Sandra Häusler

Der lang gehegte Traum von einem eigenen Hofladen erfüllt sich für Desiree Ramsperger aus Rohrdorf in dieser Woche. Ihr Mann Benjamin und sie bewirtschaften als Familienbetrieb den Biohof Ramsperger. „Wir sind ein richtiger Familienbetrieb. Wenn es Arbeit gibt, sind alle da. Wir können auf unsere Familienmitglieder zählen“, berichten sie stolz. Im Juli hatte Benjamin Ramsperger den Hof von seinen Eltern Edwin und Renate Ramsperger übernommen. Bereits vor 25 Jahren hatten diese den Hof auf eine Bewirtschaftung nach Bioland-Richtlinien umgestellt. „Wir wollten keine Chemie auf dem Acker mehr und mit der Natur arbeiten“, so Edwin Ramsperger. Das erforderte viel Experimentieren, erinnert er sich.

Dank eines 80-Prozent-Zuschusses aus dem Leader-Kleinprojekteprogramm bauten Benjamin und Desiree Ramsperger ab Mai dieses Jahres die ehemalige Werkstatt und Futterküche der Hofstelle zu einem 15 Quadratmeter großen Hofladen mit angeschlossener Produktionsküche um. In „Desi‘s Hoflädele“ bietet die Familie dort Kartoffeln aus eigenem Anbau, eigenen Honig, Eier, Apfelsaft von den eigenen Streuobstwiesen, Öle der Ölfreunde Thiergarten, Mehl und Nudeln der Spießmühle aus Dietershofen an. „Der Hofladen ist ein Traum, der sich jetzt erfüllt, trotz des Wissens, dass er viel Arbeit mit sich bringt“, unterstreicht die 28-jährige dreifache Mutter.

Frank lobt gelungene Baumaßnahme

Bei einem Vor-Ort-Termin lobte Emanuel Frank, Geschäftsführer der Leader-Aktionsgruppe Oberschwaben die gelungene Baumaßnahme: „Als Leader-Aktionsgruppe haben wir sehr gerne diese Struktur und Frau Ramsperger unterstützt, damit sie regional und naturnah erzeugte Lebensmittel den Menschen hier vor Ort anbieten kann.“ Und auch die Rohrdorferin Iris Mariani möchte das Hoflädele künftig nutzen: „Endlich haben wir einen Laden in Rohrdorf.“ Egon Stehmer, Ortsvorsteher von Rohrdorf betonte: „Ich bin immer begeistert, wenn im Dorf etwas läuft. Wenn jemand nicht nur schwätzt, sondern etwas tut.“

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In der angeschlossenen Produktionsküche wurde eine Kühlzelle für die Direktvermarktung von eigenem Bio-Rindfleisch eingebaut.
In der angeschlossenen Produktionsküche wurde eine Kühlzelle für die Direktvermarktung von eigenem Bio-Rindfleisch eingebaut. | Bild: Sandra Häusler

Mit ihrem „Hoflädele“ möchte Desiree Ramsperger „klein anfangen“. Die angeschlossene Produktionsküche hält weitere Optionen offen. Vor vier Jahren bauten sie einen Offenkaltstall am Rohrdorfer Ortsrand und erweiterten den Bestand von vier Kühen auf der Hofstelle auf 30 Mutterkühe mit Nachzucht auf insgesamt 80 Stück Vieh. Im Sommer beweiden die Tiere im Zuge der Landschaftspflege städtische Flächen. Diese Flächen mit Blühstreifen, Blumenwiese, Lerchenacker, Hecken und Obstbäume unterliegen einem Monitoring durch Planstatt Senner. Die Stadt Meßkirch erhält dadurch Ökopunkte.

Rindfleisch wird direkt vermarktet

Die Bullen werden als Rindfleischpaket direkt vermarktet. Wenn genug Bestellungen für ein Bio-Rind zusammen sind, wird ein Tier geschlachtet. Das hochwertige Bio-Rindfleisch findet Abnehmer bis nach Freiburg. „Wir legen Wert auf Qualität, unseren Tieren geht es gut und sie sind handzahm“, unterstreicht Benjamin Ramsperger. Als nächstes Projekt ist ein Hühnermobil für das kommende Jahr bestellt. Schon immer hatte der heute 30-jährige Benjamin Ramsperger seinen Lebenstraum als Landwirt gehegt und gegen den Rat der Eltern eine landwirtschaftliche Ausbildung abgeschlossen. Mit 21 Jahren machte er sich als Lohnunternehmer mit zwei Rundballenpressen selbstständig. Der 30-Jährige arbeitet Vollzeit bei einem Fuhr-und Baggerbetrieb und betreibt den Hof im Nebenerwerb. Allein von der Landwirtschaft könne man nicht leben, bedauert er.

Familie enger zusammengeschweißt

Die Tiere aus der Mutterkuhhaltung sind handzahm. v.l. Benjamin, Linus und Nora sitzen auf dem jungen Rind namens Bärle.
Die Tiere aus der Mutterkuhhaltung sind handzahm. v.l. Benjamin, Linus und Nora sitzen auf dem jungen Rind namens Bärle. | Bild: Desiree Ramsperger

Als Benjamin Ramsperger vor neun Jahren über die Sendung „Bauer sucht Frau„, eine Lebenspartnerin suchen wollte, trat die muntere und anpackende Thalheimerin in sein Leben. „Irgendwie wollte ich immer einen Landwirt zum Mann“, erklärt die gelernte Metzgereifachverkäuferin. Mittlerweile hat das Paar drei Kinder Lotta (6 Jahre), Nora (5) und Linus (3). „Hof, Familie und Kinder stehen immer im Vordergrund“, betonen Benjamin und Desiree Ramsperger. Und auch die Corona-Zeit habe sie als Familie enger zusammengeschweißt: „Durch die Corona-Pandemie hatten wir mehr Zeit füreinander, weniger Stress und haben das Zusammensein genossen.“ Der Hofladen sei ins Rollen gekommen und so gab es genug zu tun. Da der Kindergarten geschlossen war, waren die Kinder überall mit dabei, beim Hofladenumbau, auf den Weideflächen, oder bei der Kartoffelernte. „Sie müssen auch sehen, wo die Lebensmittel herkommen und dass man etwas dafür leisten muss“, sind die Eltern überzeugt.

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Edwin und Renate Ramsperger große Stützen

Vor zwei Jahren begann das Projekt „Haustausch“ mit den Eltern und so sei Benjamin Ramsperger nun wieder mit seiner Familie im ursprünglichen Elternhaus richtig angekommen“. Das Haus in der Heudorfer Straße ist der zentrale Familientreffpunkt. Eine große Stütze sind Edwin und Renate Ramsperger auch noch heute. Edwin und Benjamin Ramsperger haben eine enge Beziehung und ergänzen sich. „Wenn Benjamin mit seinem Vater gearbeitet hat, ist er richtig relaxt und zufrieden“, beschreibt Desiree Ramsperger. Und Renate Ramsperger sorge für die Verpflegung, bringe Ideen ein und helfe mit den Kindern, wenn es gerade stressig sei. Auch die Neffen packen regelmäßig tatkräftig mit an.

Auf 15 Quadratmetern bietet das Hoflädele ausreichend Platz für Ware.
Auf 15 Quadratmetern bietet das Hoflädele ausreichend Platz für Ware. | Bild: Sandra Häusler

Verdopplung der Bio-Höfe in vier Jahren

Gerhard Gommeringer, Leiter des Fachbereichs Landwirtschaft beim Landratsamt Sigmaringen, schildert die Situation der Biohöfe im Kreis:

  • Wieviel Biohöfe gibt es im Kreis Sigmaringen? 2019 gab es 117 Biobetriebe. Das entspricht 8,3 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe. 2015 betrug dieser Anteil noch 4,4 Prozent. Es gab innerhalb von vier Jahren also fast eine Verdopplung. Die Biohöfe bewirtschaften 11,2 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche im Kreis. Grundlage für diese Daten sind die gemeinsamen Anträge, die die Landwirte jährlich stellen. Daher sind seitens des Landratsamtes keine aktuelleren Zahlen zu haben.
  • Welche Chancen werden für Biohöfe gesehen? Das erklärte Ziel des Landes ist es, den Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche bis zum Jahr 2035 auf 30 bis 40 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche zu steigern. „Von daher gibt es gute Chancen. Entscheidend wird sein, dass der Markt die Bioprodukte nachfragt, was durch entsprechendes Marketing unterstützt werden kann,“ sagt Gerhard Gommeringer.
  • Welche regionalen Förderungen für Betriebe, die auf Bio umschwenken, gibt es? Ökobetriebe werden durch das Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (Fakt) gefördert. Das Fakt-Programm wird vom Land und der EU finanziert. Ökobetriebe erhalten 230 Euro je Hektar für Acker und Grünland, 550 Euro für Gartenbauflächen und 750 Euro für Dauerkulturen. In den ersten beiden Jahren, der sogenannten Umstellungszeit, erhalten Ökobetriebe höhere Fördersätze. Sie betragen 350 Euro/ha für Acker und Grünland, 935 Euro/ha für Gartenbauflächen beziehungsweise 1275 Euro/ha für Dauerkulturen. Das Landratsamt bietet umstellungswilligen Landwirten eine kostenlose Beratung an. (sah)