Ein 37-Jähriger hat am Karfreitagabend an der Bundesstraße 311 in Richtung Heudorf eine Sprenggranate gefunden. „So wie es aussieht, war die Granate nicht vergraben, sondern lag an der Oberfläche“, erzählt Christian Sugg, Pressesprecher im Polizeipräsidium in Ravensburg auf Nachfrage dieser Zeitung. Gegen 20 Uhr sei eine Polizeistreife zum Fundort entlang der Bundesstraße gerufen worden, berichtet Sugg. Der Finder habe bereits vermutet, dass es sich bei dem Fund um ein Kampfmittel beziehungsweise Munition handelt. Die Beamte haben sofort den Kampfmittelbeseitigungsdienst Baden-Württemberg (KMBD) alarmiert, der anschließend von Stuttgart aus nach Meßkirch reisen musste. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst gehört zum Regierungspräsidium und besteht aus Sprengstoffexperten, die im gesamten Bundesland Munition entschärfen.
Suche mit Metalldetektor ist nicht illegal
„Warum der Mann am Freitagabend mit dem Metalldetektor an dieser Stelle unterwegs war, ist nicht bekannt“, sagt Sugg. Der Mann könnte Hobby-Sondengänger sein und sich diese Stelle ausgesucht haben. In Deutschland gibt es vielerorts Gruppen, die aus Hobby-Schatzsuchern bestehen. Die grundsätzliche Suche mit dem Metalldetektor ist in Deutschland erlaubt. Sondengänger sind meistens auf der Suche nach Münzen und alten Schätzen. Dabei können sie aber auch mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Denn wer ohne Genehmigung nach Kulturdenkmälern oder Weltkriegsmunition gräbt und die Funde nicht meldet, kann sich strafbar machen.
Sprengstoffexperten kommen aus Stuttgart
In Meßkirch hat sich der Finder richtig verhalten und die Polizei informiert. „Die Sprenggranate musste vor Ort nicht mehr entschärft werden“, erklärt Christian Sugg. Deshalb sei der Einsatz auch vor Mitternacht bereits beendet gewesen. Ein Hauptteil des Einsatzes habe die Anfahrt der Sprengstoffexperten aus Stuttgart ausgemacht. Die Granate sei stark verrostet gewesen. Auf den ersten Blick habe man nicht erkennen können, dass es sich bei dem 20 bis 30 Zentimeter großen Fund tatsächlich um eine Granate handelt. Sugg geht davon aus, dass der Finder aber genug Wissen hatte, um zu erkennen, dass es Munition sein könnte.
Regierungspräsidium bestätigt Anfangsvermutung
Die Beamten des Kampfmittelbeseitigungsdienstes haben die stark verrostete Sprenggranate anschließend mit nach Stuttgart genommen, wo sie untersucht wurde. Dort bestätigte sich die erste Vermutung, dass es sich um eine 77 Millimeter große amerikanische Sprenggranate handelt, die aus dem Zweiten Weltkrieg stammen könnte, so Sugg. Am Dienstag bestätigt dies auch Lisa Schmidt, Pressereferentin beim Regierungspräsidium Stuttgart, gegenüber unserer Zeitung: „Diese Sprenggranate wurde durch den Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD) des Regierungspräsidiums Stuttgart vor Ort begutachtet, als eine 75 Millimeter Sprenggranate aus den Beständen der US Army identifiziert und stammte aus dem Zweiten Weltkrieg. Die Sprenggranate wurde fachgerecht durch den KMBD geborgen und abtransportiert“.
Wie könnte die amerikanische Sprenggranate nach Meßkirch gelangt sein?
Der Verdacht liegt nahe, dass die Granate vom Angriff der US-Bomber vom 22. Februar 1945 auf Meßkirch stammen könnte. Verifizieren lässt sich dies fast acht Jahrzehnte später nicht mehr. Eine Staffel von sieben amerikanischen Jagdbombern vom Typ Martin B 26 Marauder hatte im Rahmen der alliierten Operation Clarion die wichtigsten Bahnhöfe entlang der Linie Singen-Mengen-Ulm im Visier, sie wollten diese mit gezielten Angriffen ausschalten und die Bahnstrecke durchgehend unbrauchbar machen. Angriffsziele waren auch Sigmaringen, Scheer, Singen, Stockach und Mengen. In Meßkirch nahmen Jagdbomber das Bahnhofsgelände und einen Güterzug sowie eine Rangierlok unter Beschuss. Die beiden Lokomotiven wurden regelrecht gelöchert, ebenso der damals noch neben dem Stationsgebäude stehende Wasserturm.
Der Bombenangriff im Februar 1945
Nach dem Angriff hatten Sprengbomben das gesamte Bahnhofsgelände und die Gleisanlagen regelrecht durchpflügt, Schuttberge türmten sich auf den Straßen, überall lagen beschädigte Fahrzeuge und Fuhrwerke, Tierkadaver, Verletzte und Tote. Den Güterbahnhof hatte es von der Wucht der Detonationen umgeworfen. Die Eisenbahn- wie die Bahnhofstraßenbrücke über den damals noch offenen Grabenbach waren zerstört, einen Volltreffer hatte auch das Stationsgebäude der Bahn abbekommen und das gegenüber liegende Wohngebäude der Bahnbediensteten war zur Hälfte dem Erdboden gleichgemacht. In jenem Haus hatte es auch die meisten Toten gegeben. In der Nacht brachten die Zeitzünder der Sprengbomben weitere Detonationen. Insgesamt wurden durch die Angriffe zwölf Gebäude in Meßkirch vollständig zerstört – darunter auch in der Innenstadt – und 24 weitere stark beschädigt. 95 Menschen wurden verletzt, 35 Menschen starben, heißt es in einem Beitrag von Alfred Th. Heim im Meßkircher Heimatheft 2005.