Die Bedeckung von Mund und Nase hilft, die Ansteckungsgefahr mit Covid-19 zu minimieren. Da sind sich die allermeisten Mediziner einig. Manche Menschen können aus medizinischen Gründen aber keinen Mundschutz tragen. Der SÜDKURIER hat bei Ärzten aus Villingen-Schwenningen und beim Schwarzwald-Baar-Klinikum nachgefragt, wie häufig ein Attest zur Befreiung ausgestellt wird und was die Gründe dafür sind.

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Keine fünf Atteste zur Mundschutzbefreiung hat Gereon Dennebaum ausgestellt. Gemeinsam mit Armin Strobel und Christiane Wage-Maisenbacher betreibt er eine Praxis am Riettor in Villingen. Dennebaum war auch in der kürzlich geschlossenen Fieberambulanz in Schwenningen tätig. Er sagt: „Ich versuche, nur wenige Befreiungen auszustellen.“ Der Grund ist klar: „Die meisten Anfragen kommen von Menschen mit Asthma. Aber gerade Menschen mit einer Lungenkrankheit sollten sich schützen“, so Dennebaum. Wenn jeder eine Befreiung hätte, würde das System nicht mehr funktionieren.

Gereon Dennebaum, Arzt aus Villingen, stellt nur selten Atteste zur Befreiung der Mundschutzpflicht aus. Er versucht Menschen mit einer ...
Gereon Dennebaum, Arzt aus Villingen, stellt nur selten Atteste zur Befreiung der Mundschutzpflicht aus. Er versucht Menschen mit einer Vorerkrankung stattdessen Wege aufzuzeigen, wie sich diese dennoch schützen können. | Bild: Gereon Dennebaum

Lungenkranken rät der Mediziner, statt einer selbstgenähten Maske, durch die viele schwer Luft bekommen, eine OP-Maske zu tragen, wie sie auch etwa Chirurgen nutzen. Bei der sei der Atemwiderstand geringer. „Viele Patienten kommen dann von ihrem Wunsch einer Mundschutzbefreiung ab und merken, dass das Atmen mit einer OP-Maske funktioniert“, so Dennebaum. In einem Fall, in dem er ein Attest zur Befreiung ausgestellt hat, konnte ein Patient den Mundschutz aus psychischen Gründen nicht tragen.

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Laut Sandra Adams, Pressesprecherin Klinikums, ist es sehr selten, dass Menschen aus medizinischen Gründen keine Mund-Nasen-Bedeckung tragen müssen. Auf Anfrage antwortet sie: „Die Notwendigkeit, jemanden von der Maskenpflicht zu befreien, dürfte es aus unserer Sicht nur extrem selten geben – das wäre tatsächlich ein Ausnahmefall.“

Sie erklärt: „Der Patient müsste so schwer Luft bekommen, dass der Atemwiderstand der Maske für ihn nicht zu überwinden ist. Das wiederum bedeutet aber, dass der gesundheitliche Zustand des Patienten einen Aufenthalt in der Öffentlichkeit sowieso kaum zulassen würde.“

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Generell sind Distanzhalten und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes aus Sicht des Klinikums sinnvolle und notwendige Maßnahmen. Es zeige sich deutlich, dass Länder mit einer strengen Auslegung der Maskenpflicht, wie etwa Japan oder Südkorea, die niedrigsten Infektionsraten verzeichnen. „Hingegen grassiert das Virus sehr stark in denjenigen Ländern, die einen eher lockeren Umgang mit der Maskenpflicht pflegen – dort ist ein massives Ausbruchsgeschehen zu beobachten“, so Adams weiter.

Attest auch mit Sauerstoffflasche

Zwischen sechs und acht Mal wurde ein Attest zur Befreiung der Mundschutzpflicht in der Hausarztpraxis Dorothea Heinrich in der Villinger Bleichestraße ausgestellt, wie eine Mitarbeiterin auf SÜDKURIER-Anfrage erzählt. „Der häufigste Grund für ein solches Attest ist eine Asthma-Erkrankung“, sagt sie weiter. Es gab auch eine Patientin, die immer eine Sauerstoffflasche dabei hat. Selbst die brauche ein Attest.

Dieses Attest empfiehlt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg Ärzten zur Ausstellung einer Maskenbefreiung aus ...
Dieses Attest empfiehlt die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg Ärzten zur Ausstellung einer Maskenbefreiung aus gesundheitlichen Gründen. | Bild: Praxis

Auf dem Attest selbst stehe aber nur, dass das Tragen der Maske „aus medizinischen Gründen“ nicht möglich sei. Außerdem wird der Name und das Geburtsdatum vermerkt. „Der konkrete Grund wird nicht angegeben. Das gehe auch niemanden etwas an“, so die Mitarbeiterin. Das Attest ist zeitlich unbegrenzt. „Man kann es auch mit dem Handy abfotografieren und das Bild vom Attest vorzeigen. Dann muss man es nicht immer dabei haben“, so die Praxis-Mitarbeiterin weiter.

Andreas Erlinghagen ist Hals-Nasen-Ohren-Arzt aus Villingen, seine Praxis befindet sich in der Niederen Straße. „Wir haben bislang nur zwei Atteste zur Befreiung der Maskenpflicht ausgestellt“, sagt er auf SÜDKURIER-Anfrage.

Andreas Erlinghagen ist Hals-Nasen-Ohren-Arzt aus Villingen. Nur zweimal hat er bislang ein Attest zur Befreiung der Maskenpflicht ...
Andreas Erlinghagen ist Hals-Nasen-Ohren-Arzt aus Villingen. Nur zweimal hat er bislang ein Attest zur Befreiung der Maskenpflicht ausgestellt. Anfragen haben es fünfmal so viele gegeben. | Bild: Praxis

Eine Patientin hatte eine Nasen-OP vor sich, weil sie durch die kaum Luft bekommen hatte. Sie arbeitet im Gastronomiebereich, muss die Maske während der Arbeit immer tragen und bekomme da nur schwer Luft. „Diese Frau trägt den Mundschutz zwar meistens. Wenn sie ihn aber doch mal absetzen muss, hat sie ein Attest in der Hand, falls die Mund-Nasen-Bedeckungspflicht überprüft wird“, sagt Erlinghagen. Beim zweiten Patienten, der ein Attest bekam, handelte es sich um einen Kehlkopftumor-Patienten, der mit Maske so gut wie keine Luft mehr bekommt. Dieser Mann sei aber ohnehin kaum unter Menschen.

Sonst aber geht Erlinghagen nur sehr restriktiv mit Attesten zur Mundschutzbefreiung um. Anfragen für eine solche habe er etwa zehn erhalten. Er versuche den Menschen, die mit dieser Anfrage an ihn herantreten, eine Befreiung auszureden.