Die Jobperspektiven von 70 Mitarbeitern bei Real in Donaueschingen haben mit der jüngsten Entscheidung des Bundeskartellamts möglicherweise einen Dämpfer erhalten. Laut einer Mitteilung der Wettbewerbshüter möchte Edeka das Vollsortiment-Geschäft mit 7000 Quadratmetern Verkaufsfläche an der Bregstraße nicht mehr übernehmen.

Die Liste der Wettbewerbshüter

Das liest sich in einem Papier, das seit Donnerstagabend auf der Homepage der Wettbewerbshüter steht. Es listet 45 Real-Standorte auf, die Edeka ohne wettbewerbsrechtliche Bedenken übernehmen darf, sechs Häuser, in denen Edeka Mitbewerbern Verkaufsfläche einräumen muss, und 21 Real-Filialen, auf deren Übernahme Edeka nun aufgrund wettbewerbsrechtlicher Bedenken verzichtet. Eben auch Donaueschingen.

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Marica Schaulies, Betriebsratsvorsitzende bei Real in Donaueschingen, sieht die Nachricht ohne schalen Beigeschmack. „Im Moment bleibt es, wie es ist“, konstatiert sie. Bis Ende 2022 sei es nun möglich, dass nicht verkaufte Real-Märkte unter der bisherigen Marke weiter betrieben werden. Mit den 92 Übernahmen durch Kaufland, 51 durch Edeka und 16 durch Globus seien bisher nur rund 160 der ursprünglich rund 290 Real-Märkte verkauft.

Ausverkauf ist noch nicht beendet

Das lasse hoffen, zumal der durch den Zwischenbesitzer SCP Group betriebene Ausverkauf der bis 2020 zum Metro-Konzern gehörenden Häuser noch nicht beendet sei. Schaulies glaubt weiter an eine Zukunft des breit sortierten, verkehrstechnisch günstig gelegenen und mit reichlich Stellplätzen ausgestatteten Warenhauses an der Gemarkungsgrenze zu Hüfingen. Der Standort habe sich in der Vergangenheit über diverse Besitzwechsel hinweg erhalten.

Bis Ende 2022 dürfte der Real-Markt in Donaueschingen eine Standortgarantie aufweisen.
Bis Ende 2022 dürfte der Real-Markt in Donaueschingen eine Standortgarantie aufweisen. | Bild: Wursthorn, Jens

Nähere Informationen erhofft sie sich aus Gesprächen mit Geschäftsführung und Bezirksleitung. Unklar ist noch die Form, wie sie ihre Belegschaft in Kenntnis setzt: Mutmaßlich geschieht das in Form einer Betriebsversammlung, die Corona-konform mit viel Abstand in zwei Schichten abgehalten würde. „In der Belegschaft ist die Stimmung noch gut“, sagt sie, auch wenn sich dort am Freitagvormittag die jüngste Entwicklung noch nicht herumgesprochen hat.

Reichlich Stellplätze und verkehrsgünstig gelegen: Das sind Qualitäten, mit dem das Haus mit 7000 Quadratmeter Verkaufsfläche wirbt. Das ...
Reichlich Stellplätze und verkehrsgünstig gelegen: Das sind Qualitäten, mit dem das Haus mit 7000 Quadratmeter Verkaufsfläche wirbt. Das Einkaufserlebnis gilt unter Branchenkennern allerdings als schwer entfachbar. | Bild: Wursthorn, Jens

Edeka äußerte sich zur Übernahme der 51 Real-Märkte am Montagabend positiv, aber allgemein gehalten. Unter dem Dach des genossenschaftlichen Edeka-Verbunds erhielten die Lebensmittelmärkte und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder eine tragfähige wirtschaftliche Zukunftsperspektive, sagte eine Sprecherin. Eine SÜDKURIER-Anfrage, warum sich die Einkaufsgenossenschaft der Lebensmittelhändler gegen eine Übernahme des Donaueschinger Reals entschlossen hat, blieb unbeantwortet.

Schon in der Vergangenheit hatte sich die Edeka-Zentrale in Offenburg einsilbig gegeben. Zu aktuellen Entwicklungen gab man in den vergangenen Monaten keine Kommentare, ja das Interesse an einer Erwerbung in Donaueschingen selbst blieb unausgesprochen. Aus Gewerkschaftskreisen hieß es seit vergangenem Sommer, Edeka wolle in Donaueschingen eine Filiale seiner Tochter-Gruppe Markant etablieren. Die gestrige Veröffentlichung des Kartellamts spricht zumindest nicht dagegen.

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Wer das Veto der Wettbewerbshüter verstehen möchte, muss sich in die Erläuterungen der Entscheidung einlassen. Im Kern wurden im Fusionskontrollverfahren mögliche Auswirkungen einer Edeka-Übernahme in drei Bereichen untersucht: welche Marktmacht gegenüber Verbrauchern, Lebensmittelerzeuger und Mitbewerbern entsteht. Wird aufgrund statistischer Erhebungen ein kritischer Anteil überschritten, folgte eine eingehende Prüfung des Kartellamtes bis hin zu abschlägigen Bescheiden.

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Dass die räumliche Nähe zu bestehenden Edeka-Märkten vermutlich keine Rolle an Übernahmeplänen spielt, meint Markus Klemt zu wissen. Der Fachbereichssekretär Handel beim Bezirk Südbaden Schwarzwald der Gewerkschaft Verdi bringt als Beispiel eine Übernahme bei Freiburg: Der Real-Markt in Gundelfingen sei durch Edeka übernommen worden, obwohl ein Edeka-Markt nur wenige Kilometer entfernt liegt. Er könnte sich vorstellten, dass die Kartellamtsentscheidung mit zum Schutz der Obst- und Gemüseerzeuger am Bodensee gefallen sein könnte.

Kein Shoppingerlebnis

Um die Mitarbeiter des Donaueschinger Realmarktes mache er sich Sorgen, sagt Klemt. Das dortige Warenhaus weise eine ältere Struktur auf. Es sei nicht mehr zeitgemäß und biete kein „Shoppingerlebnis“. Vergleiche man diese Form von Angebot und Einkauf mit neu entstandenen oder umgebauten Häusern in anderen Städten, spiegle Real in Donaueschingen Einkaufsgewohnheiten der Vergangenheit wider. Wie die Mitarbeiter vor Ort hofft aber auch Klemt auf einen Käufer. Gleichwohl drohe nach dem Aufschub bis Ende 2022 dem Standort und seiner Real-Präsenz unter Umständen das Ende.