Matt, müde, leichtes Husten: Bei Kindern verläuft eine Corona-Infektion oft zunächst sehr mild. Nach drei bis sechs Wochen, wenn die Corona-Erkrankung schon überwunden scheint, machen sich bei einigen plötzlich schwere Spätfolgen bemerkbar. Was ist in einer solchen Situation zu beachten? Wir sprechen mit dem Leiter der Villingen-Schwenninger Kinderklinik, Matthias Henschen, darüber.

„Die Corona-Infektionen haben unter Kindern stark zugenommen“, betont Henschen. Das hat vielerlei Ursachen. Mit der Omikron-Variante stecken sich Menschen grundsätzlich schneller an, Kinder seien am wenigsten geimpft und sie kommen in Schule und Kindergarten zusammen. Gefühlsmäßig habe beinahe jeder Corona. In eher seltenen Fällen kann es bei Kindern zu einem schweren Entzündungssyndrom kommen, das Pims genannt wird.

Bei allen überschießenden Immunreaktionen arbeitet der Körper gegen sich selbst, im Fall der Asthmatiker zum Beispiel gegen die Lungen. Der Organismus tue etwas, was er eigentlich nicht machen sollte und was auch noch nicht endgültig enträtselt ist, erklärt Henschen, so auch bei Pims. Dabei kann es zu lang anhaltendem Fieber, Bauchschmerzen, Durchfällen, Bindehautentzündungen, Hautausschlägen kommen. Auch das Herz ist möglicherweise betroffen. Dann schlagen bei den Kindermedizinern die Alarmglocken, wenn das Herz leide und der Herzklappendurchfluss nicht mehr richtig gewährleistet sei.

Zwei mussten verlegt werden

In vier Monaten wurden in der Kinderklinik fast zehn Kleinkinder, zuletzt ein kleines Mädchen, auch intensivmedizinisch wegen Pims behandelt. Zwei mussten wegen der schweren Spätfolgen nach Tübingen und Freiburg verlegt werden, beiden gehe es aber inzwischen wieder gut, berichtet Henschen. Therapiert werde Pims mit Medikamenten und Cortison-Dosen.

Matthias Henschen, Leiter der Kinderklinik.
Matthias Henschen, Leiter der Kinderklinik. | Bild: Schwarzwald-Baar Klinikum

Eltern sollten vor allem reagieren, wenn es bei der eigenen Familie in den vergangenen Woche einen oder mehrere Fälle von Corona gab, rät Henschen, wenn das Fieber beim Kind nicht weggehe, wenn Entzündungen, Hautausschläge oder Probleme im Magen-Darmbereich hinzukämen. Dann sei ein Gang zum Kinderarzt notwendig.

„Der Organismus tut etwas, was er eigentlich nicht machen sollte und was auch noch nicht endgültig enträtselt ist.“
Matthias Henschen zu Pims und anderen überschießenden Immunreaktionen

Warum Kinder an Pims erkranken, sei letztendlich noch nicht geklärt. Auch wenn Pims-Fälle möglicherweise in nächster Zeit noch zunehmen, können die Ärzte, wenn die Erkrankung rechtzeitig erkannt wird, in der Regel auch gut dagegen vorgehen. Beinahe mehr Sorgen bereitet Henschen daher der wegen der Omikron-Welle enorm hohe Krankenstand unter seinen Mitarbeitern. Viele seien nicht im Dienst. „Daher schlafe ich oft sehr schlecht“, bekennt er, weil er tatsächlich nicht wüsste, ob am nächsten Morgen bei Dienstantritt noch ausreichend Kräfte zur Verfügung stehen.

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Derzeit gelinge dies, weil „wir ein eingeschworenes Team sind, wir stehen zusammen“, freut sich der Leiter der Kinderklinik. Oft übernehmen Aufgaben, für die früher eine Pflegekraft ausreichte, nun ein Arzt, wenn die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter krankheitsbedingt fehle. Henschen erklärt es so: „Wir stützen uns gegenseitig.“ Denn die Aufgaben sind vielfältig und fordernd – nicht nur wegen Pims.