Viele Hände packen auf der Klosterbaustelle mit an. Neben Festangestellten und Ehrenamtlichen, Handwerkern auf der Walz und Praktikanten verbringen auch verschiedene Berufsschulklassen im Lauf des Jahres jeweils eine Woche auf dem Campus Galli. Metallbauer aus Rüsselsheim, Zimmerer aus Neuwied oder Architekturstudenten der Uni Karlsruhe. Zuletzt waren es 18 junge Männer und eine Frau von der Kerschensteinerschule aus Reutlingen, sie alle sind Zimmerer im zweiten Lehrjahr. Eine Woche lang tauchten sie freiwillig in eine andere Welt ein: Bauen wie vor 1200 Jahren.

Die Arbeit eines Zimmermanns im 21. Jahrhundert ist weit entfernt von dem traditionellen Holzhandwerk. Mit einer Axt, Säge oder einem Stechbeitel haben es die Azubis in ihrem hochtechnisierten Alltag kaum mehr zu tun. Balken kommen präzise gesägt aus dem Werk, da ist nichts krumm und schief. Abbundmaschinen, Kreissägen, Fräsen, Druckluftnagler – so was gab es natürlich nicht im Mittelalter. Um so mehr Respekt zollten die jungen Leute dem Können der Handwerker dieser Zeit und hatten Spaß am Wiederentdecken der alten Techniken. Campus Galli-Geschäftsführer Hannes Napierala stellt fest: „Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen ist etwas ganz Entscheidendes, aus diesem Grund wird auch der Lehmbau wieder interessant.“ Napierala freut sich über das große Interesse von Berufsschulen und anderen Gruppen an ehrenamtlicher Mitarbeit. Über mangelnde Nachfrage kann er sich nicht beschweren. Im Gegenteil. Buchungen sind in dieser Saison so gut wie nicht mehr möglich. Es gibt nur noch wenige Plätze im Oktober.

Markus Nassal ist wissenschaftlicher Lehrer an der Kerschensteinerschule. Er geht ganz darin auf, den jungen Leuten den historischen Holzbau näher zu bringen. „Wir haben 2018 zum ersten Mal auf Campus Galli mitgearbeitet und kommen – außer während Corona – seither jedes Jahr“, erzählt er. Zusammen mit Philipp Züfle und dem festangestellten Zimmermann Aurel von Schroeder ist Nassal am Abbundplatz damit beschäftigt, Wände für eine Badstube herzustellen. „Es ist sehr reizvoll, mit dem Rohmaterial so zu arbeiten“, findet Züfle. Im Nebengebäude des Abtshofes arbeiten Johannes und Noah Hand in Hand. Aus Bohlen bauen sie einen Boden respektive die Decke. „Das ist wirkliche Handarbeit“, sagen die beiden. Damit es passt, müssen sie die dicken Bretter noch behauen.

Bei allem Spaß: Der Aufenthalt auf der Klosterbaustelle ist ernsthafte Arbeit und keine Tändelei. „Es steht nicht im Vordergrund, möglichst schnell etwas wegzuschaffen, weil es wirtschaftlicher ist. Hier geht es darum, das ganze Projekt voranzubringen“, so Gabriel Brodbeck. Mit dem Stemmeisen verwandelt der 20-Jährige kleine, gespaltene Fichtenholzstücke in Nägel. Diese werden für die Schindeln gebraucht. „Es gibt ja bei uns für alles Geräte, aber hier kommt es auf handwerkliches Geschick an. Er und sein Kollege Nils, der schon zwei Mal mit der Familie auf Campus Galli war, finden die Arbeit spannend und entschleunigend. Sie haben zwischendurch mal in ein anderes Gewerk geschnuppert und unter Anleitung von Till Troschke mit Natursteinen gemauert. Der Maurergeselle aus Pforzheim hat im Juni 2023 angeheuert und die Meßkircher Mittelalterbaustelle hat ihn seither nicht losgelassen.
Ohne Handy geht‘s auch
Die Berufsschüler aus Reutlingen haben eine Woche – inklusive Sonntag – am Langzeitprojekt mitgewirkt. Der Ausflug ins Frühmittelalter wird ihnen auch aus einem anderen Grund im Gedächtnis bleiben. „Wir haben aufs Handy verzichtet. Das war richtig cool“, sagt der 19 Jahre alte Nils. Die Gemeinschaft in der Gruppe habe dazu beigetragen, dass er den „Zeitfresser“ gar nicht vermisste. Hinzu kommt: Die Gruppe ist jeden Tag 16 Kilometer zu Fuß gelaufen. Die Azubis haben in Thalheim auf dem Campingplatz gezeltet und sich dort selbst versorgt. Campus Galli-Gästeführerin Theresia Löchel-Gittel ist der Meinung: „Von allen Klassen gehören sie zu den härtesten, diese Strecke jeden Tag zu laufen, ist eine große Leistung.“