Reichlich Gesprächsstoff, aber auch Unverständnis gab es in den vergangenen Tagen in Hüfingen. Drei Millionen Euro hat die Stadt Hüfingen bei der Bremer Greensill-Bank angelegt. Nun ist fraglich, ob die Stadt ihr Geld jemals wiedersieht, denn der Bank droht die Insolvenz.

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Positive Kommentare zu den Hüfinger Bankgeschäften sucht man in den sozialen Medien vergeblich. Die Reaktionen reichen von „Wenn man keine Ahnung hat sollte man kein Geld anlegen“ über „Mal schauen wie der gute Herr Bürgermeister da raus kommt. Bin sehr gespannt“ und „Das war‘s dann wohl mit dem Aquari! Kohle weg, Hallenbad weg. Danke, Herr Bürgermeister.“ bis zu „Dann weiß ich ja jetzt wenigstens wozu die Grundsteuererhöhung gut war....“ und „An anderer Stelle müssten manche den Hut nehmen...“.

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Während die Bürger diskutieren und auch das Thema auf den Tisch bringen, wer nun für den Verlust aufkommen wird und ob das weitere Steuer- und Gebührenerhöhungen mit sich bringt und wo zukünftig in Hüfingen wohl gespart wird, hat im Rathaus die Aufarbeitung begonnen. Mit den Fraktionssprechern gab es am Freitag eine Sondersitzung, in der Bürgermeister Michael Kollmeier erste Ergebnisse vorgestellt hat. Und auch in der nächsten Gemeinderatssitzung soll das Thema dann auf der Tagesordnung stehen. Voraussichtlich findet die jedoch erst am 22. April statt – ob öffentlich oder nicht-öffentlich steht allerdings nicht fest.

Keine Hinweise von der BaFin und dem Gemeindetag

Bürgermeister Michael Kollmeier ist laut Mitteilung des Rathauses nicht gut auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu sprechen. Sie habe bis zum Eintritt des Moratoriums den Kommunen keinen Hinweis auf die unklare Situation der Bank gegeben, wie etwa über den Gemeindetag und das, obwohl sie Greensill schon seit Längerem unter Beobachtung gehabt habe.

Hätte Hüfingen das Geld überhaupt anlegen dürfen?

Für reichlich Ärger hatte allerdings eine ganz andere Tatsache gesorgt: Der Hüfinger Gemeinderat hatte gewisse Statuten festgelegt, diese sollen aber nicht berücksichtig worden sein. SPD-Fraktionssprecherin Kerstin Skodell äußerte sich am 11. März im Gespräch mit dem SÜDKURIER deutlich, dass die Stadt Hüfingen nur Geld bei Banken mit einem A-Rating anlegen dürfe. Die Greensill-Bank habe zu dem Zeitpunkt, als Hüfingen die Geldanlage getätigt habe, bereits ein B-Rating gehabt. Und auch BFSO/Grünen-Fraktionssprecher Michael Steinemann hatte darauf verwiesen, dass die Bank ein zu schlechtes Rating gehabt habe, um dort überhaupt Geld anzulegen.

„Auch den Besten und Verantwortungsbewusstesten unterläuft mal ein Fehler, „dennoch haben wir hieraus sofort Konsequenzen gezogen.“
Michael Kollmeier, Bürgermeister

Darauf reagiert nun der Bürgermeister und räumt Fehler im eigenen Haus ein. „Wir haben eine vom Gemeinderat beschlossene Anlagerichtlinie. Diese schreibt vor, dass wir Festgeldanlagen nur mit Geldinstituten machen, die ein Rating von A haben“, erklärt er. In diesem Fall jedoch hätte der Kassenleiter, der bisher stets alle Geldanlagen mit großer Sorgfalt und Sachkenntnis vorbereitet hatte, bei der Geldanlage am 29. Dezember 2020 auf eine Kapitalmarktinformation vom 15. Dezember 2020 vertraut. Warum dieser hier kein offizielles tagesaktuelles Rating angefordert habe, sei unerklärlich. „Wir hatten nach unseren bisherigen Erfahrungen keinen Grund, an den Angaben zu zweifeln“, führt der Bürgermeister aus. Denn zum Zeitpunkt der Anlage am 29. Dezember 2020 habe die Bank tatsächlich ein B-Rating.

„Wir tun alles, um den Schaden für die Kommune so klein wie möglich zu halten und die Möglichkeit einer Wiederholung auszuschließen.“
Michael Kollmeier

„Auch den Besten und Verantwortungsbewusstesten unterläuft mal ein Fehler“, sagt Michael Kollmeier, „dennoch haben wir hieraus sofort Konsequenzen gezogen.“ Die Stadt habe den Fall bereits bei der Eigenschadensversicherung gemeldet und prüfe arbeitsrechtliche Maßnahmen. Des Weiteren soll mit dem Gemeinderat über eine Verschärfung der Anlagenrichtlinie beraten werden. „Wir tun alles, um den Schaden für die Kommune so klein wie möglich zu halten und die Möglichkeit einer Wiederholung auszuschließen“, betont er.

Geld sicher anlegen und Zinsen bekommen wird immer schwerer

Doch warum hatte die Stadt Hüfingen nicht bei einer örtlichen Bank das Geld angelegt, sondern im weit entfernten Bremen? Grund dafür waren laut Kollmeier die Negativzinsen, die bei der Hausbank gedroht hätten. Dadurch und durch den Wegfall der Einlagensicherung für Kommunen 2018 sei es herausfordernd geworden, Geld anzulegen – und zwar mit ausreichender Sicherheit und so, dass es einen angemessenen Ertrag erwirtschaftet. Dies verlange die Gemeindeordnung Baden-Württemberg. „Wir sind sehr umsichtig mit unserem Liquiditätsmanagement“, stellt der Bürgermeister klar und fügt an: „Aktuell hat Hüfingen kommunales Geld bei elf verschiedenen deutschen Banken sowie drei verbundenen Organisationen angelegt.“ Die Stadtkasse hätte das Risiko stets weit gestreut.

Kollmeier wehrt sich gegen Vorwürfe der Zockerei

Die Diskussionen in Hüfingen scheinen den Bürgermeister nicht komplett unberührt zu lassen und deshalb wehrt er sich nun auch gegen Vorwurf der Zockerei, die ihn von einzelnen Bürgern scheinbar erreicht haben. „Wir wirtschaften sehr solide. Die Liquidität für den laufenden Haushalt ist weiterhin gesichert. Die Stadt Hüfingen ist schuldenfrei“, sagt der Hüfinger Bürgermeister. Kollmeier bedauert es nach eigenen Angaben sehr, wenn die Stadt durch die Anlage bei Greensill Geld verlieren würde, nicht zuletzt, weil die Stadtkasse mit ihrem umsichtigen Finanzmanagement für die Stadt seit 2000 Zinserträge von 11,6 Millionen Euro erwirtschaftet habe.