Ihre Tochter war lange drogenabhängig, erzählt Luzia Jäckle. Der Besuch einer Elternselbsthilfegruppe in Balingen habe ihr damals geholfen. Also beschloss die Mutter, eine entsprechende Gruppe für die drei Landkreise Schwarzwald-Baar, Tuttlingen und Rottweil zu gründen.
„Ich habe gesehen, wie groß der Bedarf ist und wie gut es tut, festzustellen, dass es anderen Menschen genauso geht“, sagt Jäckle. Schon früher gab es eine solche Gruppe in Schwenningen, Luzia Jäckle ließ sie kurzerhand wieder aufleben.
Nehmen die Betroffenen das Angebot an?
In einem Raum der Fachstelle Sucht trafen sich die Eltern suchtgefährdeter und suchtkranker Töchter und Söhne. Das war vor einem Jahr. Und der Raum war gleich beim ersten Mal voll. Die Gruppe nutzte die Möglichkeit, ins evangelische Gemeindehaus Paulus auszuweichen. Und der Bedarf ist nicht geringer geworden.
14 bis 16 Eltern und Angehörige kommen zu den 14-tägigen Treffen, immer wieder andere, in diesem Jahr waren es schon über 50 Leute.
Hier können sie sich austauschen, Hilfe im Umgang mit den suchtkranken Kindern finden, auch spezielle Angebote für Geschwisterkinder gibt es. „Sie leiden ja mit“, weiß Luzia Jäckle.
Es braucht jede Menge Überwindung
Und dann ist da die große Scham, überhaupt Hilfe in Anspruch zu nehmen. „Viele haben unseren Flyer wochenlang da liegen, man denkt ja immer, es wird wieder besser. Aber das wird es nicht.“
Also nehmen viele den Flyer dann doch wieder in die Hand und gehen den Schritt in die Gruppe. Dort bekommen sie Mitgefühl, können ihren Frust rauslassen und Hilfe finden.
Das Themenspektrum in der Gruppe ist breit. Es geht nicht nur um Alkohol und Drogen, auch Spielsucht ist ein wichtiges Thema bei den Abenden.
Kürzlich war das Thema der evolutionär bedingte, unterschiedliche Umgang von Müttern und Vätern mit suchtkranken Kindern. Väter könnten leichter loslassen, Mütter gingen bis zur Selbstaufgabe, hieß es da. „Wenn man das versteht, können beide auf einen Nenner kommen und eine gemeinsame Strategie entwickeln“, sagt Jäckle.
Die Eltern müssen sich auch selbst schützen
Aber auch die Selbstfürsorge ist ein wichtiger Aspekt bei den Gruppenabenden, die Frage, was Eltern und Angehörige tun können, damit es ihnen trotz der schwierigen Situation besser geht. Und natürlich der Austausch, das Erzählen, wie es einem ergangen ist, um dann zu erfahren, dass das anderen genauso passiert.
Der Beginn der Suchterkrankung ist schleichend und wird von den Eltern meist in unterschiedlicher Zeitabfolge anerkannt oder noch lange verdrängt. „Das Kind erzählt uns ja nicht, wie viel es nimmt und wie weit die Sucht fortgeschritten ist.“
Erst wenn Fakten wie Schulabbruch, Krankenhausaufenthalte, Schulden oder Gewalt nicht mehr ausgewichen werden kann, kommt die Erkenntnis der Krankheit und die Ohnmacht.

Es ist schwer, mit Süchtigen zu kommunizieren, weiß Luzia Jäckle, daher gibt es auch dafür Tipps in der Runde. Ein Vater erzählte mal, wie er zusammen mit seinem Sohn ein Bild in die Hand genommen und gemeinsam geschüttelt hat – auch eine Art der Kommunikation.
Was die Initiatorin gelernt hat
Luzia Jäckle selbst bildet sich regelmäßig fort, nimmt an landes- und bundesweiten Seminaren teil, die von Psychologen und Therapeuten geleitet werden. Dabei und in den Elternkreis-Abenden hat sie vieles gelernt. Zum Beispiel, dass der Süchtige selbst aufhören wollen muss. Eine erzwungene Suchttherapie bringe überhaupt nichts.
Für die Eltern sei es immer unglaublich schwer. „Viele machen sich Vorwürfe, aber wir machen ihnen klar, dass sie nichts falsch gemacht haben. So lange es Drogen gibt, nehmen unsere Kinder Drogen.“