Das war wirklich die allerletzte Minute. Wenn nicht sogar die aller-allerletzte. Sonst wäre der 25-Jährige aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis vielleicht tatsächlich hinter Gittern gelandet. Mit einem Last-Minute-Geständnis entging der Mann jetzt vor dem Villinger Schöffengericht vielleicht um Haaresbreite dem Aufenthalt hinter schwedischen Gardinen.
Verdächtiger Marihuana-Geruch
Doch was war überhaupt passiert, damals vor eineinhalb Jahren, als alles seinen Lauf nahm? Weil es im Gang des Hauses, in dem der 25-Jährige lebt, massiv nach Marihuana roch, rief die Vermieterin die Polizei. Und die wurde fündig – und wie.
Drogen – und alles mögliche für den Weiterverkauf
Die Ordnungshüter fanden in der Wohnung des Mannes über 50 Gramm Amphetamine und knapp 70 Gramm Marihuana. Doch damit nicht genug. Auch eine Feinwaage, eine Pillenpresse, Verpackungsmaterial und ein Vakuumiergerät entdeckten die Beamten dort.
Zahlreiche Utensilien für den Cannabisanbau lagen in dem Appartement, zudem ein Klappmesser, Schreckschusswaffen sowie ein Einzelrepetiergewehr. Die Folge: Wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln stand der Mann jetzt vor Gericht.
Der Angeklagte, inzwischen offiziell Betreiber eines Cannabis-Fachgeschäfts im Landkreis, versuchte sich zunächst herauszureden. Alle gefundenen Drogen seien lediglich für seinen persönlichen Konsum bestimmt gewesen, „definitiv“, betonte er. Keine der Waffen sei zudem schussfähig gewesen, der Repetierer gar ein reines Deko-Objekt.
So dramatisch lief der Polizeieinsatz
Doch schon der erste Zeuge zeichnete ein ganz anderes Bild. Der Polizeioberkommissar war bei dem Einsatz in der Wohnung des Angeklagten mit von der Partie gewesen. Und da hatte sich der 25-Jährige durchaus nicht so ganz unauffällig verhalten: Der Mann habe die Polizisten durch den Glaseinsatz in seiner Wohnungstür bereits kommen sehen, berichtete der Zeuge.
Als die Beamten nämlich die Tür aufgedrückt hatten und nun vor dem Rottweiler des Angeklagten standen, sei der Mann bereits mit einem Rucksack durchs Fenster und über die Dächer geflüchtet. „Der war vermutlich gefüllt mit Dingen, die wir nicht finden sollten“, so der Polizist. Was sich tatsächlich darin befand, bleibt allerdings ein Geheimnis: Festnehmen konnten die Beamten den Flüchtigen an besagtem Tag nicht mehr.
„Es ist einfach zu viel, was wir hier gefunden haben“, zeigte sich der Ermittler jedoch überzeugt davon, dass der Angeklagte auch mit den Drogen gehandelt habe. „Und das waren wahrscheinlich nur die Reste, bei seiner Flucht hatte er wohl auch Betäubungsmittel bei sich.“
Der Moment der Einsicht kommt
Wenig einsichtig zeigte sich zu dem Zeitpunkt indessen noch der Angeklagte selbst. Erst als Staatsanwalt Robert Aichele in seinem Abschlussplädoyer zur möglichen Strafe kommen wollte, wurde er wohl nachdenklich. Angesichts des fehlenden Geständnisses tue er sich schwer, hier einen minderschweren Fall zu sehen, betonte der Vertreter der Anklage. „Hier kommt zu viel zusammen, das auf einen Handel hindeutet.“
Der Moment für den Beschuldigten, sich doch noch einmal zu Wort zu melden. Ja, er habe mit den Drogen „definitiv eine Gewinnerzielungsabsicht“ gehabt, druckste der 25-Jährige nun kleinlaut ins Mikrofon. „Ich habe damit meinen gesamten Konsum finanziert“, erklärte er.
Späte Einsicht bringt Bewährungsstrafe
„Sie haben gerade noch die Kurve gekriegt“, würdigte Staatsanwalt Aichele den Auftritt. Er forderte für den minderschweren Fall eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren sowie eine Geldstrafe von 3500 Euro. Verteidiger Hartung Schreiber plädierte auf eine Bewährungsstrafe von 18 Monaten. „Die Einsicht kam spät, aber sie kam“, so der Rechtsanwalt.
Auch das Schöffengericht zeigte am Ende Milde. Ein Jahr und zehn Monate Haft auf Bewährung sowie 2000 Euro Geldstrafe lautete das Urteil gegen den 25-Jährigen.