Lässt sich Gefühlen ein Raum der Trauer geben? Lässt sich dieses Angebot sogar auf verschiedene Räume, speziell für die unterschiedlichen Trauerbedürfnisse verschiedener Gruppen ausdehnen. Sylvia Faller und Sandra Hirth glauben das. Sie arbeiten daran. Und das mit wachsendem Erfolg.
Treffen unter Anleitung
Die beiden haben eine Ausbildung zur zertifizierten Trauerbegleiterin absolviert und helfen seit fast fünf Jahren Trauernden, indem sie in einem geschützten Umfeld Gesprächsabende anbieten. Seit September 2020 treffen sich trauernde Frauen und Männer, um unter Anleitung, ihren Gefühlen nach dem Verlust eines nahen Menschen einen Raum zu geben.
Die Schicksale sind verschieden, der Verlust des Lebenspartners, der Verlust eines Kindes oder eines nahen Angehörigen. Sie alle eint die Frage, wie man diese Trauer bewältigen kann. Mittlerweile kommen monatlich 15 bis20 Trauernde in zwei Gruppen, aus dem gesamten Schwarzwald-Baar-Kreis zum Gesprächsabend nach Bräunlingen.
Ähnliches Schicksal schafft Vertrauen
„Unser Angebot sieht vor, dass wir allen die Möglichkeit geben, über ihre Gefühle zu sprechen, und das in einem Rahmen von Menschen, die alle ähnliche Schicksale erlitten haben und dadurch einen Boden des gegenseitigen Verstehens schaffen“ beschreibt Sylvia Faller den Ansatz der Gesprächsabende. „ Wir möchten vor allem Kraft, Mut und Vertrauen vermitteln. Das sind die Kernelemente der Gesprächsabende“ ergänzt Sandra Hirth.
Das könne im Ablauf so aussehen, dass die beiden einen Impuls für den Abend setzen, beispielsweise durch eine Geschichte, durch Bilder, durch Gruppenaufgaben oder auch durch ein Märchen. Das öffne die Runde und schaffe den Platz um in der Gruppe die Befindlichkeit preiszugeben.
Man arbeite mit Einzel– und Gruppenarbeit. Es gehe letztlich darum, das Bewusstsein zu schulen, sich die Gefühle von der Seele zu reden und in einem vertrauten Kreis zu erleben, dass man nicht alleine sei. Über einen längeren Zeitraum hinweg würde man die Entwicklung der Einzelnen beobachten.
Ein Kommen und Gehen
Dabei habe die Gruppe eine positive Fluktuation. Manche seien seit Beginn immer dabei geblieben und bilden das Gerüst für die Gruppe, andere verabschiedeten sich, wenn sie sich wieder stark genug für den Alltag fühlen. Aufgenommen werden Trauernde nach einem Einzelgespräch mit einer der beiden Trauerbegleiterinnen, in welchem der Stand der Befindlichkeit gemeinsam festgestellt wird. Neben dem Gesprächsabend würden auch oft Einzelgespräche geführt, um in schwierigen Situationen Hilfestellung zu geben.
Viele Einzelgespräche werden vor allem von „verwaisten Eltern“, also Eltern, die ein Kind verloren haben, benötigt. Das sei ein besonders schwieriges Trauma, aus dem viele ihr ganzes Leben lang nicht mehr herausfinden, weiß Sylvia Faller. „Wir können zumindest die Möglichkeit schaffen, darüber zu reden und das ist schon ein riesiger Schritt“, fügt sie an.
Sie und Sandra Hirt seien in der Planung, für verwaiste Eltern eine neue Gruppe aufzumachen. Aus der Gesprächsrunde hätten sich auch häufig zusätzliche Aktionen der Teilnehmer ergeben, so gebe es Whatsapp-Gruppen, gemeinsame Unternehmungen am Wochenende, weil ein Wochenende für viele, die plötzlich alleine sind, eine große Belastung sein kann, oder auch gemeinsame private Treffen oder Besuche von Kulturangeboten. „Mittlerweile hat sich eine Art Netzwerk etabliert, dass von vielen gerne wahrgenommen wird“, freut sich Sandra Hirth.
Männer sperren ihre Gefühle ein
Und die Männer? Männer würden völlig anders trauern als Frauen, stellen die beiden fest. „Sie reden nicht über ihre Gefühle, ihre Trauer, statt dessen flüchten sie in alle möglichen Ablenkungen bis hin zu Sucht“, erklären beide. Arbeitssucht, Spielsucht, Alkoholsucht und auch Sexsucht, nach Verlust des weiblichen Partners, sind die häufigsten Ablenkungsaktionen. „Der Bedarf für Trauerarbeit bei Männern ist da, doch meistens fehlt der Mut sich zu öffnen, Männer haben ihre Gefühle eingesperrt“, weiß Sylvia Faller zu berichten.
Daher machen sie sich darüber Gedanken wie man Männern Angebote zur Trauerarbeit machen könne. „Wir denken an Kochkurse oder auch nur gemeinsames Kochen für verwaiste Männer. Eine andere Idee ist es einen Stammtisch einzurichten, wo man in einer eher lockeren Umgebung einen Raum zum Austausch schaffen kann. Allerdings ist es schwierig, einen geeigneten Raum zu finden, hier hoffen wir noch auf Unterstützung von anderen Vereinen“, beschreibt Sandra Hirth die Planung, die so rasch wie möglich realisiert werden soll.
Weitere Vortragsreihe im Herbst
Für den Herbst planen die beiden wieder Vorträge in der Region anzubieten, die auch Angehörige, Freunde und Arbeitskollegen von Trauernden Hilfestellung im Umgang mit Trauernden bieten sollen.