Wie ausgelassen war doch die Stimmung, als sich die deutsche Fußballnationalmannschaft im Sommer 2014 im brasilianischen Rio de Janeiro zum Weltmeister krönte. Überall wurde gefeiert, die Fans lagen sich freudig in den Armen: ob direkt vor Ort im legendären Maracanã-Stadion oder ganz entspannt auf dem heimischen Sofa. Und nicht zuletzt mit Freunden oder der Familie beim Public Viewing.

Nun hat die Corona-Pandemie unseren Alltag seit einer gefühlten Ewigkeit mehr oder minder im Griff, Fußballspiele wie etwa in der Bundesliga fanden seitdem fast ausschließlich ohne Zuschauer und deren lautstarke Unterstützung statt. Pünktlich zur um ein Jahr verschobenen Europameisterschaft dürfen wir uns nun aber über Lockerungen der Corona-Verordnung freuen. Und somit stellen sich auch die Fußballfans auf der Baar die Frage: Kann ich das Turnier vom Freitag, 11. Juni, bis Sonntag, 11. Juli, gemeinsam mit anderen an den TV-Geräten in Bars oder Restaurants verfolgen?

Grenzenlose Freude bei den deutschen Fans bei der WM 2006, als in der Donaueschinger Innenstadt gemeinsam gefeiert wurde.
Grenzenlose Freude bei den deutschen Fans bei der WM 2006, als in der Donaueschinger Innenstadt gemeinsam gefeiert wurde. | Bild: Schröter, Thomas

Entscheidend ist in allererster Linie die Sieben-Tage-Inzidenz. Weil diese im Schwarzwald-Baar-Kreis seit nunmehr fünf Tagen unter dem Wert von 50 liegt, lautet die Antwort auf die eben gestellte Frage: ja.

Die Spielregeln

Laut Angaben des Sozialministeriums können Gastronomen Fußballübertragungen zeigen. Auch mit einem Kino oder Freiluftkino vergleichbare Organisationsformen unter entsprechender Anwendung der Regelungen der Corona-Verordnung zu den Kulturveranstaltungen sind demnach denkbar. Damit hatte das Sozialministerium seine bisherige Auffassung revidiert.

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Die Zulässigkeit ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft, welche die Corona-Verordnung vorgibt. So könne klassisches Public Viewing, wie man es kennt, bei der diesjährigen Fußball-EM Pandemie-bedingt nicht stattfinden. Aber ein „gemeinsames Schauen unter Corona-Regeln“ ist möglich, heißt es von dieser Stelle: Öffentliche TV-Übertragungen – etwa in einem Biergarten – können stattfinden und sind unter den jeweiligen Auflagen der Corona-Verordnung möglich. Zu beachten sind in diesem Zusammenhang beispielsweise die Begrenzung der Gästezahl oder die allgemeinen Abstands- und Hygieneregeln sowie die Einhaltung der Sperrzeiten. Die Tische müssen so aufgestellt werden, dass ein Abstand von mindestens eineinhalb Metern zwischen den sitzenden Personen gewährleistet ist. Im Innenbereich gilt zudem eine Flächenbegrenzung. Das Rauchen ist nur im Freien gestattet. Weiterhin gilt für die Gastronomiebetriebe die 3-G-Regelung (geimpft, genesen, getestet) sowohl für den Innen- als auch für den Außenbereich.

Die Planungen auf der Baar

Pünktlich zum EM-Auftakt am Freitag, 11. Juni, treten im Schwarzwald-Baar-Kreis also weitere Lockerungen in Kraft. Gaststätten dürfen bis 1 Uhr geöffnet sein – mit einem Gast pro 2,5 Quadratmeter, wie das Landratsamt vermeldete. Bräunlingens Bürgermeister Micha Bächle berichtet auf Nachfrage, es gibt in der Zähringerstadt die Regelung, dass der Außengastronomiebetrieb bis 22 Uhr möglich ist. Während des Fußballturniers wird dies bis 0 Uhr verlängert, sodass man auch die Abendpartien anschauen kann. Ebenso habe man wie im vergangenen Jahr Anträge auf Erweiterung der Außenfläche für die Gastronomie bewilligt und auf zusätzliche Gebühren verzichtet.

In Donaueschingen darf die Außengastronomie, entsprechend der städtischen Satzung, generell bis 23 Uhr geöffnet sein. „Während der Fußball-Europameisterschaft ist keine pauschale Verlängerung der Sperrzeit vorgesehen. Bei eingehenden Anträgen zur Erweiterung der Sperrzeit wird im Einzelfall entschieden“, heißt es aus dem Rathaus von Sprecherin Jennifer Schwörer. „Bereits im vergangenen Jahr hat die Stadt die Erweiterung der Außenflächen in Gastronomiebetrieben, wo es unter Berücksichtigung der Sicherheitsaspekte möglich war, erlaubt und dafür auch keine zusätzlichen Gebühren erhoben. Dies wird auch weiterhin so beibehalten.“

Mustafa Gürbüz ist Geschäftsführer der Restaurant-Bar-Flamingo in Bräunlingen. Die Partien der Fußball-Europameisterschaft kann er ...
Mustafa Gürbüz ist Geschäftsführer der Restaurant-Bar-Flamingo in Bräunlingen. Die Partien der Fußball-Europameisterschaft kann er seinen Gästen auf mehreren TV-Bildschirmen sowie einer großen Leinwand (im Hintergrund) zeigen, darüber hinaus auf der Außenterrasse. | Bild: Singler, Julian

Mustafa Gürbüz, Geschäftsführer der Restaurant-Bar-Flamingo in Bräunlingen, freut sich auf die Fußball-EM, plant dennoch in erster Linie vorsichtig. „Wir haben nichts großes geplant, da wir nicht wissen, wie sich die Corona-Situation im Verlauf des Turniers entwickelt“, sagt er dem SÜDKURIER. „Wir werden zwei Gänge zurückschalten, aber sind auf Abruf bereit.“ Man wolle sich nicht in Unkosten stürzen und nachher geht dann doch nichts, weil die Inzidenz wieder nach oben schnellt. „Seit über 20 Jahren zeigen wir jedes Turnier mit mehreren Plasmabildschirmen, wir möchten unsere Gäste mitreißen“, verdeutlicht Gürbüz, der gemeinsam mit Daniel Miletic das Trainer-Duo beim Verbandsligisten FC 08 Villingen II bildet, seine Begeisterung.

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Trotz der verhaltenen Planung in Sachen Public Viewing steht das Flamingo immer in den Startlöchern, um seinen Gästen ein Angebot zu machen. „Weil wir eine Sportsbar sind, ist nach wie vor alles vorhanden. Wir haben sechs Fernseher, eine große Leinwand und draußen ist eine Vorrichtung bereit“, berichtet der Geschäftsführer. Man werde kleinere Sachen machen, sofern das möglich ist. Das Markenzeichen der Kneipe ist Mustafa Gürbüz zufolge der Sport – egal, ob zum Beispiel Skispringen, Darts oder Fußball.

In der gesamten Szene spürt Gürbüz laut eigener Aussage eine gewisse Zurückhaltung bei den Planungen zur Europameisterschaft. Als Beispiel nennt er das mögliche Szenario, dass mehrere Freunde sich zu einem Abendspiel um 21 Uhr verabreden, aufgrund der in Öffnungsstufe zwei festgelegten Sperrzeit ab 22 Uhr aber nach der ersten Halbzeit nach Hause fahren müssten: „Das ist blöd. Wenn Deutschland gewinnt, will man das ja auch genießen und noch ein Bier auf die Mannschaft trinken.“

Markus Wachter
Markus Wachter | Bild: Tobias Ackermann

Ähnlich sieht es auch Markus Wachter von der Centrale Bar & Lounge in Donaueschingen. „Ich habe einen Fernseher drin und bei mir wird Fußball laufen, wenn ich darf“, sagt er. Von Public Viewing wolle der Gastronom jedoch nicht sprechen. Seit Wochen müsse man in der Branche kurzfristig auf aktuelle Entwicklungen reagieren, das sei mühsam und mache die Vorplanung schwierig. „Wir sind gerne da, aber es ist auch immer die Frage, ob die Leute überhaupt kommen, wenn sie sich vorher testen müssen und mittlerweile den heimischen Garten gewöhnt sind“, begründet er seine Vorsicht.