Es war schon früher klar, dass diese Problematik irgendwann auftauchen wird. Und mit sinkenden Temperaturen und dem Beginn der kalten Jahreszeit, rückt sie unweigerlich in den Fokus: Das Belüften der Klassenzimmer an den Schulen.
Sie bleiben trotz der steigenden Corona-Zahlen geöffnet. Die Vorgabe lautet allerdings, dass alle 20 Minuten die Fenster in den Klassenzimmer geöffnet werden müssen, um einen Luftaustausch hinzubekommen. Aber was bedeutet das für den Unterricht im Winter? Müssen die Schüler sich dicke Jacken und Schals im Klassenzimmer anziehen? Zumindest scheint das der Fall zu sein.
Wieso rüsten die Schulen nicht auf, sorgen etwa für eine maschinelle Belüftung oder den Einsatz von Luftreinigern, wie es etwa der Fachverband Gebäude-Klima oder wissenschaftliche Studien empfehlen? Darüber diskutierten auch die Donaueschinger Stadträte in vergangener Sitzung.

Mit Schal und Tee-Tasse
Einer solchen Empfehlung folgen kann auch Patrick Honer. Der Vater zweier schulpflichtiger Kinder erlebt derzeit, wie mit dem Problem umgegangen wird: „Da gibt es dann die schriftliche Empfehlung, mit Schal und Tee-Tasse zur Schule zu kommen.“ Für Honer untragbar. Mit dem Thema kennt er sich berufsbedingt bestens aus. Er ist Geschäftsführer der Nova Apparate GmbH. Das Donaueschinger Unternehmen stellt moderne Geräte für Klima- und Raumlufttechnik her, rüstet etwa Krankenhäuser damit aus. „Laut Arbeitsstättenrichtlinie muss die Temperatur bei leicht sitzenden Tätigkeiten mindestens 20 Grad Celsius haben“, erklärt Honer. Nun gilt das für den Arbeitsplatz, aber nicht für die Schüler? „Eigentlich hätte man diese Sache bereits im Sommer anschieben sollen.“ Es sei eine Frage des Wollens, selbst alte Zimmer seien nachrüstbar, Fördertöpfe von Bund oder Land anzapfbar.
Was die Stadt sagt
Laut Stadt gebe es dezentrale Lüftungsgeräte, mit denen auch die Schulen der Stadt Donaueschingen nachgerüstet werden könnten. „In Frage kämen hier Lüftungsgeräte mit Außenluftverbrauch und Wärmetauscher. Diese Geräte sind jedoch in der Anschaffung relativ teuer und können auch nicht auf die Schnelle eingebaut werden. Hinzukommt, dass die Geräte nicht geräuschlos arbeiten“, sagt Rathaussprecherin Beatrix Grüninger.
Technische Lösungen gibt es
Das sieht Honer anders, besonders im Vergleich mit anderen Anschaffungen. „Wenn keine technischen Lösungen da wären, sähe das anders aus. Aber es gibt sie.“ Das Unternehmen werde sich in Bälde selbst ein entsprechendes Gerät in den Besprechungsraum stellen – das geht auch mit Schalldämpfer, Luftfilter, Abluft und einer Frischluftzufuhr. In der Schule würde dadurch ein weiteres Problem gelöst: Die Heizkosten, die sich durch das ständige Lüften zwangsläufig erhöhen. Lüftungsgeräte für die Schulen, das sollte Priorität haben.
„Ja der Energieverbrauch an den städtischen Schulen wird sich durch das angeordnete Lüften erhöhen. Demgegenüber stehen aber die hohen Anschaffungskosten der in Frage kommenden dezentralen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Hinzukommt, dass diese Geräte lange Amortisationszeiten haben und wir nicht wissen wie lange die Corona-Krise noch andauern wird“, erklärt Grüninger.
Keine Luftreiniger
Der Einsatz von Luftreinigungsgeräten sei seitens der Stadt auch nicht vorgesehen. Laut Grüninger folge man hier der Empfehlung des Städtetages die besagt, dass Raumluftgeräte an Schulen nicht verlangt werden, wenn die Fensterlüftung wie vorgeschrieben ausreichend erfolgen kann. Zudem werden solche Geräte vom Umweltbundesamt als kritisch betrachtet.
Studien zeigen Ergebnisse
„In Sachen Luftreiniger gibt es sehr deutliche Untersuchungen zur Wirksamkeit“, sagt Honer. So etwa auch von der Rheinisch-Westfälischen Technische Hochschule Aachen (RWTH Aachen University. Dort wird festgestellt, dass immer eine maschinelle Lüftung in Klassenräumen empfohlen wird. Bei freier Lüftung oder zu geringem Luftwechsel könne zusätzlich mit einem entsprechenden Luftreiniger gearbeitet werden.
Das sagt der Elternbeirat
Beim Gesamtelternbeirat sei das Thema noch nicht so prominent aufgeschlagen, erklärt Ramona Vogelbacher vom Beirat. „Die Eltern beschäftigen momentan eher die Masken.“
Die Belüftung der Klassenzimmer sei indes bei beim Landeselternbeirat schon öfter thematisiert worden: „Dort hieß es, die notwendigen Geräte seien in der Masse nicht verfügbar. Von daher habe ich mich bisher auch zurückgehalten, darauf zu pochen.“ Vogelbacher sieht zudem auch nicht die finanziellen Mittel gegeben: „Ich denke nicht, dass wir so viel Geld haben, um die Klassenzimmer entsprechend auszustatten.“ Eine schnelle Lösung sei nicht machbar, selbst wenn man im Sommer damit begonnen hätte. „Die vorgegebenen 17 bis 20 Grad nach Iso-Zertifikat werden unsere Schulen übertreffen.“
So sieht es das Umweltbundesamt
- Empfehlung: Das Umweltbundesamt hat Empfehlungen für die Belüftung von Schulen in der Corona-Pandemie vorgelegt. „Um sich vor infektiösen Partikeln zu schützen, sollte pro Stunde ein dreifacher Luftwechsel erfolgen. Das bedeutet, dass die Raumluft dreimal pro Stunde komplett gegen Frischluft von außen ausgetauscht wird“, schreibt das Umweltbundesamt in seinen im Oktober veröffentlichten Empfehlungen.
- Lüften: In der kalten Jahreszeit soll demnach während des Unterrichts alle 20 Minuten mit weit geöffneten Fenstern für 3 bis 5 Minuten gelüftet werden – sogenanntes Stoßlüften. Zudem solle während der gesamten Pausen gelüftet werden. Für Klassenzimmer, in denen sich die Fenster nicht öffnen lassen – das ist zum Teil aus Sicherheitsgründen der Fall – seien „stationäre, in die Fensterbereiche eingebaute Zu- bzw. Abluftanlagen als baulich schnell realisierbare Option denkbar“.
- Anlagen: Langfristig spricht sich das Umweltbundesamt dafür aus, dass alle Schulen, aber auch Kultureinrichtungen mit Wärmetauschanlagen ausgestattet werden sollten. Bei solchen Lüftungsanlagen wird Frischluft von außen angesaugt und gleichzeitig durch die nach außen strömende Abluft erwärmt. Das sei die nachhaltigste Lösung für den Abstransport von Viren, CO² und Feuchte. Solche Anlagen empfehle man für Neubauten schon seit zehn Jahren. (dpa)