Im Juni vor zehn Jahren waren zum ersten Mal Besucher auf dem Gelände, auf dem noch nicht viel zu sehen war, außer ein paar Zelten, in denen mit Musik und Ansprachen der Startschuss zu einem einzigartigen Projekt gegeben wurde.
Bauen mit altem Werkzeug und alten Materialien
Auf dem Campus Galli sollte eine Klosterstadt nach dem zwar berühmten, aber bauzeichnerisch eher dürftigen St. Galler Klosterplan aus dem neunten Jahrhundert entstehen – mit Materialien und Werkzeugen jener Zeit. Das schwierige Unterfangen hatte etliche Hürden zu überwinden, bevor es losgehen konnte. Erschwerend kam hinzu, dass aus der Zeit der Karolinger wenig Dokumentarisches über Leben und Arbeiten erhalten ist. Mit der Folge, dass die Campus-Galli-Crew, fachlich unterstützt von einem wissenschaftlichen Beirat, vieles erst experimentell erarbeiten musste. Beispielsweise die Verhüttung von Eisenerz, der Guss einer Bronzeglocke oder die Zusammensetzung des Mörtels, mit dem aktuell der steinerne Bereich des künftigen Abthofes gebaut wird.
Besucher durften viel ausprobieren
Anlässlich des zehnjährigen Bestehens konnten sich Besucher am Sonntag von den erstaunlichen Fortschritten überzeugen, die das Team unter Geschäftsführer Hannes Napierala bewerkstelligt hat. Dazu durften die Gäste in einigen Werkstätten unter Anleitung mitarbeiten oder etwas ausprobieren, was gerne genutzt wurde. Einen Baumstamm mithilfe eines Zieheisens entrinden, mit einer Trumm- oder Zweimannsäge einen Baumstamm zerteilen, Schindeln machen oder ein Stück Holz an der Wippdrechsel runden oder Sandstein bearbeiten – all das war spannend und lehrreich zugleich.
Campus Galli bietet viele Überraschungen
„Mit ein bisschen Übung klappt das ganz gut“, meinte Martin Müller, der aus Schramberg/Schwarzwald angereist war. „Ich verfolge dieses Projekt schon seit Jahren und komme gerne hierher und bin jedes Mal überrascht über das neu Entstandene.“ Auch Beatrix und Wolfgang Leypold aus Immenstaad, ebenfalls treue Besucher (“einmal im Jahr muss sein“) sehen das ähnlich.

Chorgesang aus dem Mittelalter
Ein besonderes Glanzlicht bot an diesem Aktionstag die Gesangsgruppe Ordo Virtutum, ein Spezialensemble für Musik des Mittelalters. Die fünfköpfige Gruppe unter Leitung von Stefan Morent gab in der Holzkirche des Campus Galli drei Mal ein je 20-minütiges Konzert mit gregorianischen Gesängen. Obwohl für diese Kurzkonzerte zusätzliches Eintrittsgeld erhoben worden ist und die Gästezahl aufgrund der Kirchengröße beschränkt werden musste, erfreute sich dieses musikalische Bonbon größter Nachfrage. Nicht nur für das Publikum, auch für die Sänger war ein solches Konzert in einer Holzkirche ein Novum. Das machte auch Stefan Morent deutlich, der gewohnt ist, mit seinem Chor in steinernen Gotteshäusern zu singen. „Wir sind auch gespannt, wie die Akustik hier in diesem besonderen Umfeld ist“, sagte er zu Beginn. Natürlich konnte die Akustik der kleinen Holzkirche nicht mit ihren großen Schwestern aus Stein mithalten, aber was machte das schon.
Museen präsentieren sich der Öffentlichkeit
Sozusagen als Gratulationsgabe gab es weitere Sehenswürdigkeiten und Attraktionen. So waren mit dabei das Federseemuseum, das Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck, das urgeschichtliche Museum Blaubeuren, das Keltenmuseum Heuneburg, das Hohenzollernschloss Sigmaringen, das badische Landesmuseum Karlsruhe und das archäologisches Landesmuseum Konstanz. Es wurde deutlich, was es in der Region alles zu entdecken gibt. So liegen zwischen den Mammutjägern in den Höhlen der Alb und dem fürstlichen Leben im Hohenzollernschloss Zehntausende von Jahren aber nur wenige Kilometer und sind immer einen Besuch wert. Über den Campus Galli verteilt, boten die Museen Informationen und Aktionen zum Mitmachen an, worüber sich insbesondere die Kinder freuten: Steinzeitlichen Schmuck basteln, eine römische Gladiatoren-Rüstung anprobieren oder ausprobieren, was die Schönheitspflege vor 200 Jahren zu bieten hatte.