Auf der Tagesordnung kommt das Thema zunächst unscheinbar daher: „Tagesordnungspunkt Nummer 16 Weiteres Vorgehen Windkraft“ heißt es da schlicht. Dabei steht das Thema mit Absicht als letzter Punkt auf dem Plan. Es soll im Anschluss an die Gemeinderatssitzung möglichst viel Zeit geben, miteinander zu diskutieren. Und zu besprechen gab es einiges.
Bereits vor einigen Jahren unternahm die Stadt Anstrengungen bei Waldhausen Windräder zur errichten, inklusive Öffentlichkeitsbeteiligung und Bürgerentscheid. Funktioniert hat es nicht, eine Zusammenarbeit mit dem bisherigen Vertragspartner, der DGE Wind Baar Eins GmbH & Co KG, kann sich die Verwaltung nicht mehr vorstellen, obwohl der Pachtvertrag noch läuft. Doch wie geht es jetzt weiter?
Neuer Projektentwickler
Eine mögliche Lösung präsentierte Stefan Siegmund, Abteilungsleiter Projekte bei der Laoco GmbH. Gemeinsam mit der Energiequelle GmbH hatte er sich an die Stadt Bräunlingen gewandt, um das Thema Windkraft wieder aufzugreifen.
Die Empfehlung dazu kam vom Fürstenhaus Donaueschingen. Denn ein Teil der Fläche, auf der die Windräder stehen sollen, ist im Besitz des Fürstenhauses. Dazu kommt: Das Fürstenhaus hat bereits einen Pachtvertrag mit den beiden neuen Projektpartnern unterschrieben.
Die Eckpunke des Angebotes der Laoco GmbH sehen Folgendes vor:
- Die Laoco GmbH will fünf Windräder errichten, in einem ersten Layout wären zwei Standorte auf städtischen und drei auf fürstlichem Gebiet.
- Der Projektentwickler ist bereit, sich an der im Bürgerentscheid festgelegten Höhe von 230 Meter zu orientieren, obwohl er rein rechtlich nicht dazu verpflichtet wäre. Gleichzeitig wünscht sich die Firma aber eine offene Diskussion über die Höhe der Windräder.
- Beim Bau von fünf Windrädern der Sechs-Megawatt-Klasse mit einem Rotordurchmesser von 162 Metern könnten nach ersten Schätzungen circa 45.000 Megawattstunden Strom produziert werden. Damit könnte man etwa 13.000 Bräunlinger Haushalte versorgen.
- Die Windräder sollen mit einem größtmöglichen Abstand zueinander und zur Wohnbebauung aufgestellt werden.
- Beim Thema Schattenwurf und Schallemissionen soll geprüft werden, in welchem Umfang diese eine Rolle spielen.
- Das Projekt hätte finanzielle Vorteile für die Stadt: Sie bekäme sieben Prozent Umsatzpacht und zusätzlich zwei Euro pro erzeugte Megawattstunde. Letzteres entspricht ungefähr einem Betrag von 90.000 bis 105.000 Euro.
- Ein möglicher Zeitplan sieht zunächst eine neue Kartierung vor. 2022/2023 könnten dann neue Gutachten erstellt werden, ab 2023/2024 würde der Antrag nach Bundesimmissionsgesetz gestellt werden. Wenn das reibungslos funktioniert, dann könnte der Bau 2024/2025 beginnen.
- Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wird die Öffentlichkeit wieder an dem Projekt beteiligt.
Wie eine neue Bürgerbeteiligung aussehen könnte, erläuterten Jakob Lenz vom Forum Energiedialog und Edgar Wunder vom Verein Mehr Demokratie wagen. Beiden hatten bereits die erste Bürgerbeteiligung begleitet.
Dabei ging es auch um technische Lösungen: Es kann beispielsweise mithilfe eines Computerprogramms simuliert werden, wie Windräder mit 230 Meter und Windräder mit 250 Meter Höhe aussehen würden. Anhand dieser Bilder könnte der Rat entscheiden, welche Lösung sich besser in das Landschaftsbild einfügt.

Einen weiteren Bürgerentscheid hält Wunder nicht für zielführend, obwohl eine erneute Unterschriftensammlung dazu führen könnte. Er plädierte für einen Bürgerrat, der aus zufällig ausgewählten Bräunlingern besteht. Dabei ist es möglich, den Bürgerrat abwechselnd mit Männern und Frauen, verschiedenen Altersgruppen oder aus verschiedenen Ortsteilen zu besetzen.
So reagierten die Räte
„Ich denke, wir sollten das Thema Windkraft proaktiv angehen“, befand Bürgermeister Micha Bächle. Der Gemeinderat blieb bei der Vorstellung des Projektes erst mal verhalten.
Horst Kritzer, Ortsvorsteher von Waldhausen, forderte Messungen, um verlässliche Daten zu haben, wie sich die Höhenunterschiede auswirken und um zu prüfen, ob die Windräder überhaupt wirtschaftlich sind. „Ich muss doch erst mal wissen, ob die Windhöffigkeit an dieser Stelle überhaupt gegeben ist“, sagte er.
Auch der Dögginger Ortsvorsteher Dieter Fehrenbacher blieb skeptisch. Das Thema Schattenwurf sei bereits im Ortschaftsrat diskutiert worden und man habe sich darauf verständigt, dass man diesen vermeiden wolle. „Das wird kaum verhandelbar sein“, sagte er. Dass die Laoco GmbH viele Punkte wie Höhe und Schattenwurf neu diskutieren wolle, werde „ein schwieriger Weg“.
Ein weiteres Thema sprach Peter Ebnet (SPD) an: „Wir haben derzeit auch das Thema Wassermangel. Welchen Einfluss hat das Bauprojekt darauf? Das sollten wir vorab prüfen.“ Und auch das Thema Vogelschlag „wie es verharmlosend heißt“, sei für ihn ein Problem an der Anlage.
„Für mich ist es nicht verhandelbar, dass es eine gemeinsame Anlage mit dem Fürstenhaus wird“, betonte Berthold Geyer (Gruppe 84). Grundsätzlich könne das Fürstenhaus auf seinem Grundstück auch alleine Windräder errichten, die Stadt wünsche sich aber ebenfalls eine „kooperative Lösung“, so Bürgermeister Bächle.
„Wir haben einen positiven Ratsentscheid und einen positiven Bürgerentscheid“, betonte Georg Baum (FDP). „Die Kriterien, die wir damals festgelegt haben, sollten wir ernst nehmen.“ Dazu gehöre auch die Höhenvorgabe von 230 Metern.
Schattenschlag lässt sich technisch vermeiden
Einige Bedenken der Räte konnte Stefan Siegmund direkt beantworten. Das Thema Schatten könne über ein sogenanntes Schattenschlagmodul geregelt werden. Dabei misst eine Wetterstation auf dem Windrad die Sonneneinstrahlung und kann das Windrad abschalten, sollte es einen Schlagschatten auf ein Wohngebäude werfen. Dadurch, dass das Windrad in dieser Zeit still stehe, habe das aber wiederum einen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit.
Zu diesem Thema konnte Siegmund keine festen Zusagen machen: „Ich kann Ihnen heute nicht versprechen, ob das Projekt in zwei Jahren wirtschaftlich sein wird.“ Das hänge wir allem mit den schwankenden Rohstoffmärkten zusammen.
Wie es nun für das Thema Windkraft in Bräunlingen weitergeht, steht noch nicht fest. Der Rat hat noch keinen Beschluss gefasst. In Zukunft muss aber entschieden werden, ob Bräunlingen den alten Pachtvertrag kündigt und ob die Stadt mit dem möglichen neuen Vertragspartner verhandeln will.