Mit mehrjährigen Freiheitsstrafen auf Bewährung und Geldstrafen ahndete das Schöffengericht des Amtsgerichts Sigmaringen unter der Vorsitzenden Richterin Kristina Selig das betrügerische Handeln von vier Personen, die sich an einer Meßkircher Firma des Metallhandwerks bereicherten. Demnach sollen die vier Angeklagten Metall und Schrott veruntreut und fingierte Rechnungen ausgestellt haben. Die dubiosen Vorfälle in dem Meßkircher Betrieb gehen auf die Jahre 2013 bis 2016 zurück, war vor Gericht zu erfahren. Die Firma hatte Ende 2017 Insolvenz angemeldet.

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Der Urteilsspruch des Gerichts orientierte sich weitgehend an dem von Staatsanwältin Andrea Keller geforderte Strafmaß. In ihrem Plädoyer dröselte sie aufschlussreich das komplizierte Beziehungsgeflecht und die Machenschaften des untereinander verbandelten Quartetts auf und schloss in ihrem Fazit auf eine bandenmäßige Organisierung.

Ehemaliger Prokurist Hauptangeklagter

Hauptangeklagter war ein langjährig in der Firma beschäftigter 57-jähriger Prokurist. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist. Zudem wurden ihm 120 gemeinnützig zu leistende Arbeitsstunden auferlegt. In Alleinregie war der Prokurist im Betrieb für den Mobilfunksektor und für die Aussortierung von Schrottmaterialien zuständig. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er diese zur Seite geschafft und gewinnfixiert veräußert hat. Die mit ihm eng vertrauten Partner hätten willfährig zur Verschleierung seines unlauteren Geschäftsgebarens beigetragen. Was ein Steuerfahnder des Finanzamts Sigmaringen im Zeugenstand nach eigenen Erkenntnissen untermauerte. Etliche Auszüge von beschlagnahmten Rechnungen verlas die Richterin, sie waren stets unpräzise im sich ähnelnden Kontext gehalten. Weitere Aufschlüsse ließen sich aus den Kontobewegungen der Beteiligten gewinnen.

Verteidiger weist Untreuevorwurf zurück

Dem Hauptangeklagten half es auch nicht, dass sein Verteidiger Nico Glöckle rigoros darauf beharrte, dass dessen Schrottgeschäfte nicht den Tatbestand der Untreue erfüllen würden. Seinen Mandanten hob Glöckle sogar in den Stand eines „David“, der tapfer gegen „Goliath“, gemeint ist der Firmenchef, gekämpft hätte. Dieser hätte sein Firmenvermögen selber verschleudert, hielt ihm der Prokurist in einer persönlichen Erklärung während der Verhandlung vor.

Eine Art Selbstbedienungsladen

Das wahre Ansinnen des Prokuristen brachte indes Rechtsanwalt Alfred Nübling auf einen anderen Nenner: „Der Hauptangeklagte dachte sich wohl, ein Zubrot wäre angenehm, dabei hatte er eine Art Selbstbedienungsladen vor sich!“ Nübling vertrat als Verteidiger einen 52-jährigen Schrotthändler aus einer kleinen Kreisgemeinde, der wegen Beihilfe zur Untreue auf der Anklagebank saß. Sein Mandant hätte lediglich als „Finanzagent“ im Zwischenhandel agiert, gab er vor Gericht zu Protokoll. Gegen ihn verhängte das Gericht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten mit vierjähriger Bewährungsfrist. Der 52-Jährige ist einschlägig vorbestraft, saß wegen gewerbsmäßiger Hehlerei bereits im Gefängnis und er hat einen privat stattlich angehäuften Schuldenberg von über 400 000 Euro abzutragen.

Ehefrau half bei der Aufklärung

Dessen Ehefrau, 44 Jahre alt, seit 2007 in Deutschland lebend, kam mit einer Geldstrafe von insgesamt 4500 Euro am glimpflichsten davon. Sie diente, wie ihr Verteidiger Mihael Milosevic herausstrich, als „klassische Strohfrau – das kleinste Licht auf der Anklagebank“. Mit ihrem freimütigen Geständnis hätte sie „erhebliche Aufklärungshilfe“ geleistet, aufgrund ihrer dezidierten Aussagen gegenüber Polizei und Steuerfahndung seien die verschleierten Geschäfte des Prokuristen erst offenbar geworden. Sie sprang ihrem Mann zur Seite, als dieser wegen seines Vorstrafenregisters keine Geschäfte mehr führen durfte. Von ihr waren etwa die Hälfte aller fingierten, vom Prokuristen diktierten Rechnungen unterzeichnet. Sie diente als Bankbotin, hob eingegangene Zahlungen in fast gleicher Höhe ab und überbrachte dem Prokuristen das Geld in bar nach Abzug der vereinbarten Provisionen zwischen 200 und 2000 Euro. Die Gelder hätte das Ehepaar vornehmlich zur Hausrenovierung verwendet, das sich im Besitz des Prokuristen befand. Offen blieb an den beiden Prozesstagen, wieso der Geschäftsinhaber die Vorgänge in seinem Betrieb nicht mitbekam.

Material zu äußerst günstigen Konditionen bezogen

Das reichlich profitable Geschäft kam auch einem 78-jährigem Spezialisten im Bauwesen aus Rastatt zupass. Dieser hatte über den Prokuristen sowie über den Zwischenhändler sein Material, darunter hochwertiges Metall, zu äußerst günstigen Konditionen erworben. Der 78-Jährige beschäftigte den Prokuristen zeitgleich auf 450-Euro-Basis, der ihm wiederum mit Plänen, Skizzen und Bedarfsmateriallisten bestens versorgte. Das Schöffengericht bürdete dem alten Herrn in Berücksichtigung seiner angeschlagenen Gesundheit eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten mit dreijähriger Bewährungsfrist auf. Zudem muss er insgesamt 18 000 Euro Strafe für gemeinnützige Organisationen berappen.

Wertersatz soll eingezogen werden

Daneben stellte das Schöffengericht bei den dunklen Geschäften einen Tatbeitrag in Höhe von 202 000 Euro fest. Dieser soll, so die Anordnung, als Wertersatz bei den beiden Hauptprotagonisten eingezogen werden.