Wer derzeit in Supermärkten oder im öffentlichen Nahverkehr unterwegs ist, wird immer wieder auf Menschen treffen, die keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen. Das können Menschen sein, die den Mundschutz aus ideologischen Gründen nicht tragen wollen. Eventuell aber sind das aber Personen, die schlicht aus medizinischen Gründen keine Maske aufziehen können. Der SÜDKURIER hat mit vier Menschen aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis gesprochen, die ein solches Attest besitzen.
Stephanie Fischer ist 33 Jahre alt und kommt aus Schwenningen. Sie besitzt ihr Attest seit dem 29. April. „Ich habe es, weil ich Asthma habe. Im Sommer kommt dann noch der Heuschnupfen dazu“, sagt sie. Das Attest zu erhalten war kein Problem. Ihr Hausarzt verschreibt ihr immer das Asthma-Spray und kennt sie schon lange. Entsprechend weiß er, dass Fischer ein Attest benötigt.

„Für eine kurze Zeit kann ich einen Mundschutz tragen. Etwa wenn ich kurz zum Bäcker geh und ein Brot kaufe. Längere Aufenthalte etwa im Supermarkt sind aber nicht möglich“, sagt die 33-Jährige. Für andere Kunden ist Fischer damit zu einem Angriffspunkt geworden. „Es gibt Kunden, die sich schon über mich beschwert haben“, sagt sie. Manche hätten sie sogar schon angeschrien. „Und in manche Läden darf ich trotz meines Attests überhaupt nicht rein“, ergänzt die Schwenningerin.
Um Probleme und den Stress zu vermeiden, geht Fischer nur noch selten einkaufen. An das Risiko, sich anzustecken, habe sie sich schon gewöhnt.
Starkes Asthma ist auch bei Gabi K. – sie möchte nicht, dass ihr voller Name genannt wird – der Grund für die Mundschutzbefreiung. „Ich halte höchstens eine Minute unter der Maske aus. Dann riskiere ich, einen Asthma-Anfall zu erleiden“, sagt die 37-Jährige, deren voller Name der Redaktion bekannt ist. Die Erkrankung habe sie seit ihrem 20. Lebensjahr. Das Attest zu Befreiung der Mundschutzpflicht, habe sie von ihrem Hausarzt. Der kenne ihre Krankengeschichte schon lange.
Zu Beginn der Maskenpflicht habe sie viele negative Erfahrungen machen müssen, weil sie ohne Mundschutz im Supermarkt war: „Ich war beispielsweise in der Gemüseabteilung im E-Center in Villingen. Dort wurde ich angeschrien, ich solle eine Maske aufziehen. Ich wusste gar nicht so recht, was ich antworten soll.“ Das Problem: „Wenn ich mich aber zu stark aufrege, riskiere ich auch einen Asthma-Anfall“, sagt die Villingerin. Mittlerweile reagiere sie selbstbewusster: „Ich habe irgendwann angefangen, ruhig zu antworten, dass ich ein Attest zur Befreiung habe.“
Falsche Solidarität
Die Anfeindungen ihr gegenüber seien in der Zwischenzeit weniger geworden. Das könnte laut K. daran liegen, dass die Menschen unvorsichtiger mit Corona umgehen. Sie habe von einem Kunden im Supermarkt sogar schon falsche Solidarität erfahren: „Der Mann sagte zu mir, dass er es auch gerne wie ich machen und die Maske weglassen würde. Ich habe ihm dann gesagt, dass ich schweres Asthma habe und er sicher nicht mit mir tauschen will. Danach hat er eingesehen, dass das, was er sagte, vielleicht nicht so clever gewesen ist“, erzählt die 37-Jährige.
Sie selbst würde die Maske tragen, wenn es ging – und tut das auch manchmal. K.: „Ich merke gleich morgens, ob es ein guter oder schlechter Tag wird. Wenn es ein guter Tag ist, ziehe ich den Mundschutz auf, wenn ich ihn nur kurz brauche.“
Mundschutz trotz Attest
Ein Attest wegen seines Asthmas hat Dennis Mattutat aus Mönchweiler. Zwar sei der Mundschutz für ihn sehr unangenehm, dennoch trage er einen. „Es ist meine Pflicht, nicht nur mich, sondern auch andere zu schützen“, sagt der 38-Jährige. Und für zehn bis 15 Minuten sei es aus seiner Sicht auch für Asthmatiker möglich, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Generell schaut Mattutat aber, dass er sich nur unter viele Leute begebe, wenn es notwendig sei.

Er selbst beobachtet, dass viele Menschen wieder nachlässiger werden: „In keinem Supermarkt wird darauf geachtet, dass der Mundschutz auch richtig getragen wird.“ Häufig bedeckten Menschen nur ihren Mund, aber nicht die Nase. Das bringe dann auch nichts. Zu Beginn der Pflicht habe er andere sogar auf einen fehlenden oder falsch getragenen Mundschutz angesprochen. Das mache er aber nicht mehr.
Viel Aggression, weil sie aus gesundheitlichen Gründen keinen Mundschutz tragen kann, hat auch eine Schwenningerin erfahren, die nicht namentlich genannt werden will. Die 27-Jährige hat ebenfalls Asthma. „Ich fahre häufig mit dem Bus. Da wurde ich von einer älteren Frau verbal massiv angegriffen“, erzählt sie, „Ich habe ihr dann versucht zu erklären, dass ich ein Attest habe. So richtig hat das aber nicht funktioniert.“ Wenn Busse zu voll sind, wartet die Schwenningerin mittlerweile auf den nächsten.
Ausprobiert habe sie schon alle Arten von Mund-Nasen-Bedeckungen. „Von der OP-Maske, wie sie Chirurgen tragen, über FFP2-Masken bis zum Schlauchschal, ich bekomme nicht richtig Luft“, sagt die 27-Jährige. Masken, spezielle für Asthmatiker, gebe es ihres Wissens nicht. Das Thema hatte sie auch mit ihrem Hausarzt, der das Attest ausstellte, besprochen.
Obwohl sie eine Mundschutzbefreiung hat und vorzeigen kann, musste sie ein großes Schwenninger Bekleidungsgeschäft verlassen. Sie erzählt: „Ich war mit meinem Mann unterwegs, wir hatten beide neue Klamotten gebraucht. Im oberen Bereich, der Männerabteilung, wurde ich von einem Mitarbeiter auf meinen fehlenden Mundschutz angesprochen. Ich zeigte ihm mein Attest, das interessierte ihn aber nicht. Ich musste trotzdem gehen.“ Zwar gebe es auch positive Erfahrungen, die negativen überwiegen aber: „Ich werde angestarrt wie ein Alien“, sagt die Schwenningerin.
Kein Job wegen Attest
Gerne wäre sie in der Lage, eine Maske tragen zu können. „Ich bin im Moment auf der Suche nach einem neuen Job. Weil ich aber keinen Mundschutz tragen kann, habe ich schon Absagen erhalten.“ Mittlerweile würde sie jeden Job annehmen. Nur in der Pflege, wo sie herkommt, möchte sie nicht mehr arbeiten.