Matthias Müller ist mit seinem neuen Job hoch zufrieden. Seit September verbringt er im Lädele an der Karlstraße seine Arbeitstage an der Werkbank, wo er Insektenhotels und Nistkästen zusammenbaut, oder beim Bedrucken von individuellem Geschenkpapier oder Einkaufstüten. Auch die beliebten Ofenanzünder entstehen unter den Händen des jungen Mannes, der dieser Tage deutsche Integrationsgeschichte schreibt. Denn Müller leidet unter einer Autismus-Spektrum-Störung.
Gesetzesnovelle ermöglicht seine Arbeit
Seinen Vollzeitarbeitsplatz verdankt er zum einem dem Verein zur Förderung der Eingliederung von Behinderten in das Arbeitsleben und zum anderen einer Gesetzesnovelle. Doch mit der Neufassung des Bundesteilhabergesetzes (BTHG) vom 1. Januar 2018 dürfen nicht nur anerkannte Behindertenwerkstätten, sondern nun auch andere Leistungsanbieter behinderten Menschen einen Beschäftigungsplatz anbieten. Matthias Müller ist bundesweit der erste Arbeitnehmer, der nach dem neuen Gesetz einen Beschäftigungsplatz erhielt.
Das ist ein Glücksfall sowohl für den in Vollzeit beschäftigten Müller, als auch für "S'Lädele". Der junge Mann absolvierte zunächst ein Praktikum in Zusammenarbeit mit der Werkstatt für behinderte Menschen der Stiftung Liebenau in Villingen-Schwenningen. Im "Lädele" umfasst sein weiteres Tätigkeitsfeld noch den Warenempfang, Arbeiten am Computer, die Registratur sowie den Verkauf und die damit verbundenen Kundengespräche.
Langsam an sein Tätigkeitsfeld herangeführt
Die Kommunikation mit den Kunden zählt zu einem wesentlichen Bestandteil seiner Beschäftigung. Von den beiden Verkäuferinnen Karola Gihr und Elif Merk wurde er dabei mit viel Einfühlungsvermögen und Ausdauer an sein Tätigkeitsfeld heranführt und begleitet. Von den Sozialpädagoginnen Bärbel Waldhauer, Astrid Mecklenburg und Simone Schaugg wird Müller auch außerhalb seines Arbeitsplatzes betreut.
Um diese Vorreiterrolle der Initiative Donaueschingen zu feiern und sich ein Bild von dieser erfolgreichen Eingliederung ins Berufsleben zu machen, fand sich viel Prominenz im Lädele ein. Der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei zeigte sich von dieser Pionierleistung sehr beeindruckt und hofft auf eine Vorbildfunktion. "Das neue Gesetz ermöglicht für Menschen mit Behinderung eine passgenaue und individuelle Lösung bei der Berufseingliederung. Das ist hier in Donaueschingen hervorragend gelungen" so Frei.
Auch Landrat Sven Hinterseh verschaffte sich im Lädele einen Eindruck und ist stolz darauf, dass man diese ernorme Herausforderung aktiv mit gestaltet hat. "Arbeit ist mehr als Geld verdienen, Arbeit ist wichtig für alle" stellte OB Erik Pauly fest und dankte vor allem dem großen Engagement von Gerhard Weeber und seinen Helfern, die sich dafür einsetzen, dass Inklusion nicht nur an Schulen gelebt wird, sondern darüber hinaus auch im Berufsleben.
Unterstützung erfuhr die Initiative auch vom Leiter des Sozialamtes im Landratsamt Jan Hauser und weiteren Helfern, die das Projekt von Anfang an vorbildlich unterstützt und kompetent begleitet haben. Wertvolle Hilfe leistet die von der Firma Bedrunka gespendete Werkbank, die auf den Zusammenbau der Insektenhotels ausgerichtet ist. Firmenchef Ludwig Kellner sponsert zusätzlich eine Benefizveranstaltung des Vereins zur Förderung der Eingliederung von Behinderten in das Arbeitsleben am 18. Januar 2019 mit Hansy Vogt in der Brendbachhalle in Unterbränd.
Integrations-Vorreiter
- Der Verein: Der Verein zur Förderung der Eingliederung von Behinderten in das Arbeitsleben wurde 1988 an der Donaueschinger Lehrerakademie gegründet und feiert somit in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen. Auch das gilt als Pionierleistung. Ziel ist es die Situationen von Menschen mit Behinderung, insbesondere in dem Bereichen Arbeit, Wohnen, Freizeit und Öffentlichkeit zu verbessern und neue Wege zu erkunden. Integrationsbetriebe sind die Schulküche in der Karl Wacker Schule, die Schulreinigung und s’Lädele. Sozialdienste sind das betreute Wohnen behinderter Menschen sowie die Werkstatt im Lädele.
- S’ Lädele: Seit 1993 gibt es das Ladengeschäft, in dem ganz unterschiedliche Waren aus den Werkstätten für Menschen mit Behinderung angeboten werden. Hier gibt es handgefertigte Geschenke und andere nützliche und kreative Dinge für jeden Anlass. „Die Idee solche Waren im Lädele auch selbst zu produzieren war von Anfang an unsere Absicht. Dies konnten wir allerdings nicht realisieren, da die früheren Sozialgesetze eine Beschäftigung nur in anerkannten Behindertenwerkstätten zuließ“ klärt der Vorsitzende des Verein Gerhard Weeber. Seit Beginn ist das Lädele auch mit einem Stand bei der Fürstenberg-Weihnachtsgala zu finden. (gal)