Niedereschach – Seit rund einem Jahr haben sich durch die Corona-Pandemie weltweit, in Europa, Deutschland, Baden-Württemberg bis hinein in jede noch so kleine Gemeinde die Ereignisse überschlagen. Die Eindämmung der Corona-Infektionen ist eine so noch nie gekannte Aufgabe für Politik, Verwaltung und die gesamte Gesellschaft und hat Auswirkungen in alle Lebensbereiche.

Auch das Heimatmuseum der Gesamtgemeinde Niedereschach ist stark betroffen und aktuell aufgrund der Corona-Verordnungen noch geschlossen. Museumsleiter Hand Otto Wagner scharrt bereits kräftig mit den Hufen und kann die Öffnung des Museums kaum erwarten, zumal das Museumsteam ein entsprechendes Hygienekonzept vorzuweisen hat.
Die verordnete Schließung der von Wagner liebevoll Lebens-Spuren-Heimatmuseum genannten Einrichtung hat dazu geführt, dass dort geplante und sehr beliebte regelmäßige Veranstaltungen wie das Liedersingen oder das närrische Lumpen-Liedle-Singen mit Werner Reich und Wolfgang Hauser, das seit Jahren fester Bestandteil den umfangreichen Museumsprogrammes ist, nicht stattfinden konnten. Ebenso abgesagt werden mussten lange geplante Sonderausstellungen und nicht wenige, vor allem auch ältere Fischbacher vermissen das ebenfalls geschlossene Museums-Café, das etwas Abwechslung in den Alltag brachte.

Wagner wäre jedoch nicht Wagner, wenn er die zurückliegenden Schließungsmonate nicht genutzt hätte, im Museum wieder einiges umzugestalten. Sobald es die Corona-Verordnungen zulassen – und Wagner und sein Team hoffen, dass dies im April der Fall sein wird – soll das Museum wieder jeden ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr geöffnet werden. Dann können die Besucher neben den Sonderausstellungen auf rund 580 Quadratmetern und fünf Etagen wieder eintauchen in die Welt und das Leben früherer Generationen.
Dazu gehören auch die früher üblichen Heiligenbilder. Im Treppenhaus des Museums hängt eine beachtliche Sammlung religiöser Bilder, wie sie früher auf dem Dorf und im Kleinbürgertum üblich waren. Besonders stechen die großen Darstellungen im sogenannten Handtuchformat hervor, auch Schlafzimmerbilder genannt. Sie gehören zur Schule der Nazarener und behalten durch den Öldruck ihre Farbkraft über lange Zeit. Eine Anzahl widmet sich den Schutzengeln, wie sie früher die Kinderzimmer schmückten. Die Sammlung wird laufend erweitert, so auch während der Zeit der aktuellen Schließung.
Für Interessierte überaus faszinierend ist es, sich einmal mit der im ersten Stockwerk zu bestaunenden Gemütlichkeit wie bei Oma zu Hause zu befassen. Liebevoll mit Originalausstattung ausgebaut, bietet sich dort dem Besucher ein Wohlfühl-Ambiente mit Erinnerungen an Kindheit und Großmutters Zeiten. Schlafzimmer, Stube oder Küche machen den Eindruck, als ob die Bewohner gerade mal zum Einkaufen weggegangen sind. Kein Detail fehlt, fast nichts ist in Vitrinen versperrt. Die Besucher können alles vorsichtig „begreifen“, wenn sie es danach wieder an seinen Platz zurücklegen.
Kinder entdecken gleich am Eingang einen alten, begehbaren Kaufmannsladen mit dem Originalzubehör. In der großen Wandvitrine und einem Schrank daneben können die Besucher einfache Spielzeuge und Puppenstuben der Großeltern bewundern
Im Obergeschoss und dem mit viel Liebe und Schweiß vom unvergessenen und inzwischen verstorbenen Hugo Stern und seinen Helfern ausgebaute Dachstock betreten die Besucher als erstes den Veranstaltungsraum, die Münzerstube. Dort ist Platz für rund 50 Personen, um verschiedensten Vorführungen zu lauschen. Die Akustik ist durch die schrägen Wände und die alte Holztäfelung hervorragend. Dieser Raum dient auch für wechselnde Ausstellungen und Veranstaltungen.
Das Konzept des Museums besteht hauptsächlich in der inszenierten Darstellung des dörflichen Lebens der heimischen Region in der Zeit von 1860 bis in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts. Gegenstände werden im Zusammenhang mit dem dörflichen Lebensraum ausgestellt. So soll der Besucher nicht Schaukästen oder Vitrinen gegenüber stehen, sondern sich mitten im früheren Umfeld bewegen. Sei es Schlachthaus, gute Stube oder Küche, Bad oder Werkstätten: alles ist im ursprünglichen Zusammenhang ausgestellt und dadurch größtenteils selbsterklärend.
Diese szenische Darstellungsweise, wie sie in Frankreich schon lange Tradition hat, wird inzwischen auch in Deutschland gerne praktiziert und wurde vom Museumsteam übernommen. „Diese Darstellungsweise bietet auch dem Laien einen großen Selbsterkennungswert und der Besuch wird zur erlebbaren Erfahrung“, betont Wagner und ist davon überzeugt, dass dadurch das Verständnis für die Lebensweise und die Geschichte im Dorf früherer Zeiten gefördert und leicht verständlich gemacht wird.
Die Vielzahl der Objekte regt die Entdeckerfreude und Neugier an, wobei die Fülle der Hausgegenstände der Gepflogenheit früherer Zeiten entspricht, nichts wegzuwerfen. Dies stehe ganz im Gegensatz zur nüchternen Sachlichkeit heutiger Wohnungen, weiß der Museumsleiter. Das Gleiche gelte auch für die Werkstätten und Fachräume.