Die Gemeinderatssitzung hat gerade erst begonnen, da steht bereits das erste Thema mit Knallpotenzial auf der Tagesordnung. Auf der Empore des Mozartsaals befinden sich rund ein Dutzend Eltern und fordern, dass die Stadt Donaueschingen für Kitas und Kindergärten Lollitests zur Verfügung stellt. Aktuell müssen Kinder ab zwölf Monaten drei Mal pro Woche per Nasenstäbchen einen Abstrich machen lassen – entweder vor Ort in den Einrichtungen oder in einem Testzentrum.
Lollitests für zu Hause, bei denen Kinder das Teststäbchen wie einen Lolli im Mund lutschen, sind aber nicht als Testnachweise in städtischen Einrichtungen erlaubt. Das soll sich in dieser Gemeinderatssitzung ändern, hofft die Initiative – und dafür haben die Eltern in den vergangenen Wochen circa 600 Unterschriften gesammelt. „Weiterhin wollen wir, dass die Stadt Donaueschingen die Eltern als mündige und verantwortungsbewusste Bürgerinnen und Bürger wahrnimmt“, heißt es in ihrer Petition.
„Sie fragen in einer Art und Weise, die in Richtung Unterstellung geht.“Erik Pauly, Oberbürgermeister
Doch nach einer halben Stunde und mehreren diplomatischen Antworten des Oberbürgermeisters scheinen sich die Wünsche der Eltern nicht zu erfüllen. Die Hoffnung von einigen verwandelt sich nun in Frustration. Eine Fragenstellerin, die sich als „Monika Ragg aus Donaueschingen“ vorstellt, lässt ihren Unmut am Oberbürgermeister Erik Pauly aus.
Irgendwann wird es diesem zuviel. „Wir machen hier jetzt kein Kreuzverhör eines Bürgermeisters, sondern versuchen sachlich miteinander umzugehen!“ Nachdem ihn die Fragestellerin mehrfach bei seiner Antwort unterbrochen hat, sagt er: „Sie fragen in einer Art und Weise, die in Richtung Unterstellung geht.“
So kam es zu der hitzigen Diskussion
Zuvor haben Saskia Braun, Nadine Lux, Anja Drehmel und Marianne Markwardt in ruhigen Worten die Ziele der Elterninitiative vorgestellt. Sie haben gefordert, dass Lollitests zu Hause gemacht werden könnten und dass Eltern das Testergebnis schriftlich bestätigen. Nasaltests seien bei Kleinkindern dagegen „schwierig bis unmöglich“.

Außerdem mache die aktuelle Situation den Tagesablauf vieler Eltern „unnötig kompliziert“. „Es ist mir nicht möglich, drei Mal in der Woche mit meinem Kind zu einem Testzentrum zu fahren“, hat die Donaueschingerin Anja Drehmel Szenen aus ihrem Alltag geschildert.
Lollitests zu Hause würden dagegen den Aufwand für Eltern, Kinder und Erzieher einfacher machen. Zudem würden Kitas katholischer Träger und Einrichtungen in Bräunlingen und Hüfingen das auch so machen. „Wir sind mündige Bürger“, erklärt Marianne Markwardt von der Elterninitiative. „Man darf uns durchaus zutrauen, dass wir Kinder vernünftig testen.“
Pauly lehnt Forderungen der Eltern ab
OB Pauly hört sich die Beiträge der Elterninitiative an, lehnt die Diskussion um das Thema aber ab und weicht nicht von der bisherigen Linie ab. „Lollitests wären einfach, da haben Sie Recht“, sagt er und fügt hinzu: „Wir haben uns aber dazu durchgerungen, die Sicherheit so zu gewährleisten. Daran wird sich nichts ändern.“
Man wolle die Einrichtung weiter offen halten und habe die Erfahrung gemacht, dass nicht alle Eltern die Testbestätigung konform ausgefüllt hätten. Leiterinnen der Einrichtung hätten die Stadt gebeten, auf Testung in Einrichtung zu bestehen. „Das ist ein erhöhter Sicherheitsfaktor“, so Pauly.
Erneut am Mikrofon
Nachdem alle Anliegen und Argumente mehrfach ausgetauscht sind, bedankt sich Pauly für die Elternbeiträge und will zum nächsten Tagesordnungspunkt übergehen. Doch da tritt Monika Ragg vor das Mikrofon. „So, jetzt haben wir noch einen letzten Punkt“, sagt Pauly, „aber bitte nicht nochmal das Gleiche“ „Das ist mir egal“, entgegnet Ragg. „Ich rege mich gerade brutal auf!“
Sie fragt, wie viele Einrichtungen aufgrund von Corona-Ausbrüchen in der Vergangenheit geschlossen wurden. Das wisse er nicht, sagt der OB, er wolle keine falschen Zahlen nennen. Er spricht aber von einer „niedrigen zweistelligen Zahl“. „Eine niedrige zweistellige Zahl?“, fragt die Donaueschingerin und lacht höhnisch.
Pauly will den Punkt noch weiter ausführen, doch Ragg unterbricht ihn erneut. Es geht hin und her und der Vorwurf des „Kreuzverhörs eines Bürgermeisters“ fällt. „Ich bitte Sie jetzt darum, dass wir mit der Sitzung fortfahren.“ Die Frau verlässt kurz das Mikrofon, kommt mit einem Kind auf dem Arm wieder. „Sie haben keine Kinder, Herr Pauly! Man merkt das!“, ruft sie und geht.
„Für die kleinen Würmchen ist es schwierig, die Stäbchen in die Nase zu rammen.“Jens Reinbolz, Vorsitzender der SPD-Fraktion
Rund drei Stunden später sind die Gemüter längst beruhigt, doch das Thema kommt nochmals kurz auf. Alexandra Riedmaier von der GUB-Fraktion beantragt, dass die Einrichtungen selbst entscheiden sollten, ob sie die Kinder vor Ort oder ob Eltern diese zuh Hause testen. „So kommen wir den Eltern einen Schritt entgegen und können auf einfache Weise einen Konflikt lösen.“ Pauly lehnt ab und sagt: „Der Druck, der von wenigen Eltern entfaltet wird, ist immens. Die Verantwortung will ich den Kitas nicht zumuten.“
Der Antrag von Jens Reinbolz, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Gemeinderat, findet dagegen mehr Gehör. Er schlägt vor, dass in Einrichtungen neben Nasal- auch Lollitests gemacht werden sollten. „Für die kleinen Würmchen ist es nämlich schwierig, die Stäbchen in die Nase zu rammen“, sagt er. Pauly erklärt, dass man diesen Vorschlag prüfen wolle.
Wie geht es mit der Elterninitiative nun weiter?
Trotz einer möglichen Einführung von Lollitests in Kitas und Kindergärten sieht sich die Elterninitiative nicht am Ende ihrer Mühen. Marianne Markwardt von der Elterninitiative sagte nach der Sitzung, dass man sich nach den Antworten des OB fühle, als ob „uns Steine in den Weg gelegt werden“. „Uns wird es schwieriger gemacht, als es sein muss.“ Die Initiative sei „nicht gestorben“ und man wolle weiter Unterschriften sammeln. „Wir haben unsere Rechte und dafür kämpfen wir“, so Markwardt.