"Es gibt Menschen, die sich (noch) trauen, einer amtlichen Entscheidung zu widersprechen. Im aktuellen Falle haben engagierte Bürger einen Widerspruch zu einer erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für den Windpark Länge und Ettenberg verfasst. Um dem Anliegen entsprechend Nachdruck zu verleihen, haben die Verfasser für ihr Anliegen bei den Mitbürgern Unterschriften gesammelt. Soweit ein ganz normaler Vorgang. Sollte man meinen, oder?
Nach einer Pressemitteilung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 17. Januar und der Berichterstattung im SÜDKURIER vom 18. Januar muss jeder Unterzeichner des Widerspruches mit einem Gebührenbescheid von 100 Euro rechnen, da der Widerspruch, aus welchen Gründen auch immer, abgelehnt wurde.
Diese 100 Euro wären der Mindestsatz, das Regierungspräsidium hätte auch einen höheren ansetzen können. Es kommt noch dicker: Da es sich hier aus amtlicher Sicht um zwei verschiedene Windparks handeln würde, muss jeder Unterzeichner mit einem weiteren Bescheid von nochmals 100 Euro rechnen, sofern nicht jeder seinen Widerspruch zurücknimmt. Muss denn inzwischen jeder, der ein Anliegen eines Mitbürgers oder einer Interessengemeinschaft durch seine Unterschrift unterstützen möchte, ein ausgebildeter Jurist sein, um einer eventuellen Geldstrafe, hier Gebührenbescheid genannt, zu entgehen? Mitbürgern, die ein geringes Einkommen haben, die trotz täglicher Arbeit im Niedriglohnsektor ihren Lebensunterhalt kaum bestreiten können, werden durch solche Machenschaften jegliche Möglichkeit genommen, sich auch nur ansatzweise kritisch zu einer amtlichen Entscheidung zu äußern.
Es könnte ja ein saftiger Gebührenbescheid folgen. Für viele Menschen sind 100 Euro eine ganze Menge Geld! Wo bleibt unser verbrieftes Recht, in unserer ach so freiheitlichen, demokratischen Bundesrepublik, seine Meinung ohne Furcht von Repressalien und Strafe kund zu tun? Ist es inzwischen so weit, dass es sich nur die „oberen Zehntausend“, ausgestattet mit hauseigenem Rechtsbeistand, leisten können, einem politischen oder amtlichen Beschluss zu widersprechen? Es gibt Staaten auf unserer Welt, in denen die eigenen Bürger mit Polizeigewalt oder mit beauftragten, gewalttätigen Horden davon abgehalten werden, Kritik an der Staatsgewalt zu äußern.
Das wird bei uns zu Recht immer und überall angeprangert. Wehret den Anfängen! Soll bei uns der kritische „kleine Bürger“ mit solchen Gebühren mundtot gemacht werden? Wundert es noch jemanden, wenn sich immer mehr Menschen radikalen Gruppierungen oder allseits kritisierten Parteien wie der AFD zuwenden? Viele Menschen haben sich schon seit langem zurückgezogen, gehen nicht mehr wählen und engagieren sich auch sonst nicht mehr, weil sie frustriert sind.
Neuerdings wird ungewolltes Engagement mit Geldstrafe sanktioniert. Nur weiter so, liebe Politiker und Entscheidungsträger in den hohen Amtsstuben! Der „mündige Bürger“ wird von euch auf diese Art und Weise eingeschüchtert und schikaniert. Es ist unfassbar. Jetzt reicht es. Die nächste Wahl kommt bestimmt. Es ist mir und sicher vielen Mitbürgern nicht mehr klar, wen man noch wählen kann."