Das Gaststättensterben macht auch vor Hubertshofen keinen Halt. Mit dem „Adler“ verliert der Ort nicht nur ein Gasthaus mit über vier Jahrhunderten langer Tradition, sondern auch ein beliebtes Speiselokal, einen Veranstaltungsort, einen Treffpunkt für die Vereine – und nicht zuletzt mit dem Adlersaal die Spielstätte der beliebten Theateraufführungen, die über 60 Jahre lang an Weihnachten weit über Hubertshofen hinaus als Geheimtipp gehandelt wurden. So bleibt dem Ort als Einkehrmöglichkeit nur noch der gegenüber liegende „Baarblick“, der aber auch schon die Öffnungszeiten reduziert.

Immer wieder aufgeschoben
Das Wirte-Ehepaar Margarethe und Willi Meier hatten diesen Schritt immer wieder aufgeschoben. Inzwischen sind sie 71 und 74 Jahre alt und haben keinen Nachfolger. Die beiden Söhne haben studiert und kein Interesse daran, das Gasthaus zu übernehmen.

Zudem sei es zu zweit immer schwieriger geworden, die Spitzen in diesem Gewerbe abzudecken. Die Schwankungen seien im Laufe der Jahre immer stärker geworden. Das sei oft auch vom Wetter abhängig. Bei schlechtem Wetter käme keiner, bei schönem Wetter sei die Terrasse voll gewesen.
Es wird immer schwieriger
Das zu bewältigen, sei mit fortschreitendem Alter immer schwieriger geworden. Oft sei man abends „fix und fertig“ gewesen. Doch obwohl Willi Meier in der Zwischenzeit eine schwere Krankheit durchgestanden hat, habe man weiter gemacht, vor allem, „damit die Vereine noch eine Wirtschaft haben“. Eigentlich ist er schon seit 2013 Rentner.

Nie Langeweile
Beide haben ein bewegtes Berufsleben hinter sich. Neben der Gastwirtschaft und der Landwirtschaft arbeitete Willi Meier tagsüber noch in seinem Beruf. Oft musste er zusätzlich raus, wenn in der Nachtschicht Hilfe gebraucht wurde. Meier war schon immer technisch interessiert, sollte aber den elterlichen Betrieb übernehmen.
So arbeitete er erst vier Jahre in einem Betrieb, bevor er dann mit 18 eine Lehre als Mechaniker bei der Firma Rainer, wo er später eine Abteilung führte und bis 2001 blieb. Den Rest seines Berufslebens verbrachte er in einem Sägewerk, wo er ebenfalls für die Mechanik zuständig war.

Einen Feierabend gab es praktisch keinen, denn das Personal in der Gastwirtschaft war nicht üppig. Und erst 1998 gab Familie die Landwirtschaft auf. Als Margarethe Maier 1976 in die Familie einheiratete, wurde sie voll in den Betrieb integriert und die Gäste schätzten ihre Kochkunst. In Spitzenzeiten versorgte sie schon einmal 120 Personen, an Hochzeiten, Kommunionen manchmal mit mehreren Partien gleichzeitig oder im November, wenn die großen Hubertusjagden stattfanden.
Sie haben nie gerne nein gesagt
Anfangs hatten die Eltern noch mitgeholfen. Später betrieb das Ehepaar den „Adler“ meistens zu zweit, für Spitzenzeiten standen fünf bis sechs Aushilfen auf Abruf. Manchmal sei die Belastung extrem gewesen, aber man habe auch nicht gerne nein gesagt. Schließlich seien die Leute gerne gekommen.
Oft umgebaut
Immer wieder wurden an dem Anwesen Umbauten und Renovierungen vorgenommen. Otto Meier, der Vater des jetzigen Adlerwirts hatte Fremdenzimmer eingerichtet, Anfang der 1950er Jahre an den Saal eine Bühne angebaut und die Gaststätte 1955 und 1972 grundlegend renoviert. Seit 1955 findet man auf dem Deckenbalken folgenden Spruch: „Rostig wird am Gleis die Schiene, wenn der Zug nicht drüber läuft, finster wird des Mannes Miene, wenn er ab und zu nicht säuft.“
Ostteil des Adlersaals verschwindet
1967 wurde der Stall nach hinten verlegt. Die umfangreichsten Umbauten nahm jedoch zweifelsfrei Willi Meier vor. Im Jahr 1987 wurde der gesamte Ostteil mit dem alten Adlersaal abgebrochen und ein neuer moderner Saal errichtet. Der neue Saal mit 120 Sitzplätzen wurde am 26. März 1988 feierlich eröffnet.
Unter den Gästen war auch Joachim Fürst zu Fürstenberg, denn fürstliche Jagdgesellschaften waren damals Stammgäste im „Adler“. 1997 wurde erneut umgebaut. Der gesamte Dachstuhl im Westflügel über dem Lokal musste weichen und wurde neu aufgebaut.
Eine besondere Musikmaschine
Geht man heute durch die Räumlichkeiten des „Adler“ so stolpert man über ein ganz besonderes Stück, das eng mit der Geschichte der Gastwirtschaft verbunden ist. Theodor Ritter, der Großvater von Willi Meier war Orgelbauer und war neben der Gastwirtschaft bei der Vöhrenbacher Orgelfabrik Imhof beschäftigt. 1887 machte er sich daran, nebenher eine Musikmaschine für sein Lokal zu bauen.
Nach drei Jahren war das Werk vollbracht: eine schrankgroße Orgel mit 54 Pfeifen und 4 Glocken und einem Blasebalg aus Leder. Vier hölzerne mit Stahlstiften besetzte Walzen enthalten 32 Musikstücke aus der damaligen Zeit, die über einen Drehknopf in der Seitenwand ausgewählt werden können.
Was spielt das Gerät?
Das Repertoire enthält vor allem Walzer und Märsche, die Hits von Ende des 19. Jahrhunderts, wie etwa den Radetzky-Marsch, „Am Brunnen vor dem Tore“ oder „Die Schützenliesel“.

Noch bis Mitte der 1950er traf sich die Hubertshofener Bevölkerung immer wieder bei Orgelmusik in der gemütlichen Gaststube im „Adler“. 239,51 Mark hatte die Walzenorgel gekostet, der Erbauer hatte über jede Ausgabe peinlich genau Buch geführt. Heute ist sie ein seltenes Einzelstück, das von der Familie sorgsam gepflegt wird.
Etwas Zeit für sich
Margarethe und Willi Meier freuen sich nun darauf, nach über 40 Jahren endlich etwas Zeit für sich selbst zu haben. Sie haben sich E-Bikes angeschafft und möchten nun Ausflüge in die nähere Umgebung zu machen. Doch das Haus muss trotzdem gepflegt werden. Der „Adler“ soll zunächst unverändert bleiben und wird eines Tages an die Nachfahren übergeben. Vielleicht wird es ja nur ein Dornröschenschlaf, und es findet sich doch irgendwann jemand, der den „Adler“ wieder aus diesem Schlaf erweckt.