Harald Vogt sitzt an seinem Schreibtisch. Er wirkt entspannt. Im Nebenraum stapeln sich die Nummernschilder abgemeldeter und verkaufter Fahrzeuge. Der Hubertshofener Fuhrunternehmer hat schwere Monate hinter sich.

Firma kehrt zu den Wurzeln zurück

68 Jahre nach Gründung des Familienunternehmens „Albin Vogt Transporte GmbH“ hat er die Reißleine gezogen, verabschiedet sich aus dem Speditionsgeschäft und kehrt zu seinen Wurzeln zurück.

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Angesichts der immer schlechter werdenden Rahmenbedingungen für das Speditionsgewerbe in Deutschland sah sich Vogt zu diesem Schritt gezwungen. Auch weil das immer schwieriger werdende Tagesgeschäft zunehmend auch an seiner Gesundheit zehrte.

Es sei nicht der Stress gewesen. Daran habe man sich gewöhnt, man habe Tag und Nacht improvisiert, Lösungen gesucht. Vielmehr habe er in letzter Zeit zunehmend Existenzsorgen bekommen.

Was Harald Vogt bleibt, sind zwei Holztransporter.
Was Harald Vogt bleibt, sind zwei Holztransporter. | Bild: Christina Rademacher

So wurden in den vergangenen Wochen alle „Fahrzeuge unter Plane“ veräußert. Was bleibt, sind, wie zu Anfangszeiten des Betriebs, zwei Fahrzeuge für den Holztransport und das Lagergeschäft, das Harald Vogt mit wenigen Mitarbeitern weiterführt.

Der Sohn geht einen andern Weg

Ein Einstieg seines Sohnes Julian in die Firma sei nie zur Diskussion gestanden, da die Voraussetzungen zu schwierig sind. Er hätte das Geschäft nicht mit ruhigem Gewissen übergeben können, so Harald Vogt. Julian Vogt hat internationale Betriebswirtschaft studiert und geht seinen eigenen Weg.

Die Sto-Flotte der Spedition Vogt im Jahr 2008.
Die Sto-Flotte der Spedition Vogt im Jahr 2008. | Bild: Spedition Vogt / Repro Lutz Rademacher

Verschärft hat sich die Situation 2023. Damals hat sich die Straßenmaut annähernd verdoppelt. „Statt einer Erhöhung der Maut hätte man eine Mehrwertsteuererhöhung einführen können. Das wäre einfacher gewesen“, sagt Harald Vogt ironisch.

Ärgerlich sei auch, dass die Maut ursprünglich in die Infrastruktur, die Straßen reinvestiert werden sollte. Doch Straßen sind schlecht, Brücken marode und das Geld werde anderweitig verwendet.

Lasterführerschein kostet bis zu 8000 Euro

Ein weiteres Problem sind die finanziellen Aufwendungen für Lastwagen-Führerscheine. Diese betragen heute bis zu 8000 Euro. Die Möglichkeit, die Fahrerlaubnis bei der Bundeswehr zu erwerben, gebe es nicht mehr, bedauert Vogt.

Fahrer seien rar auf dem Markt, deshalb gehe der Arbeitgeber beim Führerschein wohl oder übel in Vorleistung und verrechnee die Kosten später mit dem Gehalt. Das sei gang und gebe.

Die Anforderungen an Fahrer sind größer geworden, etwa durch komplexere Assistenzsysteme, die genaue Einhaltung von digitalen Lenkzeitvorgaben sowie die Notwendigkeit, regelmäßig an Lehrgängen wie etwa zu den aktuellen Sicherheits- und Umweltvorschriften teilzunehmen.

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Die Arbeitsbedingungen dagegen seien schlechter geworden. Die Straßen sind überlastet, es gibt zu wenige Parkplätze. Die Wertschätzung der Fahrer in der Öffentlichkeit sei wesentlich schlechter geworden, und doch brauche sie jeder. Auf den Straßen würden die Lastwagenfahrer eher als lästig empfunden.

Ein Großteil der Transporteure sind heute immer noch kleine und mittelständige Unternehmen. Und diese gerieten zunehmend in Schwierigkeiten. Hinzu kommt die Antriebswende „weg vom Diesel“. Diese sei aber momentan in der Branche „wirtschaftlich noch nicht umsetzbar“, so Vogt.

„Bei vielen kleinen Unternehmen gehen die Lichter aus, ohne dass dies die Öffentlichkeit mitbekommt.“Matthias Rathmann stellvertretender ...
„Bei vielen kleinen Unternehmen gehen die Lichter aus, ohne dass dies die Öffentlichkeit mitbekommt.“Matthias Rathmann stellvertretender Geschäftsführer Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg | Bild: ANDREAS_DALFERTH

Dass sich es in der Branche rumort, weiß auch Matthias Rathmann. Er ist stellvertretender Geschäftsführer des Verbands Spedition und Logistik Baden-Württemberg mit rund 400 Mitgliedsunternehmen.

Er verweist auf die Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Bei den Unternehmensinsolvenzen hätte sich der Wirtschaftsabschnitt Lager und Verkehr im April 2025 an die Spitze gesetzt: Je 10.000 Unternehmen lagen hier 11,3 Insolvenzen vor gegenüber 6,1 in der gesamten Wirtschaft.

„Bei vielen kleinen Unternehmen gehen die Lichter aus, ohne dass dies die Öffentlichkeit mitbekommt“, weiß Rathmann – auch dass sich bei größeren Unternehmen die Angebote häuften, kleinere Betriebe zu übernehmen.

Erhebliche Kosten und Bürokratie

Vor der Schließung stehe eine kaufmännische Entscheidung. Zu konstatieren seien erhebliche Kostensteigerungen. Beim Personal wie auch bei Versicherungsprämien, Reparaturen oder der CO2-Maut.

Dazu komme die Bürokratie mit etwa Berichtspflichten zu Energieeffizienz wie zur Lieferkette. Darüber stünden die Erwartungen, wohin sich das Transportgewerbe entwickeln wird. Wie sieht die künftige Auslastung der Fahrzeuge aus?

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Der Bund wäre in der Lage, der Branche zu helfen. Für den Bürokratieabbau sei die Koalition ja angetreten. „Das wäre eine Entlastung.“ Helfen müsse der Staat bei der Transformation in E-Lastwagen. Und zwar weniger durch Zuschüsse für E-Fahrzeuge als vielmehr beim Ausbau der Ladestruktur. Würden diese Mittel bis mindestens 2030 festgeschrieben, gäbe das Planungssicherheit bei der Anschaffung eines E-Lkws.

Holztransporte Ende der fünfziger Jahre. Rechts Albin Vogt mit seiner Frau Liselore, links zwei angestellte Fahrer. Im Hintergrund der ...
Holztransporte Ende der fünfziger Jahre. Rechts Albin Vogt mit seiner Frau Liselore, links zwei angestellte Fahrer. Im Hintergrund der Hubertshofener Farrenstall, heute Feuerwehrgerätehaus. | Bild: Spedition Vogt / Repro Lutz Rademacher

Und Vogt? Er habe lange darüber nachgedacht, ob er nicht alles auf Spiel setze, was in zwei Generationen aufgebaut wurde. Irgendwann landete er dann im Krankenhaus und bekam den Rat, kürzer zu treten.

Anfang März traf Harald dann die schwere Entscheidung. Manche langjährigen Mitarbeiter konnten in den Ruhestand gehen, anderen musste er fristgerecht kündigen. Mit jedem habe ein Vier-Augen-Gespräch geführt.

Das sei für ihn das Emotionalste gewesen, was ihn heute noch beschäftige. Schließlich habe man auch eine zwischenmenschliche Beziehung zu den Mitarbeitern aufgebaut. Vor allem auch, weil man sich von guten Mitarbeitern trennen musste. Andererseits sei er erleichtert, dass zwischenzeitlich jeder wieder einen Job bekommen habe.

Aber Harald Vogt bleibt optimistisch. Er sei immer offen für Neues. Wenn eine Türe zugeht, geht eine andere auf. Seine Überzeugung.