Meßkirch Kaum hat Hannes Napierala zu Ende gesprochen und die SÜDKURIER-Leser verabschiedet, öffnet sich der Himmel. Dass die Wetterlage und die Temperaturen im Campus Galli eine besonders wichtige Rolle spielen, hat der Geschäftsführer des Vereins Karolingische Klosterstadt erst kurz vorher erläutert: „Wenn es fünf Grad zu kalt ist, kommen die Leute nicht. Und wenn es fünf Grad zu warm ist, auch nicht.“

Seine Eltern schickten ihm Zeitungsartikel

Seit elf Jahren leitet Hannes Napierala das Museum als Direktor. Der Archäologe hat enge Verbindungen zu Meßkirch: „Ich habe hier mein Abitur abgelegt. Nachdem ich vom Studium zurückgekehrt bin, haben mir meine Eltern Zeitungsartikel zum Campus Galli geschickt und gefragt, ob das nicht was für mich wäre.“

Also bewarb er sich kurzerhand auf die Stelle – und bekam sie. Heute führt er zwei Familien exklusiv über die Anlage, die im Rahmen der SÜDKURIER-Sommeraktion gewonnen haben. Bevor die Teilnehmer jedoch so richtig eintauchen in die Zeit des Mittelalters, erzählt Napierala erst einmal ein wenig zur Entstehung und aktuellen Herausforderungen in der Meßkircher Touristenattraktion.

Hannes Napierala (l.) erklärt der Gruppe die Baupläne der mittelalterlichen Klosterstadt.
Hannes Napierala (l.) erklärt der Gruppe die Baupläne der mittelalterlichen Klosterstadt. | Bild: Tobias Weißert

„Wir mussten das Image herumreißen“

„Am Anfang lief es schleppend“, erinnert sich der gebürtige Schwabe, der seine Kindheit als Sohn von Diplomaten in Arabien verbrachte. „Wir mussten das negative Image herumreißen und die Leute für das Projekt begeistern.“ 2019 erreichten die Besucherzahlen schließlich ihren Höchststand: 92.000 Menschen besichtigten im Vor-Corona-Jahr den Campus Galli.

Heute gehört die Klosterstadt zu den größten Freilichtmuseen in Baden-Württemberg. An die Anfänge erinnert sich Napierala noch genau: „Damals merkte man, dass das Leben in der Meßkircher Innenstadt immer weniger wurde. Die Leerstände der Geschäfte erreichten das Ausmaß einer Geisterstadt.“ Somit setzte man die Idee des Aacheners Bert Geurten um, ein mittelalterliches Kloster zu bauen.

Erste Station: die Scheune.
Erste Station: die Scheune. | Bild: Tobias Weißert

Moderne Elemente werden sichtbar gemacht

„Damals machte man sich gar keine Gedanken um mögliche Probleme oder Hindernisse. Man findet Schritt für Schritt Lösungen“, sagt Napierala. Inzwischen ist die Gruppe an der ersten Station, der Scheune, angekommen. Hier wird das konkret deutlich, wie der Leiter aufzeigt: „Wir durften wegen der Erdbebengefahr hier nicht nur Holzschrauben verbauen.“

Dennoch habe man sich dagegen entschieden, moderne Elemente wie ebensolche Schrauben zu verstecken. „Moderne Dinge soll man sehen können“, sagt Napierala. Für das 30 Zentimeter dicke, wasserdichte Dach brauchten er und seine Mitstreiter genügend Material. „Früher hat die Dorfgemeinschaft die Roggenernte in ein paar Tagen gemacht. Für die 4,5 Hektar, die wir benötigt haben, hätten wir sieben oder acht Monate gebraucht.“ Also rückten Liebhaber in Überlingen mit altem Gerät an.

Ins Heu hüpfen ist gestern wie heute ein Highlight für die Kleinsten.
Ins Heu hüpfen ist gestern wie heute ein Highlight für die Kleinsten. | Bild: Tobias Weißert

Schon damals kannten die Mönche Koriander

Nachdem sich die Kinder glücklich ins Heu haben fallen lassen, folgt die nächste Station: der Gemüsegarten. Wie damals pflanzen die Mitarbeiter hier vor allem Zwiebelgewächse und Kohlsorten an. „Man hatte auch damals schon Gewürze im Garten, die man heute eher als orientalisch betiteln würde“, weiß Napierala. Darunter etwa Koriander.

Wie im Mittelalter: im Gemüsegarten werden vor allem Zwiebelgewächse und Kohlsorten angepflanzt.
Wie im Mittelalter: im Gemüsegarten werden vor allem Zwiebelgewächse und Kohlsorten angepflanzt. | Bild: Tobias Weißert

Vorbei an den Korbmacherinnen geht es zur Schmiede. Hier werden vor allem Meisel für die Steinmetze hergestellt und nach Benutzung auch wieder gespitzt. „Das sind richtig tolle Einblicke und Informationen, die man sonst nicht bekommt“, freut sich Claudia Bücheler, die den Campus Galli bereits besucht hat.

Die Jüngsten sind vor allem von der Schmiede begeistert

Für Tanyel und Ilyas Can, die mit ihren Nachbarn Winfried und Veronika Treubel zur Führung gekommen sind, ist die Schmiede das größte Highlight: „Das ist richtig cool. Die machen immer andere Sachen.“ Die Beiden waren schon vier oder fünf Mal im Campus Galli. „Es wäre cool, später selbst mal etwas mit den Händen zu arbeiten.“

Inzwischen ist die Gruppe an der Zisterne angekommen. „Sie wurde mit Lehm aufgemauert. Unser Ziel ist es, sie mithilfe der Feuerwehr vollzumachen“, berichtet Hannes Napierala. An dieser Stelle erklärt sich auch, warum die Stadt damals dieses Gebiet ausgewiesen hat: „Der Bereich ist voll mit Steinen und die Bäume haben kein Wasserreservoir. Das sind schlechte Voraussetzungen für Landwirtschaft.“

Die Zisterne wurde mit Lehm aufgemauert und soll mit Wasser gefüllt werden.
Die Zisterne wurde mit Lehm aufgemauert und soll mit Wasser gefüllt werden. | Bild: Tobias Weißert

Lehrlinge arbeiten wochenweise mit

Anhand des Abthauses, das die Küche, das Cellarium (den Lagerraum) sowie das Balnearium (den Baderaum) beherbergt, verdeutlicht der Museumsdirektor erneut, welche Herausforderungen die Moderne für solch ein Projekt birgt: „Für die Gerüste brauchten wir eine Sondergenehmigung. Klar ist aber auch: Wenn Fangnetze oder Helme gebraucht werden, schieben wir das Mittelalter beiseite.“

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Das Projekt sei auch für Lehrlinge interessant: „Viele reparieren nur noch, statt neu zu bauen. Deshalb kommen viele Berufsschulen für eine Woche hierher. Teilweise sogar aus Frankreich.“ Handwerker auf der Walz helfen ebenfalls mit. Insgesamt sind 40 Mitarbeiter und 40 Gästeführer beim Campus Galli beschäftigt.

„Toll, dass der SÜDKURIER eine so exklusive Führung ermöglicht hat“

Anneliese Bücheler ist begeistert: „Ich finde es spannend, dass aus aller Welt Menschen kommen, um hier mitzuhelfen.“ Und tatsächlich: Aus Brasilien, Asien, den USA oder England waren bereits Helfer in Meßkirch. Schon seit über 50 Jahren ist Bücheler treue SÜDKURIER-Leserin – umso mehr freut sie sich, dass sie gewonnen hat und ihren Nachbarskindern eine Freude machen konnte: „Toll, dass der SÜDKURIER uns so eine exklusive Führung ermöglicht hat.“

Auch Jens Müller ist angetan: „Vor allem den Handwerkern bei der Arbeit zuzusehen, ist interessant.“ Claudia Bücheler auch Aach-Linz kennt sogar eine Zimmerin. „Es ist schade, dass man so selten hergeht. Man entdeckt immer etwas Neues. Die Leute sind so nahbar. Und die Führung hat dazu nochmal ganz andere Einblicke gegeben.