Die Auswirkungen der Corona-Krise lassen sich nicht nur in den Bilanzzahlen der großen Firmen am Ort bemessen. Auch viele Kleinunternehmer sehen sich in ihren oft spezialisierten Geschäftsfeldern mit ganz plötzlichen Umsatz- und Auftragseinbußen konfrontiert. Die geraten in Existenznöte – oder mildern die Krisenerscheinungen durch eine Gegenstrategie: idealerweise, indem man aus der Not Corona eine Tugend macht.

„Wir kommen da kaum hinterher.“

Bei Sigi Zobel, Inhaber der Firma Mail Boxes Etc, ergab sich der Einfall, etwas herzustellen, was momentan extrem gebraucht wird: Abstandsaufkleber nämlich. Ein paar 100 Folien werden in der Firma an der Käferstraße derzeit pro Tag produziert. „Wir kommen da kaum hinterher“, freut sich Zobel über das zusätzliche Standbein, das dank eines deutschlandweiten Netzwerks schnell Bedeutung gewann.

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Das Layout wurde selbst entwickelt, inzwischen gibt es auch personalisierte Aufkleber. „Die Stadt Donaueschingen etwa nutzt Blau für den Stadtbus“, erzählt Zobel. Generell habe er erfreulich viele Aufträge aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis, die meist aus den öffentlichen Verwaltungen kommen.

Kunden warten erst mal ab

Mit Versand, Verpackung, Grafik und Druck ist Mail Boxes an sich breit aufgestellt. Nach dem Umzug im Oktober in dreifach größere Geschäftsräume sollte eine Konsolidierungsphase anstehen. Die endete nach einem sehr guten ersten Quartal mit einer Vollbremsung, auch wenn im Druckbereich die „Pipeline“ noch gut gefüllt sei.

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Doch bei Beschichtungen, ob Autos oder Schaufenster, warten die Kunden erst mal ab. Zobel kann seine beiden Beschäftigten gegenwärtig noch ohne Kurzarbeit halten, doch für Aushilfen und Minijobber hat er gegenwärtig keine Arbeit. Die Soforthilfe für Selbstständige hat er beantragt und bekommen. „Das ging ziemlich schnell“, äußert er sich zufrieden.

Bildunterschrift
Bild: Wursthorn, Jens

Jemand, der die Krise gar nicht spürt, ist Renate Keller. Sie betreibt den Büroservice Boavista. „Büroarbeiten fallen immer an“, sagt sie und wendet sich dem nächsten Auftrag zu. Die Kopierquelle von August Rothenhäusler ist „langsam wieder angelaufen“. Allerdings sei der Kontakt mit den Kunden momentan ein anderer. „Die kommen nur, um gezielt etwas zu holen. Aber ‚Shopping-Erlebnis‘, das Umschauen im Laden fällt gerade völlig aus“, beobachtet Rothenhäusler. Während der Zwangsschließung hatte er die Möglichkeit, Firmenaufträge zu erledigen. Deshalb seien Soforthilfen für den Drei-Mitarbeiter-Betrieb auch kein Thema.

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„Im Moment habe ich keine Neukunden“, sagt Tobias Wolff, der seit zehn Jahren eine Agentur für Print- und Onlinemedien betreibt. Der Soloselbstständige ist froh, dass apfel-z-design vor allem noch zwei gute Kunden die Stange halten. Mit dem Thema Soforthilfe musste er sich noch nicht beschäftigen. Generell verfüge der Grafikdesigner über ein gutes Nervenkostüm. „Es ist immer ein bisschen saisonbedingt, was reinkommt.“ Mit Flauten müsse man in der Branche umgehen und in besseren Zeiten sparen. Das habe er gemacht.

Bild 2: Mit Abstandsschildern gegen die Krise: Wie ein kleiner Betrieb aus Corona Nutzen zieht
Bild: Tobias Wolff

Zu sechst wird bei Alexander Schmid gearbeitet. Im Büro des Freien Architekten wurde umgeräumt. Im Eingangsbereich wurden Arbeitsplätze verlegt, damit Kunden in genügend Abstand etwa Musterungen betrachten können. „Es ist schwerer geworden“, beurteilt Schmid das Arbeiten in der Krise. Zu den aktuellen Problemen gehören beispielsweise ausbleibende Materiallieferungen. Projekte, die angestanden sind, liegen jetzt auf Eis.

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Bild: Wursthorn, Jens

„Aber wir haben noch Aufträge“, sagt er und spricht von einem reduzierten Arbeitsaufkommen im Büro. Wie lange die Krise anhalte und was sie koste, lasse sich nicht sagen oder erst später beziffern. Soforthilfen bekomme er nicht. In 20 Jahren Selbstständigkeit habe er sich die erforderlichen Reserven geschaffen.

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IHK und Corona-Hotline: So läuft es mit der Soforthilfe

  • Die Zahlen: Ziemlich genau 11 000 Anträge auf Soforthilfe hat die IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg bisher bearbeitet. Auf einzelne Orte lasse sich dies aber nicht herunterbrechen, sagt IHK-Justitiar Wolf-Dieter Bauer. Das wäre nur mit einer zusätzlichen Rubrik im Antrag gegangen, auf das man aufgrund der gebotenen Eile verzichtet habe. Die zehn Mitarbeiter die sich auch außerhalb der Pandemie-Situation mit den Anträgen befassen bekamen zeitweise eine mehrfache Zahl von hausinernen Helfern mit Zeitkapazitäten an die Seite gestellt. Sie prüfen die Plausibiliät der Anträge, ehe sie der L-Bank weitergeleitet werden. Der Strom an Anträgen aus den ersten Wochen habe inzwischen etwas nachgelassen.
  • Die Rückmeldungen: Die Hilfen kommen an, weiß Bauer aus Rückmeldungen an die IHK. Für ein Verwaltungsverfahren gehe diese Unterstützung sogar sehr schnell. „Subjektiv können acht bis zehn Tage aber lange dauern“, räumt der Justitiar ein. Eine spätere Prüfung der Rechtmäßigkeit der überwiesenen Summen sei vorgesehen. Das Land werde entscheiden, ob dies stichpunktartig oder flächendeckend geschehe.
  • Die Hotline der Stadt: Auch nach Einschätzung der städtischen Corona-Hotline seien die Soforthilfeprogramme von Bund und Land stark nachgefragt, sagt Rathaussprecherin Beatrix Grüninger. Das sei sicher dem Umstand geschuldet, dass sich die Soforthilfe auf Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten, also den klassischen Mittelstand bezieht, der in unserer Region stark vertreten ist. Die städtische Hotline hat Anfragende insbesondere auf die Förderprogramme aufmerksam gemacht. Oftmals konnte auch gezeigt werden, wo die Anträge online zu finden sind. Generell rate die Stadt rät den betroffenen Gewerbetreibenden, Unterstützungsmöglichkeiten wie die Soforthilfe auf jeden Fall zu nutzen.
  • Die Antragstellung: Ein wichtiges Thema bei den Anfragen war die Trennung von der Landes- und Bundes-Soforthilfe gewesen. „Das hat anfangs zu Verwirrungen geführt“, so Grüninger. Jetzt gelten klare Regeln. Für Antragstellende mit bis zu zehn Beschäftigten greift die Soforthilfe des Bundes und mit elf bis 50 Beschäftigten die Soforthilfe des Landes. „Wichtig ist auch, dass Land und Bund für die Soforthilfen jeweils eigene Formulare haben“, verweist die Rathaussprecherin. (wur)