aktuell befindet sich die Gastronomieküche im Anbau aus den 80er Jahren im linken Gebäudeteil. Und in diesem Vorhaben liegt der Knackpunkt. Der Bauantrag wurde abgelehnt, weil die Deckenhöhe im alten Gebäudeteil dort, wo die neue Küche eingebaut werden soll, nur 2,16 Meter beträgt.

Zu wenig, vom Arbeitsstättenrecht werden 2,50 Meter Deckenhöhe gefordert (siehe Informationen unten). Ein professionelles Belüftungssystem für 25 000 Euro würde in die vorhandene Decke integriert und nur etwa fünf Zentimeter nach unten ragen, zeigt Mathias Utz auf.
Küche am bisherigen Platz lassen für Betreiber keine Option
Die 40 Jahre alte Gastronomieküche, die für den weiteren Gasthausbetrieb sowieso ertüchtigt werden müsse, am bisherigen Platz zu lassen, ist für die Nebenerwerbsgastronomen keine Option, da sie an zwei Wände der dort geplanten Mietwohnungen im Erdgeschoss grenzt. „Oft ist in der Küche freitags bis 22 Uhr oder sonntags bereits ab 8.30 Uhr Betrieb. Das wäre sehr störend für die Mieter“, erläutert Mathias Utz.

Im linken Gebäudeteil sollen bisherige Küche und Nebenraum zu zwei barrierefreien Mietwohnungen im Erdgeschoss umgebaut werden, die feste Einnahmen generieren und die Basis für die Wirtschaftlichkeit des Projektes darstellen.
Dorfladen im Nebengebäude geplant
Die bisherigen vier Fremdenzimmer im Dachgeschoss sollen zu drei Ferienwohnungen umgebaut werden. Ferner soll in der alten „Sausteige“, einem landwirtschaftlichen Nebengebäude der Gaststätte, ein Dorfladen entstehen mit Grundnahrungsmitteln, Brötchenbestellservice und Automaten, die mit regionalen Produkten bestückt werden.
Aus für Gastronomie Ende des Jahres?
Sollte die Küche nicht im alten Gebäudeteil gebaut werden können, fallen Gastronomie und Dorfladen zum Jahresende weg und Evelyn und Mathias Utz drehen den Schlüssel der Traditionsgaststätte herum. „Wir brauchen die Gastronomie und den Dorfladen nicht, aber das Dorf und die Region brauchen sie“, sagt er.
Mathias Utz will Hoffnung noch nicht aufgeben
Das Donautal ist als Ferienregion sehr beliebt. Die Touristen müssen jedoch auch beherbergt und verköstigt werden können, argumentiert er. Ferner sei die „Traube“ auch ein Treffpunkt, Ort für Familienfeiern, eine kulturelle Gegebenheit, die bislang selbstverständlich sei. Mathias Utz ist geknickt. Gerne seien die Behörden zu einem Vororttermin eingeladen, betont er. Auch bei Landrätin Stefanie Bürkle hat der Nebenerwerbsgastronom bereits um Unterstützung gebeten.
Umplanung ist erforderlich: Stefan Grauer, Leiter des Fachbereichs Baurecht im Landratsamt Sigmaringen, erläutert die Hintergründe zum Fall
- Am 5. Dezember 2019 ging der Bauantrag zum Umbau des denkmalgeschützten Gasthauses im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren ein, teilt Stefan Grauer mit. Im Bauantrag wurde ein Neueinbau einer Küche im älteren Teil des Gebäudes beantragt, wo die lichte Raumhöhe nur 2,16 Meter beträgt. Bisher befand sich die Küche in einem Raum mit drei Metern lichter Höhe.
- Mit einem Schreiben vom 15. Januar habe man den Bauherren mitgeteilt, dass das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren nicht zulässig sei. Das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren sehe nur ein reduziertes Prüfungsprogramm für die Baurechtsbehörde vor und führe daher zu kürzeren Bearbeitungszeiten, erläutert er. Dieses sei schwerpunktmäßig für Wohngebäude vorgesehen. Gaststätten seien grundsätzlich vom Anwendungsbereich des vereinfachten Baugenehmigungsverfahrens ausgenommen.
- Die Bauherren seien auch darauf hingewiesen worden, dass bei der Wiedereinreichung weitere Unterlagen vorzulegen seien. Daraufhin sei der Bauantrag zurückgenommen worden.
- Am 11. Februar ging der Bauantrag laut Stefan Grauer erneut ein. „Es wurde das traditionelle Baugenehmigungsverfahren gewählt.“ Am 26. Februar startete die Fachbehördenanhörung. „Da die Bauherren beabsichtigen, die Gaststätte als Arbeitsstätte zu nutzen, wurde unter anderem der Fachbereich Umwelt und Arbeitsschutz angehört“, informiert Stefan Grauer.
- Dieser habe am 3. April mitgeteilt, dass er dem Bauvorhaben nicht zustimmen könne. In der geplanten Küche besteht eine lichte Deckenhöhe von 2,16 Meter. Gemäß Arbeitsstättenrecht sei jedoch eine Mindesthöhe für Arbeitsräume von 2,50 Meter erforderlich.
- Die Bauherren seien mit Schreiben vom 9. April darüber informiert worden, dass dem Baugesuch in der vorliegenden Form nicht zugestimmt werden könne. „Wir empfahlen eine Umplanung, da es im Erdgeschoss andere Räume mit der erforderlichen Raumhöhe gibt. Sollten die Bauherren nicht umplanen und auf der eingereichten Konzeption bestehen, müssten wir den Bauantrag in letzter Konsequenz leider ablehnen.“