Der zusätzliche Buchstabe "e" drückt die veränderte Welt aus: "Der Alno-Konzern zählte zu den führenden Küchenherstellern Deutschlands" heißt es in der Pressemitteilung des Insolvenzverwalters, der gestern Vormittag das Aus für das Unternehmen und die Kündigung von rund 500 Beschäftigten erklärte. Bislang endeten solche Erklärungen stets mit dem Passus, dass der Alno-Konzern zu den führenden Küchenherstellern Deutschlands zählt.
90 Jahre, nachdem der damals 21-jährige Schreinermeister Albert Nothdurft Alno gründete, ist die Firma am Ende. Noch im November erhalten alle Beschäftigten ihre Kündigung, bis auf ein Rumpfteam von 60 Leuten, die an der Betriebsstätte insolvenzspezifische Abwicklungstätigkeiten übernehmen und befristet weiter beschäftigt werden. Nur noch in einer Übergangsphase werden Bauteile für die bereits verkaufte pino Küchen GmbH gefertigt. "Dieser Schritt ist erforderlich, nachdem in dem Verkaufsprozess auch der letzte Interessent kein Angebot für einen Erwerb des Geschäftsbetriebs abgegeben hat", teilte Insolvenzverwalter Walter Hörmann gestern Vormittag hunderten Alnoianern in einer Betriebsversammlung mit, dass ihre oftmals jahrzehntelange Tätigkeit beim einstigen Branchenprimus zu Ende ist. "Die verbliebenen Vermögenswerte werden in den nächsten Monaten im Rahmen einer Einzelverwertung verkauft, soweit das möglich ist", ergänzte Hörmann auf Anfrage des SÜDKURIER, dass der Abwicklungsprozess wohl drei Jahre dauern wird, wozu besonders die Eintreibung von Forderungen gehören wird.
Viele Frauen und Männer, die gestern nach der Betriebsversammlung den Alno-Stammsitz verlassen, werden das Gelände wohl nie wieder betreten. "Schade, das war so eine schöne Firma", sagt ein Beschäftigter, der seit 40 Jahren in den Produktionsstätten arbeitete, die nun auch einzeln verkauft werden sollen. Das Wort "Schade" ist immer wieder zu hören, wobei viele Mitarbeiter mit dem Ende rechneten. "Das war absehbar. Unser letzter Strohhalm war der Investor aus China", diktiert ein Angestellter, der seit mehr als 20 Jahren bei Alno arbeitet, den Medienvertretern, die wohl letztmals in so großer Zahl vor dem Werkstor stehen werden, in die Mikrofone. In den vergangenen Monaten hätten einige Kollegen bei anderen Firmen einen Job gefunden, hofft der Sachbearbeiter, dass die aktuell gute Wirtschaftslage dazu beitrage, dass etliche Alno-Leute wieder einen Arbeitsplatz finden. "Die da oben haben alles kaputtgemacht", machen viele die Geschäftsführung beziehungsweise Vorstandsmitglieder für das langjährige Siechtum und letztlich den Untergang des Unternehmens verantwortlich. Das will Jürgen Strobel, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender, so nicht gelten lassen und widerspricht vehement Vorwürfen, dass Vorstandsmitglieder grob fahrlässig gehandelt, sondern diese alles zum Wohl der Firma versucht hätten.
In den vergangenen Tagen war die Alno-Aktie augenscheinlich an der Börse auch im Blickfeld von Zockern. So wurde am 23. November der Kauf von 1,9 Millionen Aktien gelistet, als das Papier zehn Cent kostete, was gegenüber der Vorwoche eine Steigerung von mehr als 100 Prozent bedeutete. Der Kurs schnellte kurzfristig sogar auf 17 Cent hoch und am gestrigen Freitag wechselten 1,7 Millionen Aktien den Besitzer. Bekanntlich hatte der einstige Mehrheitsaktionär, die zur Hastor-Unternehmensgruppe gehörende Tahoe Investor GmbH, im vergangenen Jahr den Altaktionären ein Übernahmeangebot von 50 Cent je Aktie gemacht. Von Tahoe ist seit der Übernahme der Insolvenzgeschäfte durch Martin Hörmann nichts mehr zu hören. Bekanntlich hatte Christian Brenner, vom Investor eingesetzter Vorstandschef zu Beginn versucht, Alno durch ein Planinsolvenzverfahren zu sanieren. Dieses Verfahren wurde auf massiven Druck von Großgläubigern beendet, Brenner als Vorstandschef geschasst und das Landgericht Hechingen setzte im Juli den Insolvenzverwalter ein.
Geschockt reagierte gestern Bürgermeister Thomas Kugler auf die Hiobsbotschaft. "Die Katastrophe ist perfekt", erklärte der Rathauschef, dass er zuletzt zuversichtlich war, dass es mit Alno weitergeht, nachdem er auch bei einem Investorengespräch mit dabei war. Als "schweren Schlag für den Wirtschaftsstandort Pfullendorf und natürlich für jeden Betroffenen und deren Angehörigen", bewertet Marco Schiedt, Vorsitzender der Wirtschaftsinitiative Pfullendorf, die Ereignisse am gestrigen Freitag. "Die Kommunalpolitiker der Freien Wähler haben schon lange sorgenvoll auf die Alno-Entwicklung geschaut.
Das ist jetzt ein bitterer Tag für Pfullendorf, vor allem für die Beschäftigten mit ihren Familien", erklärt Thomas Jacob, Fraktionsvorsitzender Freie Wähler, auf Anfrage des SÜDKURIER. Sicherlich kein Trost, aber ein Hoffnungsschimmer, sei die Tatsache, dass die Aussicht auf einen neuen Arbeitsplatz aufgrund der guten Konjunktur eher positiv zu beurteilen ist. Auch die Wirtschaftsministerin des Landes, Nicole Hoffmeister-Kraut, bedauert, dass das Traditionsunternehmen nicht gerettet werden konnte. "Sehr gerne hätten wir von Seiten des Landes und des Ministeriums im Rahmen unserer Möglichkeiten einen Investor bei der Übernahme unterstützt", erklärte die Ministerin gestern in einer Pressemitteilung. Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse stehe sie im engen Austausch mit Bürgermeister Thomas Kugler. Für die betroffenen Arbeitnehmer hofft sie, dass diese zeitnah neue Beschäftigungsmöglichkeiten finden.
Alno Konzern
In Deutschland beschäftigte der Konzern mit den Tocherunternehmen Gustav Wellmann und pino Küchen gut 1000 Mitarbeiter, inklusive der Auslandstöchter zählte er 1600 Beschäftigte. Nur einen Teil der Arbeitsplätze konnte Insolvenzverwalt Martin Hörmann retten. Anfang Oktober verkaufte er die Alno-Tochter Pino mit ihren 230 Mitarbeitern an ein Konsortium um den Premiumküchen-Hersteller Nobilia und auch für einige Auslandsgesellschaften fanden sich Investoren. Seit dem Börsengang 1995 hat Alno fast nur rote Zahlen geschrieben. Im vergangenen Jahr vermeldete das Unternehmen einen Verlust von 67 Millionen Euro. Nachdem der Geschäftsbericht 2016 nur rudimentär und nicht bestätigt vorgelegt wurde, muss der Bericht noch veröffentlich werden und es steht auch die Aktionärsversammlung für 2016 aus. (siv)