Arbeitsunfälle waren früher ein unvermeidliches, quasi eingepreistes Übel. Es gibt sie immer noch, es sind aber weniger geworden: Auch dank umfangreicher Präventionsmaßnahmen, wie sie Gewerbebetriebe in Donaueschingen auflisten.
„Wir hatten bei Storz in den vergangenen Jahren keine schweren Arbeitsunfälle“, sagt Karsten Roth, Leiter der Donaueschinger Niederlassung des Straßenbauunternehmens mit Hauptsitz in Tuttlingen. Rund 100 Mitarbeiter sind in Donaueschingen beschäftigt, drei Viertel davon auf Baustellen. Sechs kleinere Vorkommnisse, etwa ein eingeklemmter Finger, wurden 2020 verzeichnet. Bei rund 15.000 Personentagen sei das ein ausgezeichneter Wert.
Insgesamt sei die verbesserte Sicherheit auf Baustellen auf mehreren Faktoren begründet. Generell gebe es eine Sensibilisierung für das Thema Arbeitssicherheit. Zudem gebe es intensive Schulungen, moderne Sicherheitsausrüstung und einen hochtechnischen Maschinenpark mit integrierten Sicherheitssystemen – wie etwa Rückfahrsignale.
Entscheidend sei die professionelle Sicherung von Baustellen, ergänzt Herbert Aggeler, Fachkraft für Arbeitssicherheit. Wo früher eine Laterne mit einer Kerze ausreichte, gibt es heute Schrankensysteme mit DIN-Zulassung. Gefährlich werde es, wenn sich Routine und damit ein gewisser Trott einschleichen.

Bei jüngeren Mitarbeitern sei die Vorsorgekultur, etwa beim vorgeschriebenen Gehörschutz, ausgeprägter als vor Jahrzehnten, so Roth. Vom modernen Maschineneinsatz in der Bauindustrie profitierten alle Altersgruppen. Verschleißerscheinungen aus der harten körperlichen Arbeit gehen zurück.
Statistik weist weniger Arbeitsunfälle aus
In der Tat zurückgegangen sind meldepflichtigen Arbeitsunfälle beim Bau. Sie sanken laut einer Aufstellung der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) zwischen 2000 und 2019 von 246.287 auf 106.774. Erlitten im Jahr 2000 neun von 100 Beschäftigen einen Arbeitsunfall, waren es 2019 noch fünf. „Durch den Umgang mit schweren Maschinen und Baustoffen sowie ständig wechselnden Arbeitsplätzen sind die Unfallrisiken relativ höher als in manchen anderen Branchen“, sagt BG Bau-Pressesprecher Thomas Lucks.
Als weitere Gründe für Arbeitsunfälle nennt Lucks den Einfluss der Witterung, den Termindruck, den Umgang mit unterschiedlichen Gefahrstoffen, schlechte Koordination der Gewerke und verantwortlichen Akteure, aber auch sprachliche und kulturelle Hintergründe, die zu Kommunikationsproblemen führen.
Holz ist „potentiell gefährlich“
„Potentiell gefährlich.“ So beschreibt Benedikt Unger, bei Fürstenberg-THP auch für Arbeitssicherheit zuständig, den Umgang mit dem Werkstoff Holz. Der 50-Mitarbeiter-Betrieb, der in Hüfingen Masten und Schwellen herstellt, beschäftigt etwa 35 Kollegen auf dem Betriebsgelände und 15 im Büro.

Er hatte schon seit vielen Jahren keine schweren Unfälle zu verzeichnen, auch wenn Bagger, Stapler und Transportwagen Fahrzeuge sind, die Gegenstände mit hunderten Kilo Gewicht bewegen und bei falscher Handhabung schnell Unfälle mit Verletzungsfolge verursachen könnten.
Der Betrieb legt großen Wert, alle Vorbeugemöglichkeiten auszuschöpfen. Diese Kette laufe von der regelmäßigen Wartung der Maschinen über prozess- und arbeitsplatzorientierte Gefährdungsbeurteilungen bis zur regelmäßigen Unterweisungen und Wiederholungsschulungen der Mitarbeiter sagt Unger. „Letztlich aber kommt es darauf an, dass der Mitarbeiter mit dem Kopf bei der Sache ist“, fügt er an.
Die finanzielle Seite
Auf dem Betriebsgelände gehe es robust zu, da sei die richtige Einstellung unabdingbar. Hinzu kämen sicher bedienbare Maschinen, Arbeitskleidung, aber auch ausreichend Pausen und Getränke. Es sei die Summe der Arbeitsbedingungen, was die Mitarbeiter schütze, wie Unger betont.
Zwischen 2013 und 2019 elf Prozent weniger Unfälle
Thomas Ulmer aus der Kommunikationsabteilung der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) betont den Bereich Präventionsmaßnahmen. In Zusammenarbeit mit den Betrieben seien technischen Schutzmaßnahmen schon weit entwickelt. So spielten neben Sicherheitsaspekten und klassischem Unfallschutz auch gesundheitliche Fragen und Gesundheitsschutz immer mehr eine Rolle. Auch die BGHM verweist auf rückläufige Zahlen bei Arbeitsunfällen. Sie gingen zwischen 2013 und 2019 um elf Prozent auf 142.485 zurück, während die Zahlen auf dem Bau in diesem Zeitraum eher stagnierten.

Durchschnittlich wurden bei Sick-Stegmann in Donaueschingen von 2009 bis 2019 fünf Arbeitsunfälle pro Jahr registriert. Damit liegt der Spezialist für Sensoren laut Senior Vice President Bernhard Cordes deutlich unter den durchschnittlichen Unfallzahlen der Berufsgenossenschaft, welche mit 22,3 Arbeits- und Wegeunfällen je 1000 Mitarbeitern angegeben werden. Die am Arbeitsplatz aufgetretenen Unfälle seien zumeist nicht schwerwiegend, es handelt sich um kleinere Verletzungen, die auch im Büroumfeld passieren können und direkt vor Ort versorgt werden. Von den 449 Beschäftigten im Geschäftsjahr 2019 waren 175 in der Fertigung beschäftigt.
Arbeitsergonomie ist gleichwertig
Das Thema Arbeitssicherheit besitze bei Sick Stegmann einen unverändert hohen Stellenwert, so Cordes weiter. Dabei weise das Thema Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz Aspekte auf, die über den Bereich Arbeitssicherheit hinaus gehen. Die Arbeitsplatzergonomie etwa sei dabei absolut gleichwertig zum Feld Arbeitsunfälle zu sehen.
Arbeitsunfall und Meldepflicht
„Wir sind 150 Tage unfallfrei und im Logistikbereich über ein Jahr“, sagt Ilona Zimmermann, Pressesprecherin der Fürstenberg Brauerei. In der Branche seien das sehr gute Ergebnisse und die Früchte langjähriger Beschäftigung mit dem Thema Sicherheit. Um schon seit Jahren von der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) als „Prämierter Betrieb“ geführt zu werden, seien Anstrengungen jenseits der Norm notwendig.

Schon seit zehn Jahren greift ein Programm, das sich nicht auf die Vermeidung von Arbeitsunfällen beschränkt, sondern vorbeugend Gefahrenstellen beseitigt und Erleicherungen am Arbeitsplatz wie etwa Hebehilfen und sichere Übergänge schafft. Der seit 2014 fest installierte Safety Day kombiniert an verschiedenen Stationen auf dem Brauereigelände Arbeitsschutzthemen und Fragen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Externe Referenten informieren über Stressbewältigung, Rückenprävention oder gesunde Ernährung.
Gleichwohl aber ließen sich Arbeitsunfälle in einem produzierendem Betrieb mit 200 Mitarbeitern, davon ein Viertel in der Produktion, nicht ausschließen. Die träten im Bereich der Glasflaschenabfüllung ebenso wie als Stolpern oder Stürzen auf dem Gelände auf.