Es war einfach nur Gänsehaut pur, als die deutschen Fahrer ihre Ehrenrunde im Springstadion drehten. In Donaueschingen wurde am Wochenende ein Stück deutsche Fahrergeschichte geschrieben, denn kaum einer hatte im Vorfeld damit gerechnet, dass die Deutschen im eigenen Land den Mannschaftstitel holen würden. Und das Donaueschinger Publikum sorgte zusätzlich für eine ganz besondere Atmosphäre. Das macht Lust auf mehr.
Laut Soenke Lauterbach, Generalsekretär der Deutschen Reiterlichen Vereinigung, könnte man durchaus über eine weitere EM im Gespannfahren für Donaueschingen nachdenken. „Ich kenne keinen besseren Austragungsort“, so Lauterbach. Donaueschingen habe ein Turnier mit Tradition, ein tolles Gelände und auch eine außergewöhnliche Unterstützung durch viele ehrenamtliche Helfer. Was will man denn mehr?
Als Lauterbach diese Aussage am Freitagabend machte, standen Turnierchef Kaspar Funke und Oberbürgermeister Erik Pauly mit ihm auf der Bühne. Beide unterstrichen, wie toll es doch sei, dass eine EM in Donaueschingen stattfindet und welch ein Erfolg sie sei.

Viel tollen Worte zu einem tollen Turnier. So gehört es sich auch auf einer Traditionsveranstaltung. Doch da hören Funkes und Paulys Gemeinsamkeiten schon auf. Denn scheinbar ist es beim Reitturnier auch schon Tradition geworden, dass es mit Ärger, Verdruss und Zerwürfnissen verbunden ist.
Die Liste ist mittlerweile lang und fast jedes Jahr hat seinen negativen Höhepunkt zu vermelden: die Schlammschlacht von 2014, das Zerwürfnis zwischen Fürstenhaus und Escon, das rote-weiße Absperrband auf dem Poloplatz im Jahr 2016, die langen Vertragsverhandlungen zwischen Fürstenhaus und Stadt, die beinahe vor Gericht geendet hätten, und das Bangen, ob das Reitturnier überhaupt stattfinden könnte. Beim Gregorifest im vergangenen Jahr dann die Erlösung für alle Reitturnier-Fans: Fürstenhaus und Stadt haben sich geeinigt und mit dem neuen Vertrag brechen neue Zeiten an.
Dachten damals zumindest viele und blickten voller Freude in eine harmonische Reitturnier-Zukunft. Doch schon vor dem Reitturnier knirschte es gewaltig zwischen Stadt und Turnierveranstalter Escon. Das Sicherheitskonzept sorgt für viel Verdruss auf beiden Seiten.
Vordergründig wird Harmonie demonstriert
Und beide Seiten hatten gute Argumente, sahen sich im Recht. Vier Wochen vor dem Turnier dann einigt man sich doch noch und beim Turnier wird vordergründig gepflegte Harmonie demonstriert – allerdings mit viel Mühe. Doch hinter vorgehaltener Hand wird viel spekuliert.

Denn am Dienstagnachmittag war noch nicht sicher, ob das Turnier überhaupt stattfinden würde. Das Sicherheitskonzept hatte wieder einmal für blanke Nerven gesorgt. Im ersten Jahr, wo es vollumfänglich umgesetzt werden sollte, prallten die unterschiedlichen Interessen heftig gegeneinander.
Zwei Seiten mit unterschiedlichen Interessen
Auf der einen Seite der Veranstalter Escon, der als wirtschaftliches Unternehmen auch Geld verdienen möchte und sich mit großen Mehrausgaben konfrontiert sah. Auf der anderen Seite die Stadt, die sich auf die Versammlungsstättenverordnung und das eigens für das Reitturnier erarbeitete Sicherheitskonzept berief. Zwischendrin ein Sicherheitschef, der zwischen allen Stühlen saß und am Dienstagnachmittag einfach die ganzen Diskussionen satt hatte und so nicht mehr arbeiten wollte.
Letztendlich gab es aber am Mittwochmorgen Entwarnung. Es gibt noch einen Sicherheitschef und das Turnier kann stattfinden. Trotzdem lagen die Nerven zu Beginn des Turniers noch blank. Das Lob von SPD-Stadtrat Jens Reinbolz, dass die neue Tribüne am Fahrplatz eine gute Idee und sehr gelungen sei, sorgte bei Kaspar Funke für einen „emotionalen Moment“, wie er es selbst ausdrückt. Denn schließlich hatte die Frage, ob Kinder nun auf die Tribüne dürfen, ebenfalls für Diskussionen gesorgt, letztendlich aber zum Kompromiss geführt, dass Schilder Eltern auffordern, ihre Kinder unter sechs Jahren nur in Begleitung auf die Bühne zu lassen.
Mit fortschreitendem Turnier beruhigten sich die Nerven allerdings: Deutlich abzulesen an der Sicherheitsbesprechung, die mindestens einmal, manchmal sogar zweimal am Tag stattgefunden haben. Am Sonntag gab es keinerlei Diskussionspunkte mehr und die Stimmung war merklich gestiegen.

Der Großteil der Besucher hat von den Diskussionen hinter den Kulissen nichts mitbekommen: Für sie zählte ein tolles Turnier mit tollem Sport. Und Lob für die Veranstaltung gab es von allen Seiten und alle schwebten im Glück. „Eine tolle EM und ein tolles Turnier. Mit dem Ambiente, das hier herrschte, haben wir uns einen guten internationalen Ruf erarbeitet“, so OB Pauly, der optimistisch in die Zukunft mit weiteren Championaten blickt.
Auch Kaspar Funke zieht ein positives Fazit
Und ein überwältigter Kaspar Funke sah all seine Erwartungen übertroffen: „Die Atmosphäre und die Stimmung waren da, wie hatten einen würdevollen Abschluss.“ Und die Zukunft? „Die Stadt und wir als Veranstalter können nun Hand in Hand gehen.“ Denn ohne den einen oder den anderen würde es nicht gehen.
Der Rückblick
Vier Tage Reitturnier und trotz Ärger hinter den Kulissen, ist es gelungen, eine tolle Veranstaltung zu bieten. Mit 47 000 Besuchern konnte auch ein Besucherrekord erreicht werden. Das Ganze wurde natürlich gekrönt vom EM-Mannschaftstitel für die deutschen Fahrer. Die ganze Reitturnier-Berichterstattung gibt es gebündelt auf unserer Internetseite unter www.suedkurier.de/donaueschingen