Herr Schmitt, wie sehen Sie die aktuelle Verkehrsentwicklung in der Ortsdurchfahrt von Brigachtal unter den Aspekten Verkehrsaufkommen, Sicherheit, Tempo-30-Zone, Aufstellung eines Blitzers?
Michael Schmitt: Ich bin der Auffassung, dass wir bereits sehr viel getan haben. Die Wohnstraßen sind komplett Tempo 30, und das seit mehr als einem Jahrzehnt. Zuletzt wurde die Ortsdurchfahrt in Überauchen mit einem großen Stück in einen Tempo-30-Bereich umgewidmet. Daher ist meine Auffassung, dass es gut so ist. Mehr geht fast nicht.
Wo stehen die Planungen für das neue Gewerbegebiet Kreuzäcker und die damit verbundene Frage der Zufahrts- bzw. Entlastungsstraße in Brigachtal?
Michael Schmitt: Das Flächennutzungsplanverfahren steht kurz vor dem Abschluss. Das Bebauungsplanverfahren dauert noch an. Hierzu gibt es noch Einwände von Bürgern, die es abzuwägen gilt. Somit wird es sicher noch weitere Monate Zeit in Anspruch nehmen, bis der gesamte Planungsprozess abgeschlossen werden kann. Die Zufahrt soll über die bisherige Steinbruchzufahrt erfolgen. Die bisherige Zufahrt bleibt für den PKW-Verkehr wie bisher erhalten. Die Pläne für die Anbindungsstraße-Ost ruhen derzeit. Jedoch soll dieses Verfahren in der Zukunft wieder aufgenommen werden. Die gewünschte Verkehrsentlastung durch die Ortsmitte von Klengen und Kirchdorf kann nur über diese Maßnahme erfolgen. Damit wird sich daher der Gemeinderat zu gegebener Zeit erneut auseinandersetzen müssen.
Wie ist die Lage bei den Flüchtlingsunterkünften? Müssen nach dem dritten Neubau in Überauchen noch weitere Gebäude gebaut werden und wer soll das bezahlen?
Michael Schmitt: Das ist derzeit nicht absehbar. Es ist davon auszugehen, dass mit dem Neubau in Überauchen der Bedarf zum derzeitigen Stand gedeckt werden kann. Wie sich die Flüchtlingszahlen in Zukunft entwickeln werden, können wir nicht vorhersagen.
Haben wir für die Kinder der Flüchtlingsfamilien genügend freie Kapazitäten in unserer Grundschule und den Kitas?
Michael Schmitt: Für die Kinder in Brigachtal wird Platz in der Grundschule und den Kindertagesstätten geboten. Hier wird nicht differenziert.
Hat Sie die Reaktion aus der Bürgerschaft und Teilen des Gemeinderats in Bezug auf die Abschiebung der georgischen Flüchtlingsfamilie überrascht und sehen Sie hier Möglichkeiten, in Zukunft solche Abschiebungen angeblich gut integrierter Flüchtlinge zu verhindern?
Michael Schmitt: Die Reaktionen sind für mich nicht überraschend und ist auch so in Ordnung. Jedoch entsteht nur ein einseitig dargestellter Eindruck. Kürzlich hat auf Anfrage die Ministerin für Justiz und Migration, Frau Gentges, konkret Stellung zu dem Vorgang genommen. Ich teile da ihre Auffassung. Abschiebungen werden grundsätzlich in jedem Einzelfall ausgiebig geprüft. Eine Abschiebung kommt nicht aus heiterem Himmel.
Die Entwicklung bei den Kinderzahlen in den Kindergärten waren jüngst wieder etwas rückläufig. Was bedeutet das für die zuletzt stark gestiegenen Personalkosten bei der Kinderbetreuung?
Michael Schmitt: Die derzeit leicht zurückgehenden Zahlen lassen auch wieder mehr qualitative Bildung und Betreuung zu. Und das ist gut so. Wir sind dankbar für unsere Fachkräfte. Das Personal wird eine der wichtigsten Ressourcen der nächsten Jahre sein. Denn die Selbstständigkeit einer Gemeinde hängt stark von der Handlungsfähigkeit in finanzieller und in tatsächlicher personeller Tatkraft ab. Ich bin dankbar und stolz darauf, dass wir in Brigachtal solche hervorragenden und fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben.
Seit diesem Jahr kommt das Trinkwasser in der Gemeinde aus dem neuen, gemeinsam mit Bad Dürrheim betriebenen Wasserwerk Schabelwiesen. Gleichzeitig wurde die Aufgabe des gemeindeeigenen Wassermeisters an einen externen Dienstleister (Aquavilla) vergeben. Gleich zu Beginn gab es Beschwerden über den Chlorgeruch. Wie ist die Lage jetzt, hat sich das Konzept bewährt? Und wie geht es weiter, vor allem mit Blick auf den Wasser- und auch den Abwasserpreis?
Michael Schmitt: Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Aquavilla ist ein starker Partner in der Betriebsführung und deckt unsere geforderten Aufgaben und Anforderungen bestens ab. Der Verbund mit Bad Dürrheim wiederum bringt uns allen Synergien in der gemeinsamen Entkalkung des Wassers und vor allem auch die Sicherheit der Notwasserversorgung. Gerade in der heutigen Zeit ist dies ein immens wichtiger Bestandteil der Versorgung der Brigachtaler Bevölkerung. Wer sich intensiver in diese Materie einarbeitet und sich damit beschäftigt, weiß, dass es für diese hochwertigen und komplexen Anforderungen seine Zeit braucht, bis alles reibungslos läuft. Doch ich sage auch, dass es das uns wert sein muss. Übrigens sind im Vergleich mit anderen Kommunen im Schwarzwald-Baar-Kreis unsere Wasser- und Abwassergebühren in einem guten Mittelbereich.
Beim Breitbandnetzausbau war die Gemeinde Brigachtal mit Beginn Ihrer Amtszeit im Jahre (2011) Vorreiter im Landkreis und weit darüber hinaus. Wie steht es inzwischen um die Versorgung in der Gemeinde, was sind die nächsten Projekte?
Michael Schmitt: Ich bin sehr dankbar, dass wir hier einen sehr guten Stand haben. Zuletzt haben wir sogar eine Auszeichnung als „Giga-Bit-Kommune“ erhalten. Es besteht künftig sogar die Möglichkeit, das kommunale Glasfasernetz in Brigachtal in Teilbereichen weiter auszubauen. Der Gemeinderat wird darüber entscheiden, ob und wie das vonstatten geht.
Beim Thema Freiflächen-Photovoltaik hat die Gemeinde nun potenziell geeignete Flächen identifiziert. Erste Investoren klopfen bereits an. Wo steht die Gemeinde aber selbst in Richtung CO2-Neutralität und autarker Energieversorgung, eventuell auch im Rahmen einer Bürgergenossenschaft?
Michael Schmitt: Bezüglich der CO2-Neutralität sind wir schon recht gut unterwegs und bleiben an dem Thema dran. Bezüglich der Autarkie in Sachen Energieversorgung stehen wir aktuell bereits bei 90 Prozent. Mit dem angedachten Ausbau bei der Freiflächen-Photovoltaik können wir einen Autarkiegrad von über 200 Prozent erreichen. In Bezug auf das Thema Bürgerbeteiligung kann der Gemeinderat bei neuen Projekten ja jederzeit auch entsprechend seine Gestaltungsspielräume nutzen. Dem sollte im Grundsatz nichts entgegenstehen.
Die Ortskernsanierung in Überauchen nähert sich ihrem Ende. Inzwischen werden dort aufgrund immer neuerer Auflagen die Parkplätze knapp. Ein Thema, das viele Anwohner schon von Anfang an besorgt hat. Wie wird nun die finale Lösung aussehen, vor allem wenn größere Veranstaltungen im Dorfhaus stattfinden?
Michael Schmitt: Mit dem dritten Bauabschnitt der Freiraumplanung wird es in 2026 zahlreiche weitere Parkplätze vor der Bondelstraße 25 geben. Sicher wird der Gemeinderat auch nach weiteren Möglichkeiten schauen. Doch mal Hand aufs Herz: Bei dieser Ortsentwicklung spielen doch die Parkplätze nicht die allererste zentrale Rolle. Wichtiger scheint mir an dieser Stelle, dass wir wieder eine wahre Ortsmitte für Überauchen geschaffen haben. Das steht im Mittelpunkt, und ich habe wahrgenommen, dass dies von einem sehr großen Teil der Bevölkerung auch so gesehen wird.
Die neusten Haushaltsprognosen für die kommenden Jahre lassen nichts Gutes für die Finanzlage erwarten. Wie gehen Sie damit um, wo wird in der Gemeinde zukünftig mehr gespart werden müssen?
Michael Schmitt: Ganz klar stellen wir Kommunen die berechtigten Forderungen an Bund und Land, uns gemäß der im Grundgesetz verankerten Konnexität auskömmlich auszustatten. Die Kommunen nehmen über 28 Prozent bundes- und landesrechtlich auferlegte staatliche Aufgaben wahr und erhalten dafür lediglich 14 Prozent der erforderlichen finanziellen Ausstattung! Hier gibt es viele Bereiche, die genannt werden können. Im Bereich der Kinder- und Kleinkindbetreuung legen wir in Brigachtal jährlich über drei Millionen Euro zusätzlich drauf. Die Defizite bezüglich der überbordenden Bürokratie im Verwaltungsbereich oder auch der Aufgaben der Flüchtlingsunterbringung sowie dem Krisenmanagement steigen stetig an. Die immens steigenden Sozialausgaben und die Kosten der Gesundheitsversorgung (Kreisklinikum VS) über die Kreisumlage sind ebenfalls von den Kommunen nicht mehr leistbar. Dies ist dem einzelnen Bürger vor Ort so nicht mehr zumutbar. Konkret in Brigachtal werden wir uns verantwortungsvoll der Aufgabe stellen, auch in diesen schweren Zeiten eine solide und nachhaltige Haushaltsstruktur zu bewahren.
Übernächstes Jahr endet am 26. Januar 2027 ihre zweite Amtszeit als Brigachtaler Bürgermeister, was sind Ihre Pläne, werden Sie sich ein weiteres Mal zur Wahl stellen?
Michael Schmitt: Zum heutigen Tage hin sehe ich noch viele Chancen und Herausforderungen im der Gemeinde Brigachtal, denen ich mich gerne stellen möchte.
Fragen: Hans-Jürgen Götz