Das Amtshaus in Ostrach ist ein stilvolles Heimatmuseum in historischem Gemäuer, das an die Ostracher Geschichte erinnert, mit Themen wie die Schlacht bei Ostrach im Jahr 1799, das Treiben des Räubers Schwarzer Vere sowie die Ostracher Liederhandschrift. Nun gibt es die Gelegenheit, die Exponate in verändertem Kontext zu betrachten und so manches Thema mit aktuellem Bezug neu zu denken. Der seit 35 Jahren in Ostrach lebende und im gesamten Landkreis und darüber hinaus kulturell aktive Künstler Nikolaus Mohr zeigt darin seine Kunstwerke, die mit den üblichen Ausstellungsstücken in den Dialog gehen, sie herausfordern und auch provozieren.
Künstler wohnt seit 35 Jahren in Ostrach
Es ist die erste Ausstellung von Nikolaus Mohr in seinem Wohnort Ostrach, weshalb er sie „Heimspiel“ betitelt. Dass es bisher keine Ausstellung gab, lag vor allem daran, dass Ostrach über keine geeigneten Räumlichkeiten verfüge, in denen Kunst gezeigt werden könne. Zu seinem 70. Geburtstag machte er aus der Not eine Tugend, indem er mit seinen Arbeiten den Dialog zu den historischen Exponaten des Heimatmuseums suchte.

Vor einem Jahr begann Nikolaus Mohr, seine Ideen konkret werden zu lassen und sich mit Gerhard Fetscher, Leiter des Heimatmuseums, zu treffen. Mehrere Besuche im Museum verfestigten sein Konzept, das Bestehende auf eine Weise zu ergänzen, die zum Nachdenken anregt. „Ich reagiere gerne auf Themen, die schon da sind“, schildert Mohr seine Herangehensweise. Stark bewegt ihn der Krieg. Zum einen mit Blick auf die Schlacht bei Ostrach im Jahr 1799, die Johann Baptist Pflug in einem Gemälde verewigte, und zum anderen die Kriegserinnerungen seines Großvaters. Der Stolz der Soldaten des Ersten Weltkriegs auf die Orden mache ihn betroffen, da dieser Stolz auf das „Blech an der Brust“ viel zu oft mit dem Leben oder der Gesundheit bezahlt wurde.
Nikolaus Mohr nutzt auch die Ironie
Um den Krieg vor allem mit den zahllosen Verletzungen in Verbindung zu bringen, ergänzte er ein Arrangement aus Gewehren und Bajonetten aus der Zeit der französischen Revolutionskriege um eine Krücke.

Bei der Herangehensweise bedient sich der Künstler häufig der Ironie, die aufrütteln will, aber auch manchmal schmunzeln lässt. Eine kindliche Freude habe Nikolaus Mohr in der „Räuberecke“ empfunden, die sich mit dem Räuber Schwarzer Vere beschäftigt. Dieser sei wahrlich kein Robin Hood von Oberschwaben gewesen, sondern er habe eindeutig Unrecht verübt. Kanonenkugeln, die angeblich auf die Schlacht bei Ostrach zurückgehen, ergänzte Mohr mit knallroten Weihnachtskugeln, die auf die Fragilität des Lebens verweisen. Und tatsächlich zerbrach eine der Kugeln aufgrund der zahlreichen Gäste der Ausstellungseröffnung. „Erst wollte ich sie austauschen, doch dann hängte ich den Rest der Kugel wieder auf“, erklärte der Künstler, da sie die Verletzlichkeit verdeutliche.
Historisches wird neu interpretiert
Der ehemalige Kreisarchivdirektor Edwin Ernst Weber hielt zur Vernissage eine ausführliche und äußerst wertschätzende Laudatio, die auf zahlreiche Aspekte der Ausstellung einging. „Auf den ersten Blick ist es ein Such- und Entdeckungsspiel, die Ergänzungen und Zufügungen des Künstlers inmitten der mannigfaltigen historischen Exponate des Heimatmuseums zu erkennen und zu unterscheiden“, führte er aus.

„Intervention“ nenne man in der Kunstwelt dieses bildnerische Auseinandersetzen, Entgegnen und Eingreifen. Der Dialog mit den historischen Exponaten sei ein „Heimspiel ganz besonderer Art“, zu dem der Künstler einlade. Auch für Erstbesucher des Museums ist es ein Erlebnis, Historisches und Mohr‘sche Interpretation zu entdecken. Als Dank schenkte Mohr Gerhard Fetscher und Edwin Ernst Weber ein Puzzle mit Pflugs Motiv von der Schlacht bei Ostrach, das als unvollendetes Puzzle in der Ausstellung hängt. Bürgermeisterin Lena Burth drückte ebenfalls ihre Wertschätzung aus: „Es ist uns eine Ehre, Sie als Künstler in unserer Gemeinde zu haben“, richtete sie ihr Wort an Nikolaus Mohr.